Schoen wie Kaesekuchen
warst und deinen Schlüssel verloren hast.«
»Du machst es also?«, jubele ich.
»Ja, aber nur für das kleine Engelchen. Nicht für dich«, weist er mich zurecht. »Und falls ich wirklich abstürze, darf ich meine Flügel bestimmt benutzen. Das ist dann ja quasi eine Notsituation.«
»Siehst du, dann kann dir gar nichts passieren. Fang schon mal an zu klettern. Ich schaue, dass niemand kommt, der dich sehen könnte. Sobald du oben bist, komme ich die Treppe hoch und du machst mir die Tür auf.«
Bernd tritt tapfer auf das Wasserrohr zu, zögert dann aber. Kurz entschlossen gebe ich ihm einen Schubs.
»Denk an Loulou. Du bist ein stolzer und tapferer Rossignolino!«
Er stolpert nach vorne und greift beherzt nach der Wasserleitung. Mit einem kräftigen Ruck zieht er sich daran empor. Ich bleibe einen Moment stehen und beobachte fasziniert, wie der kleine Bernd mit erstaunlicher Geschicklichkeit Stück für Stück nach oben klettert. Bei dem Tempo ist er in zwei Minuten auf meinem Balkon. Ich beeile mich, um nach oben zu kommen. Ich biege um die Hausecke und stoße frontal mit Frau Ammerschmidt zusammen, die gerade ihren Müll runterbringt.
»Könne Se nisch uffbasse, Se Trambel! Se seh‘n doch, dass isch schwer zu draschn hab. Un‘ übahaubt, was ham‘ Se denn hier bei uns im Garden rumzuschawenzeln?«, stellt sie mich auf ihre gewohnt liebenswürdige Art zur Rede. Mal wieder bin ich für einen Moment von ihrer beeindruckenden Erscheinung geblendet. Heute trägt sie ein für ihre Verhältnisse dezentes, großflächig mit Marienkäfern bedrucktes Sommerkleid mit passendem Haarreifen, der ihr bestimmt ein jugendliches Aussehen verleihen soll. Mich erinnert sie allerdings mehr an die böse Herzkönigin aus Alice im Wunderland.
»Ähm, ich suche den Eingang«, stottere ich. »Ich bin die neue Putzfrau von Frau Pasquier. Im sechsten Stock.«
»So, de Butzfrau sin‘ Se also. Nu‘ das die nisch selbst butze duud, das hab‘sch mer schon g‘dacht. Gönnt‘ sisch ja n‘ Fingernaschl abbreche.«
»Ja, ich muss dann jetzt auch mal reingehen, sonst komme ich an meinem ersten Tag noch zu spät. Auf Wiedersehen.«
»Und nähmen Se s‘ näschste Ma den rischt‘schen Ängang!“
Puh, das ist ja gerade noch einmal gut gegangen. Erleichtert atme ich auf und betrete das Treppenhaus. Oben angekommen öffnet mir Bernd die Tür. Lautstark begrüße ich ihn mit den Worten: »Guten Tag, Frau Pasquier. Ich bin Katharina. Soll ich gleich anfangen, sauber zu machen?«
Ich möchte wetten, dass Frau Ammerschmidt unten an der Tür steht und aufpasst, dass auch alles mit rechten Dingen zugeht. Bernd schaut mich zwar an, als hätte ich einen Sonnenstich, lässt mich aber ohne weitere Fragen eintreten.
»Und hat alles gut geklappt?«, erkundige ich mich.
»Natürlich. Für so einen Ausnahmeathleten wie mich ist das doch ein Klacks«, prahlt Bernd, auch wenn er bedenklich kurzatmig ist.
»Wir können gleich wieder gehen, ich hole nur rasch die Kreditkarte.« Zielstrebig gehe ich in unser Wohnzimmer und greife hinter die Lexika Reihe, die eigentlich nur der Dekoration dient. Na also, da ist sie doch. Schnell stecke ich Etiennes Kreditkarte in die Handtasche und gehe zurück zu Bernd. Für einen Moment überlege ich, ob ich nicht nach verräterischen Spuren von Coco suchen soll, entscheide mich dann aber dagegen. Wenn Etienne jetzt zufällig nach Hause kommt, hätten Bernd und ich ein echtes Problem. Ich unterdrücke meine Neugier und so schnell, wie wir gekommen sind, sind wir auch schon wieder verschwunden. Erst als wir ein paar Straßen weiter sind, atme ich erleichtert auf. Anscheinend hat uns niemand gesehen und auch Frau Ammerschmidt liegt nirgends auf der Lauer.
»So, dann lass uns mal die Piepen holen«, schlägt Bernd in bester Gangstermanier vor.
»Du sagst es, Partner«, gebe ich lachend zurück. »Da vorne ist eine Bank, da können wir gleich mal schauen, wie viel auf dem Konto ist.«
Misstrauisch schaut mich Bernd an. »Wieso das denn? Ich denke es ist dein Konto. Wieso weißt du dann nicht, wie viel Geld da ist?«
»Ähm. Naja, also es ist nicht direkt mein Konto. Aber ich habe die ausdrückliche Erlaubnis, es im Notfall zu benutzen. Und das ist doch ein Notfall«, versuche ich mich aus der Affäre zu ziehen.
»Monique«, stöhnt Bernd und schlägt sich mit der Hand vor den Kopf. »Du weißt schon, dass du mich nicht nur belogen hast, sondern eine gute Tat keine gute Tat bleibt, wenn sie auf einer
Weitere Kostenlose Bücher