Schoen wie Kaesekuchen
Hoffentlich hat Wanda sie nicht auch angerufen. Nicht, dass ich sie als Konkurrentin für den Job als Leiterin ansehen würde, der ist mir schon viel zu sicher, aber sie muss trotzdem nicht als Erste mitbekommen, dass ich eventuell Mist gebaut habe.
»Morgen«, schnaufe ich und werfe Coco ein gespielt fröhliches Lächeln zu.
»Ist das Monique? Das wird auch Zeit«, höre ich die zornige Stimme meiner Chefin aus dem hinteren Teil des Showrooms. Das kann ja lustig werden.
»Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«, erkundigt sich Coco und mustert mich dabei einmal von Kopf bis Fuß. Um ihren Mund spielt ein überhebliches Lächeln. Mir ist nie aufgefallen, wie gehässig sie gucken kann, da fühlt man sich richtig minderwertig.
»Haha, sehr lustig. Ich komme gerade vom Joggen.«
»Als würde das helfen«, raunt Coco der neben ihr stehenden Wanda so laut zu, dass auch ich es höre.
»He, sag mal, spinnst du? Was ist denn heute Morgen los? Irritiert schaue ich zu Wanda, die mich genauso herablassend mustert wie Coco.
Fast bin ich erleichtert, als ich die energischen Schritte von Frau Majowski heraneilen höre. Vielleicht kann sie mir erklären, warum hier alle verrückt spielen.
»Monique? Ich hoffe, Sie haben eine plausible Erklärung für dieses Chaos?« Abrupt bleibt sie stehen und guckt mich misstrauisch an. »Wanda, ich dachte Monique sei endlich da. Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen sie anrufen! Bin ich denn nur von Unfähigen umgeben?« Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, dreht sie sich um und marschiert zurück an ihren Arbeitsplatz.
»Frau Majowski, warten Sie, ich helfe Ihnen! Wir kriegen das schon hin! Auch ohne Monique. Und du, schaff diese Person hier heraus!«, fordert sie Wanda auf. Diensteifrig, wie ich sie noch nie gesehen habe, flitzt Coco unsere Chefin hinterher.
Ich glaube, ich bin im falschen Film. Was ist denn hier bloß los?
»Kannst du mir vielleicht mal sagen, was hier vor sich geht?«, erkundige ich mich bei Wanda.
»Bleiben wir doch lieber beim Sie«, fertigt mich die Praktikantin frech ab. »Das hier ist ein Showroom, kein Geschäft. Wir verkaufen nichts an Endkunden. Verstehen Sie? Und außerdem sind wir im hochpreisigen Segment angesiedelt. Wenn Sie jetzt bitte gehen würden. C&A ist zwei Straßen weiter.« Sie schenkt mir ein spöttisches Lächeln, während sie mir bereits die Tür öffnet.
»Das ist ein Scherz, oder? Ist hier irgendwo eine versteckte Kamera?«
»Machen Sie bitte keine Szene, sonst muss ich die Security rufen«, ermahnt mich Wanda. »Schauen Sie sich doch einmal um. Meinen Sie, Sie könnten sich auch nur eines dieser Stücke leisten? Also gehen Sie jetzt.«
Mit einem Selbstbewusstsein, das mir an ihr bisher nie aufgefallen ist, drängt sie mich in Richtung Tür. Was ist denn hier bloß los? Völlig überfordert von der Situation, gebe ich nach und weiche einige Schritte zurück, als mein Blick zufällig auf den großen Standspiegel fällt, der neben der Eingangstür steht.
Huh, was war denn das? Für einen Moment habe ich mir doch tatsächlich eingebildet, eine fremde Frau darin zu sehen. Aber es ist ja auch kein Wunder, dass meine Nerven blank liegen. Erst dieser Unfall, dann dieser irre Traum vom Himmel und jetzt auch noch das eigenartige Verhalten meiner Kolleginnen. Ich wende mich noch einmal dem Spiegel zu und blicke in ein mir völlig fremdes Gesicht.
Das gibt es doch gar nicht! Entgeistert starre ich das Spiegelbild an. Das Gesicht, das mich daraus anschaut, scheint mittleren Alters zu sein, hat aber bereits deutliche Falten um Augen und Mund herum und die steil abfallenden Augenbrauen verleihen dem Gesicht einen verkniffenen Ausdruck. Die viel zu spitze Nase und die Wangen sind mit Sommersprossen übersät und bringen die vorhandenen Hautunreinheiten besonders zur Geltung. Das beige-braune Haar ist zwar leicht gewellt, fällt aufgrund des mangelnden Haarschnitts aber herunter wie die Blätter einer stark vertrockneten Trauerweide. Den einzigen Kontrast in diesem Gemisch aus Farblosigkeit bilden die Augen. Das strahlende Grün und der goldene Rand um die Iris erinnern fast ein wenig an eine Katze. Das sind eindeutig meine Augen!
Vorsichtig trete ich näher an den Spiegel heran, ohne auf Wanda zu achten, die ängstlich zurückgewichen ist. »Ich warne Sie, wenn Sie nicht sofort gehen ...«, unternimmt sie einen weiteren Versuch mich einzuschüchtern.
»Wenn du nicht augenblicklich ruhig bist, verrate ich allen hier, dass deine
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