Schoen wie Kaesekuchen
wohnt.
Kapitel 13
E ine gute Stunde später sind wir im wunderschönen Marzahn-Hellersorf angekommen und ich bestaune die herrlichen Plattenbauten.
»Ähm, hier wohnst du also?«, erkundige ich mich. Für mich sieht das hier nach sozialem Brennpunkt aus und ich halte es für keine gute Idee, dass die kleine Luisa hier aufwächst.
»Ja, leider«, erwidert Connie zerknirscht. »Wenn ich könnte, würde ich auch lieber heute als morgen von hier verschwinden, aber das ist bei meinem fürstlichen Gehalt einfach nicht drin. Aber es nicht so schlimm, wie es auf den ersten Blick aussieht.«
Man gewöhnt sich an alles. Ich umklammere die Handtasche, in der ich meinen einzigen Besitz aufbewahre, noch etwas fester. Misstrauisch schaue ich zu den Jugendlichen, die auf dem nahegelegenen Spielplatz herumlungern und sich mit Bierflaschen zuprosten. Hoffentlich hat Connie eine ausreichend gesicherte Wohnungstür.
»Siehst du, da vorne ist schon die Nr. 21, da wohne ich.« Connie deutet nach vorne auf einen weiteren, riesigen Wohnblock und für einen Moment überlege ich, ob die U-Bahn Station nicht doch komfortabler gewesen wäre.
»Das sieht ja ganz äh ... nett aus«, bringe ich meine Begeisterung über den kalten, grauen Betonklotz zum Ausdruck.
»Warte erst einmal ab,« steigert Connie meine Vorfreude ins schier Unermessliche. »Das Beste kommt noch.«
Ich helfe Connie den Kinderwagen die Stufen zur Eingangstür herauf zu tragen und betrete hinter ihr zum ersten Mal in meinem Leben einen echten Plattenbau.
Der Vorraum des Hochhauses ist mit einem in typischen 70er Jahre Farben gemusterten PVC Boden ausgelegt, der zwar abgenutzt, aber überraschend sauber ist. In einem gefliesten Hochbeet erstrahlt ein Arrangement quietschebunter Plastikblumen. Vervollständigt wird die imaginäre Zeitreise durch verblichene Sepia-Fotografien berühmter Künstler. Roy Black reiht sich nahtlos zwischen Robert Redford und einer mir unbekannten Dame im getupften Sommerkleid ein. Connie macht eine ausholende Geste und grinst mich an. »Na, habe ich zu viel versprochen? Wenn das nicht echt Retro ist.«
Lachend stimme ich ihr zu und gemeinsam fahren wir in dem kleinen Aufzug hoch in den elften Stock.
»Sag Hallo zu unserem Zuhause«, heißt mich Connie willkommen und schließt die doppeltgesicherte Wohnungstür auf.
Neugierig betrete ich Connies kleine 2-Zimmer Wohnung und schaue mich um. Das sieht doch eigentlich ganz gemütlich aus. Die zusammengewürfelte Einrichtung erinnert mich an eine Studentenbude, aber alles ist sauber und überall hängen und stehen Fotos von der kleinen Luisa.
»Ich würde dir ja sagen, stell deine Tasche ab, aber du hast ja gar keine dabei«, witzelt Connie. »Mach es dir gemütlich, ich bringe die Kleine ins Bett und suche dir frische Bettwäsche heraus. Du kannst ja schon mal in den Kühlschrank schauen und dir überlegen, was wir aus dem Bisschen, was noch da ist, zaubern können. Ich habe nämlich den ganzen Tag nur das Stück Kuchen gegessen und habe wahnsinnigen Hunger.«
Es täte Connie zwar eigentlich ganz gut, ihre Kalorienzufuhr etwas einzuschränken, aber das behalte ich lieber für mich. Nicht, dass sie mich wieder vor die Tür setzt.
Ich betrete die kleine Küche, die vor zwanzig Jahren bestimmt außerordentlich modern war und mache den Kühlschrank auf. Nach einem opulenten Mal sieht das nicht gerade aus. Außer zwei gammligen Paprikaschoten, einem angefangenen Becher Sahne und einer Packung Streukäse sieht es ziemlich mau aus.
»Hast du etwas gefunden, was wir essen können oder müssen wir uns an Luisas Gläschen bedienen?«, unterbricht Connie meine Kühlschrankinspektion.
»Sieht schlecht aus«. Ich trete einen Schritt zurück, so dass Connie ebenfalls einen Blick auf ihre Vorräte werfen kann.
»Oh«. Missmutig zieht Connie die Stirn kraus. »So ein Mist und heute ist erst der 20. Da wird es für den Rest des Monats wohl nur noch Dosenfraß für mich geben.« Mit einem resignierten Seufzer lehnt sie sich an den Küchentisch der bedenklich knarzt.
Mitleidig schaue ich Connie an und ärgere mich, dass ich nicht besser auf meine Handtasche aufgepasst habe. Wenn ich meine Kreditkarten noch hätte, könnte ich wenigstens etwas anständiges zu Essen für uns besorgen.
»Naja, es gibt Schlimmeres, oder?« Ohne ihre gute Laune zu verlieren, geht sie an einen der Hängeschränke, macht ihn auf und deutet auf eine große Auswahl an Konservendosen.
»Worauf hast du Lust? Ravioli, Tomatensuppe
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