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Schockstarre

Schockstarre

Titel: Schockstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Schmöe
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bringen mich auf eine Idee.« Er lenkte den Golf in eine Parkbucht, aber er hätte sich auch mitten auf den Platz stellen können, sie waren das einzige Auto weit und breit. »Wie lange ist offen?«
    »Um vier schließen die Kunstsammlungen.«
    Katinka stieg nur widerwillig aus. Die nasse Kälte kroch durch ihren Mantel und den Pullover, legte eine Eisschicht auf die Haut. Unruhig kämpfte sie sich hinter Hardo den überfrorenen Zufahrtsweg zum Burgtor hinauf. Der Nebel, aus dem sie gekommen waren, waberte auf die Veste zu. Sie sah sich um. Hotel und Parkplatz hatte die weißgraue, nasse Masse schon verschluckt. Katinka meinte, jenseits der Nebelwand die Schweinwerfer eines Autos zu sehen. Neben ihnen knackte etwas zwischen den Bäumen. Es klang, als sei ein in Watte gepackter Specht am Werk. Katinka zog scharf die Luft ein.
    »Keine Angst«, sagte Hardo und grinste ironisch. »Ich bin doch bei Ihnen.«
    Katinka warf ihm einen Blick zu, der sein Grinsen verstärkte, ihn jedoch schweigen ließ. Rechts von ihnen ragte die Bastei Bunter Löwe ins Dunkel wie der Bug eines Ozeanriesen. Nebelschwaden krochen die mächtigen Mauern hinauf.
    »Sehen Sie die Wachtürme?«, fragte Katinka und deutete in die Düsternis.
    »Ein ziemlich ungemütlicher Arbeitsplatz.«
    »Stimmt«, nickte Katinka. Ihr Atem ging hastig. Das Wetter verschluckte alle Lichter und alle Geräusche. Hätte jemand ihr erzählt, der Festungsberg habe sich von der Erde gelöst und treibe nun herrenlos durchs All, sie hätte wenig Fantasie aufbringen müssen, um es zu glauben. Sie geriet ins Rutschen.
    »Obacht!« Hardo packte sie gerade noch am Arm. »Es wird wirklich elend glatt.«
    Er schlitterte selbst ein Stück. Sie fingen sich und stakten vorsichtig über die ehemalige Zugbrücke.
    »Hier gibt’s ja sogar eine Burgschänke«, sagte Hardo und zeigte nach rechts. Das Häuschen verbarg sich schicklich hinter Nebelfetzen.
    »Leider geschlossen«, murmelte Katinka. Vor ihnen riss die Burg ihr Maul auf.
    Katinka zögerte, sah Hardo vorangehen und blickte kurz zurück. Da gab es nichts mehr, jenseits des Vortores hatte der Nebel die Welt verschlungen. Sie fror, zog den Schal enger um sich. Ihre Hände zitterten. Ihr Gedächtnis hatte den gestrigen Abend genauestens abgespeichert, und die dazugehörigen Gefühle trommelten nun auf sie nieder wie Hagel. Der Schmerz im Kopf, die vorbeidriftenden, bunten Vierecke, die Panik, eingesperrt zu werden. Katinka horchte kurz auf die Welt dort draußen, dann drehte sie sich um. Hardo war weit voraus. Katinka trat in den Gang und sah über sich die Zähne des Gittertores.
    »Hardo?«
    Ihre Stimme hallte von den dicken Mauern, brach sich in dem gewundenen Gang.
    »Ich bin hier, kommen Sie!«
    Sie lief schneller, sah ihn am Ende des Ganges in den Burghof treten.
    »Himmel!«, sagte er, als Katinka aufgeschlossen hatte, den Blick auf die prachtvolle Fassade des Fürstenbaus gerichtet. »Was für eine Herrlichkeit.«
    Dankbar sah Katinka sich um. Das matte Licht im Burghof verschwamm im Nebel, aber es tröstete sie, wärmte sie fast für einen Moment.
    »Der Fürstenbau geht auf den alten Palas zurück«, hörte Katinka sich sagen. »Aber die Fachwerkfassade ist neueren Datums und erst bei Restaurierungsarbeiten …«
    Sie brach ab und sah sich um. Ein Geräusch taumelte durch den Nebel.
    Hardo hatte nichts bemerkt. Er lächelte und sagte:
    »Ja ja, Palfy, die Geschichte ist doch Ihre alte Liebe, und die rostet bekanntlich nicht.«
    Sie konnte nichts gehört haben. Sie waren allein. Niemand war hier.
    »Wissen Sie, dass Luther, als er auf der Veste war, an der Übersetzung der Propheten Hesekiel und Jeremias gearbeitet hat?«, fragte Katinka schnell.
    »Nein. Aber, sagen Sie, die Kapelle dort an der Ecke …«
    »Das ist die Lutherkapelle«, bestätigte Katinka. Sie sollte sich von der Stadt Coburg Provision für Werbetätigkeit und Fremdenführung auszahlen lassen. »Gegenüber von uns befindet sich das Gästehaus, und dort oben rechts wäre der Bulgarenturm zu sehen, wenn der Nebel ihn nicht aufgefressen hätte.«
    Sie schauderte. Der Nebel arbeitete sich zu ihnen vor, als seien sie seine Beute, genau sie beide, Hauptkommissar Uttenreuther und Privatdetektivin Palfy.
    »Kalt?«
    »Nicht mehr als sonst.« Katinka biss fest die Zähne zusammen.
    »Sie haben recht. Man sollte sich das im Sommer ansehen.« Er wies auf die Treppe vor ihnen.
    »Wo geht’s hier hin?«
    »Ich glaube, zur Hohen Bastei . Ich wollte gestern schon

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