Schoen wie Kaesekuchen
habe, ist Rache. »Ach«, murmele ich und beschäftige mich in Gedanken damit, was ich Coco und Etienne alles antun könnte.
»Dann lass und mal aufbrechen.«
Gemeinsam verlassen Bernd und ich Connies Wohnung und laufen die Straße zur Bahn Station entlang, als uns zwei kleine Jungs entgegenkommen. Mit großen Augen starren sie uns an und kaum sind wir an ihnen vorbei höre ich einen sagen: »Man hast du den hässlichen Zwerg gesehen? Ein Video von dem wäre bestimmt der Renner auf Youtube.«
Empört drehe ich mich um, um den beiden Rotzlöffeln mal gehörig die Meinung zu sagen, aber Bernd hält mich zurück. »Lass nur, das bin ich von meinem vielen Bodeneinsätzen schon gewöhnt. Woher sollen die auch wissen, dass ich ein Rossignolino bin und kein Zwerg? Ach und Zwerge sind übrigens sehr anmutig. Keine Ahnung, wie ihr Menschen auf den Trichter gekommen seid, Zwerge wären hässliche, kleine und goldgierige Schmutzfinken.«
Trotz Bernds abgeklärter Reaktion sehe ich, dass die Worte ihn gekränkt haben und zu gerne würde ich den beiden Fieslingen einen kräftigen Tritt in den Allerwertesten verpassen.
»Dumme Jungs!«, schimpfe ich. »Sag mal, geht dir das oft so, wenn du auf der Erde im Einsatz bist?«,
»Hin und wieder kommt das schon vor. Trotzdem ist es heute schon viel besser als früher. Ich weiß noch, wie ich 1476 bei meinem allerersten Bodeneinsatz um ein Haar auf dem Scheiterhaufen gelandet wäre. Diese dummen Leute dachten echt ich wäre ein Dämon, der Schuld an ihrem Elend sei. Stell dir das mal vor: Ich ein Dämon! So ein Unsinn. Die waren schon mit Fackeln und Mistgabeln hinter mir her, als Petrus mich in letzter Sekunde da raus geholt hat. Ich habe vielleicht geschwitzt, kann ich dir sagen. Ein paar freche Worte von zwei Halbwüchsigen können mir also gar nichts anhaben.«
»Oh, das wusste ich ja gar nicht.« Angesichts seiner Erlebnisse betrachte ich Bernd mit ganz anderen Augen. »Das Mittelalter war bestimmt keine angenehme Zeit für Menschen, die irgendwie anders waren, kann ich mir vorstellen. Hat sich der Einsatz wenigstens gelohnt?«
»Das kannst du laut sagen. Nicht umsonst nennt ihr es hier unten die dunkle Zeit. Gelohnt hat sich mein heldenhafter Einsatz von damals leider nicht«, gibt Bernd zerknirscht zurück. »Weißt du, es ist immer traurig, wenn man jemanden an die andere Seite verliert. Obwohl es mir bei dem schon klar war, nachdem ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte.«
Hoffentlich hatte der etwas mehr angestellt, als nur unfreundlich zu seinen Mitmenschen zu sein. Ich stelle es mir nämlich überhaupt nicht schön vor, auf die andere Seite abzudriften. Ich muss mir unbedingt noch mehr Mühe geben, die da oben von mir zu überzeugen, wenn ich mit Coco fertig bin. So beiläufig wie möglich versuche ich Genaueres über die verlorene Seele des 15. Jahrhunderts in Erfahrung zu bringen: »Hm, das ist bestimmt nicht schön. Sag mal, was hatte diese Person denn so Schlimmes getan, dass nicht einmal du sie bekehren konntest? Eine Kuh gestohlen?« Ich bin mir sicher, dass Kühle stehlen im Mittelalter ein besonders schlimmes Vergehen war.
»Äh nicht ganz«, gibt Bernd etwas verwirrt zurück. »Aber mach dir keine Sorgen. Bis du auf dem Level von Vlad III angekommen bist, musst du noch einiges anstellen. Das war ein echter Härtefall. Alle unsere Resozialisierungsmaßnahmen sind gescheitert. Nicht einmal der lange Auslandsaufenthalt in seiner Jugend hat geholfen.« Frustriert schüttelt Bernd den Kopf, während ich darüber nachgrübele, wo ich den Namen Vlad III schon einmal gehört hab.
»Vlad, Vlad, Vladimir? Kommt mir irgendwie bekannt vor.«
Bernd bedenkt mich mit einem oberlehrerhaften Blick und schlägt sich in Anbetracht meiner offenkundigen Unwissenheit demonstrativ mit der Hand vor den Kopf. »Hast du eigentlich auch irgendwann die Schule besucht oder warst du nur mit deinem Make-up beschäftigt? Vielleicht ist dir Vlad III unter seinem Spitznamen geläufiger: Schon einmal von Graf Dracula gehört?«
Angesichts dieser Offenbarung ignoriere ich die Beleidigung und starre den kleinen Rossignolino mit offenem Mund an. »Wie? Den gab es wirklich? Ich dachte das wäre nur so eine dumme Geschichte, um Kinder zu erschrecken.«
Dass mir bei der bloßen Erwähnung des Namens ein Schauer den Rücken herunter kriecht, verschweige ich an dieser Stelle lieber.
Für einen Moment sonnt sich Bernd in meiner offenkundigen Verblüffung, ehe er zu einer Erklärung ansetzt:
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