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Schönbuchrauschen

Schönbuchrauschen

Titel: Schönbuchrauschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Weichold
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dem Theo hin?«
    »Wo es ganz schön ist.« Ihre Augen leuchteten. Wieder beugte sie sich zu Kupfer herüber, legte ihre Hand an den Mund und flüsterte: »In die Schweiz.«
    »Ja und wer bezahlt das dann?«
    »In der Schweiz gibt’s Geld. Da braucht man nichts mitnehmen. Aber psst! Das weiß sonst niemand. Psst! Sonst kommen die andern auch.«
    Die Hoffnung auf das schöne Leben in der Schweiz glänzte in ihren Augen.
    »Hat der Theo Geld in der Schweiz?«
    »Der Theo nicht. Aber in der Schweiz gibt’s Geld. Da braucht man nichts mitnehmen«, wiederholte sie.
    »Das weiß ich. Haben Sie denn für den Theo einmal etwas unterschrieben?«
    Sie schaute ihn verständnislos an.
    »Haben Sie für Theo eine Überweisung unterschrieben?«
    »Oh nein, der Theo schreibt mir alles. Der guckt nach mir. Der macht alles. Und morgen gehen wir.«
    »Das wird bestimmt schön«, sagte Kupfer. »Aber ich muss jetzt auch gehen. Den Theo schicke ich morgen vorbei. Noch einen schönen Abend, Frau Krumm, und schlafen Sie gut.«
    »Gute Nacht, Theo. Aber gell, du kommst morgen und holst mich.«
    »Ja ja, ich komme gleich morgen früh.«
    Als Kupfer sich noch einmal nach ihr umdrehte, winkte sie ihm nach und lachte spitzbübisch.

11
    Kupfer kam absichtlich eine halbe Stunde vor den Kollegen der Spurensicherung bei Lipps Wohnung an. Aus Lipps Briefkasten ragte die Tageszeitung heraus. Der Zeitungsausträger hatte sie nicht allzu weit hineinstecken können, denn er war übervoll.
    Kupfer war sich noch unschlüssig, welche Partei er herausklingeln sollte, als ein älterer gepflegter Herr durch das Gartentor kam.
    »Einen schönen guten Morgen! Kann ich Ihnen helfen?«
    Kupfer grüßte zurück und wies sich dem Herrn gegenüber aus, der sich seinerseits als Jakob Haberer vorstellte. Als der Mann von Lipps Tod erfuhr, fiel er aus allen Wolken, klingelte seiner Frau und teilte ihr die Neuigkeit durch die Gegensprechanlage mit.
    »So etwas! Der junge Mann ist tot. Wir dachten schon, dass etwas Besonderes … aber tot? Und Sie kommen wegen Herrn Lipps Wohnung?«
    Kupfer nickte.
    »Das ist aber gut, dass sich endlich jemand um Herrn Lipps Wohnung kümmert! Wissen Sie, wir hatten ja lange keine Ahnung, dass Herrn Lipp etwas zugestoßen war.«
    »Sie wussten also gar nichts?«
    »Nein. Von wem auch? Er hatte wohl keine Angehörigen. Wir haben nie irgendwelche Verwandte bei ihm gesehen. Wir kannten ihn ja kaum, obwohl er seit mindestens zwei Jahren hier gewohnt hat. Wir haben uns nur gewundert, dass er die Zeitung und die Post nicht abbestellt hatte. Das tat er immer, wenn er länger weg war. Und er verreiste ja öfters. Im Frühjahr war er einmal sechs Wochen weg, in den USA. Das war aber das einzige Mal, dass er uns etwas sagte. Sonst merkten wir es immer nur daran, dass sein Auto die ganze Zeit dastand.«
    »Haben Sie die Post an sich genommen?«
    »Wir haben jeden Tag die Zeitung herausgenommen, die Post aber nur, wenn sie zum Briefkasten oben herausschaute. Wir wurden ja nicht darum gebeten und haben auch keinen Schlüssel. Wir haben nur immer wieder gesehen, dass absolut nichts mehr hineinging.«
    »Würden Sie mir bitte die Post geben?«
    Haberer bat seine Frau über die Gegensprechanlage, Herrn Lipps Post herunterzubringen.
    Währenddessen fischte Kupfer die letzten Briefe aus dem Kasten.
    »Guten Morgen!«, sagte Frau Haberer, als sie unter der Haustür erschien. Sie wirkte ernst und verunsichert. »Es ist ziemlich viel zusammengekommen. Da werden Sie länger daran zu lesen haben.«
    Damit überreichte sie Kupfer eine große Einkaufstüte, die reichlich mit Briefen gefüllt war.
    Im weiteren Gespräch erfuhr Kupfer, dass jede der fünf Wohnungen des Hauses einen anderen Besitzer hatte, und zwei davon im Lauf des letzten Jahres auch noch den Besitzer gewechselt hatten. Die verschiedenen Parteien hatten kaum Kontakt miteinander.
    »Wir haben Herrn Lipp eigentlich nur auf den wenigen Eignerversammlungen getroffen. Da war er immer sehr freundlich und unkompliziert.«
    »Können Sie sich an irgendwelche Besucher erinnern? Herren oder Damen?«
    Haberer schüttelte den Kopf, aber seine Frau nickte eifrig.
    »In letzter Zeit nicht. Aber früher, also im ersten Jahr, als Herr Lipp hier wohnte, da kam manchmal eine junge Frau zu ihm, eine recht hübsche.«
    »Können Sie sie noch beschreiben?«
    »Sie hatte kurze braune Haare. Und sie war elegant gekleidet.«
    »Groß, klein, dick, schlank?«
    »Ich würde sagen, schlank und sportlich. Aber an mehr

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