Schönbuchrauschen
Krumm, Sie würden also sagen, dass sich die berufliche Situation Ihres Sohnes in den letzten Wochen merklich verbessert hat?«
»Ja – und jetzt das. Ich hatte mich so für ihn gefreut.«
Sie stützte ihren Kopf in die Hände und fing wieder an zu weinen.
»Lebte Ihr Sohn allein?«
»Ja, immer noch. Ein paar Mal hat er schon mit einer zusammenziehen wollen, aber das hat nie geklappt. Und es hätte ihm doch so gutgetan, wenn er was Festes gehabt hätte. Aber das ging immer wieder auseinander, und dann waren sie wieder zusammen. Ich weiß auch nicht warum, ich habe mich nicht getraut, ihn danach zu fragen.«
»War er mit verschiedenen Frauen zusammen?«
»Früher schon. Aber in letzter Zeit war es immer dieselbe. Laura Hensler heißt sie, eine Krankenschwester. Wie er das letzte Mal mit mir über seine Beziehung geredet hat, aber das ist schon mehr als zwei Jahre her, da habe ich zu ihm gesagt, dass er aufpassen muss, dass er nicht zu alt wird, und das Mädchen auch. Die läuft ihm doch sonst weg, wenn sie ewig auf ihn warten muss.«
»Wissen Sie, wo die junge Dame wohnt?«
»Soviel ich weiß, in Böblingen in der Pfarrgasse in einer kleinen Altbauwohnung. Aber das Haus kann ich Ihnen nicht nennen.«
Kupfer bedankte sich, bat sie um den Schlüssel zur Wohnung ihres Sohnes und verabredete sich mit ihr für die Fahrt in die Rechtsmedizin, wo sie ihren Sohn offiziell identifizieren musste.
Dann verabschiedete er sich.
Frieder Egeler saß in der Rettungswache, als Kupfer am nächsten Vormittag dort vorsprach. Er schien auf die Kriminalpolizei geradezu gewartet zu haben.
»Ich bin gerne mit Theo gefahren. Er war ein sehr angenehmer Kollege«, begann er. »Wir waren so gut aufeinander eingespielt, dass wir uns kaum verständigen mussten. Das lief alles wie am Schnürchen. Und Theo war absolut pünktlich. Deswegen haben wir uns ja auch so gewundert, als er morgens nicht aufgetaucht ist.«
»Hatten Sie auch privat zu ihm Kontakt oder waren Sie mit ihm befreundet?«
»Eng befreundet nicht gerade. Ja, wir haben ab und zu miteinander etwas unternommen.«
»Was zum Beispiel?«
»Wir gingen mal zusammen was trinken, auch mit anderen Kollegen zusammen. Im Sommer sind wir auch ab und zu miteinander weggefahren, wenn es gepasst hat. Auf einen Kurzurlaub ins Tannheimer Tal oder ins Kleine Walsertal, zum Bergwandern eben. Das hat uns verbunden.«
»Und Wanderungen im Schönbuch?«
»Eigentlich nicht. Nur vor drei Jahren einmal eine Vatertagstour, weil wir nur den einen Tag frei hatten. Da gingen wir in den Schönbuch. Das hatte er vorgeschlagen. Dort kannte er sich offensichtlich ganz gut aus.«
»Herrn Krumms Mutter erzählte mir, er sei befördert worden und leite nun diese Rettungswache hier.«
Egeler schaute verdutzt drein.
»Da muss ein Irrtum vorliegen. Hier ist niemand befördert worden, und die Leitung hat auch nicht gewechselt. Und wenn, dann wären andere an der Reihe gewesen. Aber das ist jetzt nicht abwertend gemeint.«
»Und da sind Sie ganz sicher?«, vergewisserte sich Kupfer.
»Absolut.«
»Er hat seiner Mutter etwas von einem neuen Auto gesagt. Wissen Sie davon etwas?«
»Nein. Von so etwas hat er nie geredet.«
»Seine Mutter sagte, es gehe ihm seit kurzem finanziell besser. Können Sie sich einen Grund dafür denken?«
Egeler dachte einen Moment nach.
»Ich weiß wirklich nicht, was er damit meinte. Große Gehaltserhöhungen gibt es bei uns nicht. Mir scheint, dass Theo seiner Mutter alles Mögliche erzählt hat. Ich kann nur sagen, dass ihm der Dienst manchmal zu viel war. Nicht wegen der Stunden oder der Anstrengung, sondern weil er für den Job vielleicht doch etwas zu zart besaitet war. Er sagte manchmal, dass es am Vorabend ohne ein paar Wodkas nicht gegangen sei. Er hat an der Unfallstelle zugepackt wie kein Zweiter, da hat er’s einfach weggesteckt, aber innerlich hat’s ihm sicherlich oft gegraust. Er wollte immer wieder einmal weg, aber er wusste nicht, was er machen sollte. Aber vor ein paar Wochen war er ganz hoffnungsvoll, wie ausgewechselt. Da hat er erzählt, er habe geerbt. Wenn dann die ganzen Formalitäten abgewickelt seien und er das Geld wirklich hätte, dann würde er hier vielleicht zusammenpacken und noch eine Ausbildung anfangen.«
»Als was?«
»BWL, Bankkaufmann, etwas in der Richtung. So genau weiß ich es auch nicht.«
»Und wen wollte er beerbt haben?«
»Eine Großtante, glaube ich, die ein paar Häuser hatte.«
»Haben Sie ihm das geglaubt?«
»Na ja,
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