Schöne Scheine
leid, ja? Und Aimsbury geht es genauso! Wirst du mir jetzt sagen, was das alles soll? Du hast vier Golems gefunden, richtig? Hast du sie mitgebracht?«
»Nein, der Tunnel ist eingestürzt, bevor wir weit genug nach unten kommen konnten. Ich habe dir doch gesagt, dass sie eine halbe Meile unter der Erde waren, unter Millionen Tonnen von Sand und Schlick. Wir vermuten, dass es einen natürlichen Eisdamm oben in den Bergen gab, der gebrochen ist, worauf der halbe Kontinent überflutet wurde. In den Geschichten über Ähm heißt es, dass die Stadt durch eine Flut vernichtet wurde. Das würde also passen. Die Golems wurden mit der Schlammlawine fortgespült, die vor irgendwelchen Kalkklippen am Meer zur Ruhe kam.«
»Wie hast du herausgefunden, dass sie da unten sind? Dort ist... nun, dort ist doch eigentlich gar nichts!«
»Auf die übliche Weise. Einer unserer Golems hörte einen singen. Stell dir das mal vor. Er war sechzigtausend Jahre lang unter der Erde ...«
In der unterirdischen Nacht, im Druck der Tiefe, in der zermalmenden Finsternis ... sang ein Golem. Das Lied hatte keine Worte. Es war älter als Worte, es war älter als alle Sprachen. Es war der Ton des Tons, und er war meilenweit zu hören. Er pflanzte sich durch Verwerfungen fort, versetzte Kristalle in dunklen, unergründeten Höhlen in singende Resonanz, folgte Flüssen, die niemals die Sonne sahen ...
... und kam dann aus dem Boden und ging durch die Beine eines Golems, der der Golem-Stiftung angehörte, der einen Wagen voller Kohle über die einzige Straße in dieser Gegend zog. Als er in Ankh-Morpork ankam, erzählte er der Stiftung davon. Das war es, was die Stiftung tat: Golems suchen und finden.
Städte, Königreiche und Länder kamen und gingen, aber die Golems, die von ihren Priestern aus Ton gebrannt und mit heiligem Feuer erfüllt worden waren, existierten immer weiter. Wenn sie all ihre Befehle ausgeführt hatten, wenn es kein Wasser mehr zu holen oder kein Holz mehr zu hacken gab, vielleicht, weil das Land inzwischen am Meeresgrund lag oder die Stadt unpraktischerweise unter zwanzig Metern vulkanischer Asche verschüttet war, taten sie nichts anderes, als auf den nächsten Befehl zu warten. Schließlich waren sie Eigentum. Jeder gehorchte den Anweisungen, die auf der kleinen Schriftrolle in seinem Kopf niedergeschrieben waren. Früher oder später würde jedes Gestein verwittern. Früher oder später würde eine neue Stadt entstehen. Eines Tages würde es neue Befehle geben.
Golems hatten keine Vorstellung, was Freiheit war. Sie wussten, dass sie Artefakte waren; manche hatten sogar noch die Fingerabdrücke ihres einstigen, längst verstorbenen Priesters im Ton. Sie waren dazu geschaffen worden, jemandem zu gehören.
In Ankh-Morpork hatte es schon immer einige von ihnen gegeben. Sie hatten Botengänge übernommen, den Haushalt erledigt, tief unter der Erde Wasser gepumpt, unsichtbar und lautlos, ohne jemandem im Wege zu stehen. Dann hatte jemand eines Tages einen Golem befreit, indem er ihm die Quittung für das Geld, das er für ihn bezahlt hatte, in den Kopf gesteckt hatte. Und dann hatte er ihm gesagt, dass er nun sich selbst gehörte.
Ein Golem konnte nicht auf Befehl, durch einen Krieg oder aus einer Laune heraus befreit werden. Aber er konnte durch neue Besitzrechte befreit werden. Wenn man Besitz gewesen ist, versteht man wirklich, was Freiheit in ihrer ganzen großartigen Schrecklichkeit bedeutet.
Dorfl, der erste befreite Golem, hatte einen Plan. Er arbeitete hart, rund um die Uhr, für die er keine Zeit hatte, und kaufte dann einen anderen Golem. Die beiden Golems arbeiteten hart und kauften einen dritten Golem ... und nun gab es die Golem-Stiftung, die Golems kaufte, Golems unter der Erde oder in den Tiefen des Meeres aufspürte und Golems half, sich selbst zu kaufen.
In der aufstrebenden Stadt waren Golems tatsächlich ihr Gewicht in Gold wert. Sie arbeiteten für geringe Löhne, aber sie verdienten sich ihr Geld vierundzwanzig Stunden pro Tag. Trotzdem waren sie kostengünstig - stärker als Trolle, zuverlässiger als Ochsen und unermüdlicher und intelligenter als beide. Ein Golem konnte jede Maschine in einer Werkstatt an treiben.
Das machte sie nicht gerade beliebt. Es gab immer Gründe, einen Golem nicht zu mögen. Sie tranken nicht, sie aßen nicht, nie spielten, fluchten oder lächelten sie. Sie arbeiteten. Wenn ein Feuer ausbrach, eilten sie scharenweise herbei, um es zu löschen, und dann kehrten sie zu dem
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