Schön und ungezähmt
richtigen Worte rang.
»Er ist … nun … promiskuitiv wäre der einzige Begriff, um ihn zu beschreiben.«
»Er war so, wenn man den Gerüchten Glauben schenken kann«, gab Rebecca zu. Sie verspürte einen eifersüchtigen Stich. »Aber andererseits trifft das auf viele vermeintliche Gentlemen des ton zu, Mutter. Ich bin nicht so naiv. Wenn ich einen Mann unseres Stands heirate, gehe ich das Risiko ein, dass er sich früher oder später eine Mätresse hält oder eine Affäre hat.« Sie dachte an Briannas Entschlossenheit in dieser Sache und an Lady Rothburgs Buch. »Ich glaube, jede Frau muss diese Bedenken haben, wenn sie einen Mann wählt, egal, wie respektabel er vielleicht scheint. Aus irgendeinem Grund glaube ich, Robert würde das genaue Gegenteil sein, falls er sich für eine Frau entscheidet und beschließt zu heiraten. Etwas an ihm lässt mich glauben, dass er treu sein würde.«
»Du kennst ihn kaum genug, um dir ein Urteil zu bilden.« Die Stimme ihrer Mutter zitterte.
»Nicht? Ich liebe ihn seit über einem Jahr. Wenn du glaubst, ich habe ihn nicht beobachtet, auch wenn es nur aus der Ferne war, nicht jedes nur mögliche Detail aus Brianna herausgepresst, nicht die Klatschkolumnen gelesen und einfach allem gelauscht, was man sich erzählte, sobald sein Name fiel, dann hast du dich geirrt, Mutter.«
»Rebecca!«
»Es ist die Wahrheit«, sagte sie schlicht.
Es war eine enorme Erleichterung, es laut auszusprechen. Es war anstrengend gewesen, die Wahrheit zu verbergen, und es hatte einige Erklärungen erforderlich gemacht, wenn sie die Heiratsanträge abgelehnt hatte. Auch das war nicht immer einfach gewesen. Endlich alles offen auszusprechen war das Beste.
Erneut legte sich Stille über sie. Dieses Mal war das Schweigen nicht angespannt, sondern eher nachdenklich.
Ihre Mutter betrachtete sie, als hätte sie ihre Tochter noch nie bewusst angesehen. Die empörte Miene wich, während die Kaminuhr in beständigem Rhythmus tickte. Schließlich sagte sie: »Ich glaube, du meinst es ernst.«
Rebecca unterdrückte ein Lachen, weil in den Worten ihrer Mutter eine entsetzte Erkenntnis mitschwang. »Ja, ich meine es ernst.«
»Ich habe mich das bereits ein- oder zweimal in Rolthven Manor gefragt, um die Wahrheit zu sagen. Als ihr zwei an jenem Abend gemeinsam gespielt habt …«
»Ja?«, hakte sie nach. Sie war neugierig, was ihre Mutter bemerkt hatte.
»Man kann nicht eine Vorliebe für einen Mann entwickeln, nur weil er so schön Cello spielt«, war die knappe Erwiderung. »Du jedenfalls wärst für dieses Talent besonders empfänglich.«
»Ich wusste das nicht über ihn«, erinnerte Rebecca sie. »Und ich habe dir gerade erzählt, dass ich ihn seit über einem Jahr liebe.«
»Das hast du.« Ihre Mutter massierte ihre Schläfen. »Ich versuche noch immer, die Bedeutung dieser …«
»Katastrophe?«, half Rebecca ihr ironisch.
»Ich wollte das nicht so sagen, aber ja, ich vermute, das passt. Du glaubst also wirklich, du liebst diesen leichtsinnigen, attraktiven jungen Mann?«
»Wie oft muss ich es noch sagen?«
»Dein Vater hat etwas gegen ihn.«
»Ich weiß.« Rebecca blickte kurz auf ihre gefalteten Hände. »Aber mir wurde gesagt, dass ich nichts über die genauen Hintergründe erfahre. Robert allerdings behauptet, er sei unschuldig, wie auch immer die Anschuldigungen lauten. Aber er hat
mir nicht erzählt, was genau der Grund für diese Auseinandersetzung ist.«
»Es ist wohl nicht für unsere Ohren bestimmt. Männer haben diese ärgerliche Angewohnheit, uns von ihren persönlichen Streitigkeiten auszuschließen.«
Rebecca hatte kein Mitgefühl erwartet, darum ließ diese Bemerkung sie überrascht blinzeln.
»Er ist nicht der Marquess of Highton«, murmelte ihre Mutter nachdenklich.
»Nein, ist er nicht. Aber wenn Robert mir wie der Marquess einen Antrag gemacht hätte, hätte ich ihn geheiratet.«
»Würdest du das jetzt auch tun? Ich nehme an, das ist vielversprechend. Und obwohl er kein Marquess ist, so ist er doch der jüngere Bruder eines Duke. Eine in jeder Hinsicht ausgezeichnete Verbindung.«
Jetzt war es an Rebecca, benommen zu schweigen.
Ihre Mutter richtete sich auf. »Was hast du gedacht? Dass ich deine Gefühle ignorieren würde? Ich liebe dich. Du bist meine Tochter und mein einziges Kind. Ich will dich gut verheiratet wissen, aber aus Liebe zu heiraten, ist etwas Besonderes. Wenn ich Lord Robert nicht heute hier erlebt hätte, würde ich mir vermutlich mehr Sorgen
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