Schöne Scheine
lauten Tirade aus Buhrufen von Pucci, die neben ihrem Bruder in der ersten Reihe saß. Feucht wurde zu einem kleinen Podium geführt, das als Anklagebank dienen sollte und von wo er sie alle sehen konnte - die Gildenvorsitzenden, die ranghöheren Zauberer, die bedeutenden Priester und alle anderen, die Rang und Namen hatten - beziehungsweise es von sich selbst dachten. Paul König war auch da und grinste ihn an, und eine Rauchwolke deutete auf die Anwesenheit von Adora Belle hin. Ach, und da war auch die neue Hohepriesterin von Anoia. Ihre Krone aus verbogenen Löffeln war auf Hochglanz poliert, in den Händen hielt sie steif die Amtskelle, und ihr Gesicht war starr vor Nervosität und Wichtigkeit. Du bist mir was schuldig, Mädchen, dachte Feucht, denn noch vor einem Jahr musstest du abends in einer Bar arbeiten, um genug Geld zu verdienen, und Anoia war nur eine von einem halben Dutzend Halbgöttinnen, die sich einen gemeinsamen Altar teilten, der - sprechen wir es aus! - dein Küchentisch mit einem Tuch drüber war. Da wäre ein kleines Wunder wirklich nicht zu viel verlangt, oder?
Kleiderstoff raschelte, und dann saß plötzlich Lord Vetinari auf seinem Platz, mit Drumknott an seiner Seite. Die gemurmelten Gespräche verstummten, als sich der Patrizier im Saal umblickte.
»Danke, dass ihr alle gekommen seid, meine Damen und Herren«, sagte er. »Fangen wir also an. Dies ist kein offizielles Gerichtsverfahren. Es ist eine Untersuchungskommission, die ich einberufen habe, um die Umstände im Zusammenhang mit dem Verschwinden von zehn Tonnen Goldbarren aus der Königlichen Bank von Ankh-Morpork aufzuklären. Der gute Name der Bank wurde in Zweifel gezogen, sodass wir alle Fragen, die offensichtlich damit in Zusammenhang stehen ...«
»Ganz gleich, wohin sie führen?«
»In der Tat, Herr Cosmo Üppig. Ganz gleich, wohin sie führen.«
»Kannst du uns diesen Punkt zusichern?«
»Ich glaube, das habe ich bereits getan, Herr Üppig. Können wir jetzt weitermachen? Ich habe den geschätzten Herrn Schräg von Tagscheu, Schräg und Honigfleck zum Berater der Kommission ernannt. Er wird nach eigenem Gutdünken Fragen stellen. Ich glaube, allen Anwesenden ist bekannt, dass Herr Schräg in den juristischen Kreisen von Ankh-Morpork höchsten Respekt genießt.«
Herr Schräg verbeugte sich vor Vetinari und musterte mit ruhigem Blick den gesamten Raum - nur dort, wo die Üppigs saßen, verweilte er sehr viel länger.
»Zuerst die Frage nach dem Gold«, sagte Vetinari. »Ich möchte euch Drumknott vorstellen, meinen Sekretär und Hauptbuchhalter, der während der Nacht mit mehreren meiner Beamten die Bank aufgesucht und ...«
»Sitze ich deswegen hier auf der Anklagebank?«, sagte Feucht.
Vetinari warf ihm einen kurzen Blick zu und konsultierte dann seine Unterlagen. »Ich habe hier deine Unterschrift auf einer Quittung über etwa zehn Tonnen Gold«, sagte er. »Bezweifelst du die Echtheit dieser Unterschrift?«
»Nein, aber ich hatte es lediglich für eine Formalität gehalten!«
»Du meinst, zehn Tonnen Gold wären nur eine Formalität? Und bist du später in die Kammer eingebrochen oder nicht?«
»Im Prinzip ja. Ich konnte sie nicht mehr aufschließen, weil Herr Beuge drinnen in Ohnmacht gefallen war und den Schlüssel im Schloss stecken gelassen hatte.«
»Ach ja, Herr Beuge, der Hauptkassierer. Ist er hier anwesend?«
Schnell wurde klar, dass kein Beuge im Saal war.
»Wie ich hörte, befand er sich in einer etwas unglücklichen Lage, hat aber keinen ernsthaften Schaden erlitten«, sagte Lord Vetinari. »Kommandeur Mumm, bitte sei so gut und schicke ein paar Männer zu seiner Wohnung, ja? Mir wäre es lieb, wenn er bei dieser Verhandlung anwesend sein könnte.«
Dann wandte er sich wieder an Feucht. »Nein, Herr Lipwig, gegen dich wurde noch nicht Anklage erhoben. Bevor jemand angeklagt werden kann, wäre es hilfreich, einen guten Grund dafür angeben zu können. Das wird im Allgemeinen als anständiger betrachtet. Ich muss allerdings darauf hinweisen, dass du die offizielle Verantwortung für das Gold übernommen hast, von dem wir annehmen müssen, dass es wirklich Gold war und sich zu diesem Zeitpunkt wirklich im Tresor befand. Um ein besseres Verständnis für die Verhältnisse in der Bank zu diesem Zeitpunkt zu gewinnen, habe ich meinen Sekretär gebeten, die Bücher der Bank zu prüfen, was er vergangene Nacht...«
»Wenn ich eigentlich noch gar nicht als Angeklagter vor Gericht stehe, könnte man
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