Schön tot: Ein Wien-Krimi (German Edition)
begleiteten seinen Gesang mit Zungenschnalzen und Fingerschnippen. Einer holte sogar seine Mundharmonika hervor und entlockte ihr sehnsüchtige Töne. Die Musik, die Zigeuner zu ihrer eigenen Unterhaltung machen, hat mit der Musik, die sie zum Gelderwerb spielen, nicht viel gemeinsam.
Plötzlich stimmte eine wundervolle Frauenstimme „Djelem“ an. Ein Mezzosopran mit einem intensiven, fast rauchigen Timbre, das mich an Zarah Leander erinnerte. Sie sang die Nationalhymne aller Roma so feurig und voll brennender Leidenschaft, dass alle anderen fast ehrfürchtig lauschten.
Toto, der die ganze Zeit nicht von meiner Seite gewichen war, flüsterte mir ins Ohr: „Lass uns abhauen. Ich halte dieses schwülstige Zeug nicht aus.“
Ich wusste, dass Toto ein ausgezeichneter Musiker war. Er spielte Gitarre, begeisterte sich für Jazz. Träumte davon, Mitglied bei einer der bekannten Lowara-Jazzgruppen zu werden.
Toto und ich hatten schon als Kinder zusammen am Ufer der Donau gespielt. Toto war sein Spitzname. Alle Zigeunerkinder erhielten Spitznamen, die nur den Zigeunern bekannt waren und vor der übrigen Bevölkerung und vor den Behörden geheim gehalten wurden. Mein Spitzname war Tschirikli, was Vogel hieß und wahrscheinlich mit meinem Nachnamen Kafka, der ja in leicht veränderter Schreibweise Dohle bedeutete, zusammenhing. Totos richtiger Name war Tony.
Plötzlich musste ich grinsen. Endlich war mit klar, warum mir dieser Tony Meyers so gut gefiel, obwohl er ja offensichtlich ein kleines Arschloch war. Er hieß nicht nur so wie meine erste große Liebe, sondern sah Toto auch ein bisschen ähnlich. Tony hatte die gleichen hellbraunen Augen, deren Farbe sich je nach Licht änderte, und die gleichen dichten schwarzen Haare. Auch sein Körper war Totos sehr ähnlich. Beide waren schlank, aber muskulös, hatten kräftige Oberkörper und durchtrainierte Beine.
Die Luft damals am frühen Abend am Donaustrand war erfüllt von sanften Tönen. Toto und ich gingen spazieren. Wir hielten uns an den Händen. Ich war gehemmt, schaute ihn nicht an. Mein Körper war unschlüssig und träge. Einerseits war ich wild entschlossen, in diesem Sommer meine Unschuld loszuwerden, andererseits hatte ich große Angst vor diesem bedeutsamen Ereignis. Alle meine Wiener Freundinnen schwärmten vom Vögeln. Nur ich hatte bisher keine sexuellen Erfahrungen gemacht. Ich kam mir wie eine alte Jungfer vor.
Wir setzten uns ins feuchte Gras unter einer großen Weide, deren Zweige bis in den Fluss ragten. Toto begann mit meinen Fingern zu spielen wie ein Kind. Als er meine Handflächen berührte, spürte ich, wie sich mein Körper anspannte.
Ich sah ihm nach wie vor nicht ins Gesicht, als ich sagte, und es klang eher nach einer Frage: „Du wirst mir nicht weh tun.“
„Ich liebe dich“, sagte er.
Verlegen begann ich zu lachen. Toto lachte nicht. Er drehte eine Zigarette für uns.
Ich starrte demonstrativ auf den großen Fluss. War total angespannt, rutschte sogar ein Stück von ihm weg, damit sich unsere Körper nicht berührten. Unberechenbare Resonanzen strömten durch meinen Kopf.
Plötzlich begann ich wild um mich zu schlagen. Tausende Gelsen hatten es auf mein süßes Blut abgesehen. Toto reichte mir seine Zigarette. Das Nikotin beruhigte mich. Der Rauch vertrieb die Biester.
Wir sprachen nicht miteinander. Irgendwann nahm er mein Kinn in seine Hand. Zwang mich, ihn anzusehen, sah mir lange in die Augen.
Lyrische Klänge begleiteten unseren ersten wirklichen Kuss. Er küsste mich sehr zärtlich. Berührte meine Lippen ganz sanft mit seinen und ließ seine Zunge langsam in meinen Mund gleiten. Liebevoll streichelte er meine Wangen, meinen Hals, meinen Nacken. Als seine Hände meine Brüste umfingen, meinen Bauch berührten und zwischen meine Schenkel glitten, spürte ich, wie ein Schauer über meinen Rücken lief.
Ich ließ mich von ihm ausziehen, erwiderte aber seine Zärtlichkeiten nicht. Erst als er nackt neben mir lag, strich ich mit meinen Fingerspitzen über seine Brust und berührte mit meinen Lippen seinen Hals. Seine behaarte Brust erregte mich. Aber ich wusste nicht, was ich mit seiner Erektion anfangen sollte.
Er nahm meine Hand, führte sie zu seinem Schwanz. Ich war verwirrt. Fasste ihn ganz zögerlich an, ließ meine Hand mehr oder weniger mechanisch auf und ab gleiten.
Er umfing meine Brustwarzen mit seinen Lippen, liebkoste sie mit seiner Zunge. Meine Erregung, die inzwischen jede Faser meines Körpers erfasst hatte,
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