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Schöne Scheine

Schöne Scheine

Titel: Schöne Scheine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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ein schrecklicher Anblick. Es ist, als würde ein gestrandeter Wal bei lebendigem Leib von Krabben gefressen werden«, sagte Cosmo und drehte die Hand, damit sich das Licht im dunklen V verfing. »Er kann sich noch so sehr in Qualen winden, aber der Ausgang steht längst fest. Eine schreckliche Sache, wenn sie ordentlich durchgeführt wird.«
    Genauso würde Vetinari denken!, frohlockte seine Seele. Pläne können scheitern. Man kann die Zukunft nicht planen. Nur anmaßende Dummköpfe planen. Der kluge Mann  lenkt  die Geschehnisse.
    »Als Aufsichtsratsmitglied der Bank und natürlich als besorgter Bürger«, sagte er verträumt, »werde ich jetzt einen Leserbrief an die  Times  schreiben.«
    »Ja, Herr, natürlich«, sagte Vorhinein. »Und soll ich einen Juwelier holen lassen? Ich habe gehört, dass sie sehr feine Scheren haben, mit denen man ...«
    »Ohne Schmerz kein Kommerz, Drumknott. Das schärft mein Denkvermögen.« Er zog den Handschuh wieder an.
    »Ah ...«, begann Vorhinein, doch dann gab er es auf. Er hatte sich nach Kräften bemüht, aber Cosmo war nicht von seinem Selbstvernichtungskurs abzubringen, und ein vernünftiger Mann konnte nicht mehr tun, als so viel Geld wie möglich zu verdienen und dann lange genug am Leben zu bleiben, um es auszugeben.
    »Ich habe einen weiteren Glückstreffer gelandet, Herr«, versuchte er es erneut. Er hätte gerne mehr Zeit gehabt, aber es bestand kein Zweifel, dass die Zeit knapp wurde.
    »Wirklich? Was denn?«
    »Dieses Projekt, an dem ich gearbeitet habe ...«
    »Und das hohe Kosten verursacht. Ja?«
    »Ich glaube, ich kann dir Vetinaris Gehstock beschaffen, Herr.«
    »Du meinst, seinen  Schwertstock?«
    »Ja, Herr. Soweit ich weiß, wurde die Klinge noch nie im Zorn gezückt.«
    »Wie ich gehört habe, bewahrt er ihn stets in seiner Nähe auf.«
    »Ich habe nicht behauptet, dass es leicht sein würde, Herr. Oder billig. Aber nach sehr viel Vorarbeit sehe ich nun einen deutlichen, gangbaren Weg«, sagte Vorhinein.
    »Es heißt, der Stahl der Klinge wurde aus dem Eisen im Blut von tausend Männern gewonnen ...«
    »Davon habe ich auch gehört, Herr.«
    »Hast du das Stück  gesehen ?«
    »Für einen sehr kurzen Moment, Herr.«
    Zum ersten Mal in seiner Berufslaufbahn empfand Vorhinein Mitleid für Cosmo. In seiner Stimme lag eine tiefe Sehnsucht. Er wollte Vetinari gar nicht vom Thron stürzen. Es gab viele Leute in der Stadt, die Vetinari gerne gestürzt hätten. Doch Cosmo wollte Vetinari  sein.
    »Wie war es?« Nun klang er geradezu flehend. Das Gift musste schon bis in sein Gehirn vorgedrungen sein, dachte Vorhinein. Aber sein Geist war ohnehin schon recht vergiftet gewesen. Vielleicht wurden sie gute Freunde.
    »Äh ... nun ja, der Griff und die Scheide sind genauso wie dein Gehstock, Herr, aber etwas abgenutzter. Die Klinge dagegen ist grau und sieht aus wie ...«
    »Grau?«
    »Ja, Herr. Sie sieht alt und etwas schartig aus. Und stellenweise, wenn das Licht im richtigen Winkel darauf fällt, sieht man kleine rote und goldene Flecken. Ich muss schon sagen, dass sie recht bedrohlich wirkt.«
    »Die Flecken dürften selbstverständlich Blut sein«, sagte Cosmo nachdenklich, »oder möglicherweise, ja, wahrscheinlich sogar die gefangenen Seelen jener, die für die Herstellung dieser schrecklichen Klinge sterben mussten.«
    »Dieser Gedanke war mir noch gar nicht gekommen, Herr«, sagte Vorhinein, der zwei Nächte mit einer neuen Klinge verbracht hatte. Mit Hilfe von etwas Hämatit, einer Drahtbürste und verschiedenen Chemikalien hatte er daraus eine Waffe gemacht, die aussah, als würde sie einem aus eigenem Antrieb an die Kehle springen.
    »Du könntest sie noch heute Nacht besorgen?«
    »Ich glaube, ja, Herr. Natürlich ist es nicht ungefährlich.«
    »Und alles andere als kostengünstig, kann ich mir vorstellen«, sagte Cosmo mit einem Ausmaß an Erkenntnisvermögen, das Vorhinein ihm in seinem derzeitigen Zustand gar nicht zugetraut hätte.
    »Vor allem die Bestechungsgelder, Herr. Er wird gar nicht glücklich sein, wenn er es herausfindet, und ich wage mir gar nicht vorzustellen, wie viel Zeit es beanspruchen würde, eine exakte Kopie anzufertigen.«
    »Ja. Ich verstehe.«
    Cosmo zog noch einmal den Handschuh aus und betrachtete seine Hand. Nun schien sich der Finger einen Hauch ins Grünliche verfärbt zu haben, und er fragte sich, ob die Legierung des Rings vielleicht Kupfer enthielt. Aber die rosafarbenen, beinahe roten Streifen, die sich seinen Arm

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