Schöne Zeit der jungen Liebe
Moral.«
Um 8 Uhr 29 kam May nach unten. Christine begrüßte sie fröhlich. »Schauen Sie, Mrs. Pentecost, es ist alles bereit.«
May betrachtete den gedeckten Tisch. Tassen, Untertassen, Teller, Messer, Butter, Marmelade, die sanft gurgelnde Kaffeemaschine und etwa fünfzig Scheiben Toast.
»Da der Bäcker keine Brötchen und keine Croissants gebracht hat, hab ich reichlich Toast gemacht. Ich glaube, es ist alles da», sagte Christine.
May legte den Arm um die Schulter des Mädchens. »Noch nicht ganz, Christine«, sagte sie lächelnd.
»Habe ich wieder etwas falsch gemacht?« fragte Christine kläglich.
»Nein, nein, das nicht. Aber wenn meine Schwiegervater zum Frühstück nur Toast bekommt, ist er bis zum Mittagessen verhungert. Meint er jedenfalls.«
»Aber es sind keine Brötchen vom Bäcker gekommen, Mrs. Pentecost.«
»Ich spreche auch nicht von Brötchen«, sagte May lächelnd. »Ich spreche von Porridge, Eiern, Speck, Würstchen.«
Christine schwieg. Dann wandte sie sich energisch um und schickte sich an, in die Küche zu marschieren. »Eier, Speck, Würstchen - alles klar. Und wie macht man bitte Porridge, Mrs. Pentecost?«
»Man nimmt etwas Hafermehl, gießt kochendes Wasser darauf und läßt das Ganze fünf Minuten kochen. Hier, das ist das Hafermehl.«
Christine betrachtete es mißtrauisch. »Und das kocht man?«
»Ja.«
»Und dann ißt man es?«
»Ja.«
Christine suchte in Mays Gesicht nach Anzeichen dafür, daß es sich hier wieder einmal um einen englischen Scherz handelte, fand aber keine. »Aha«, sagte sie.
»Es schmeckt wirklich gut«, versicherte May, leicht irritiert.
In diesem Augenblick wurde die Tür aufgerissen, und der alte John Pentecost erschien. Er war wie üblich ins Eßzimmer gegangen und hatte seinen Augen nicht trauen wollen, als er auf dem Frühstückstisch weder Löffel noch Gabeln erblickte. Alles, was er sah, deutete auf eine jener lächerlichen und gehaltlosen Mahlzeiten hin, die man als »Kontinentales Frühstück« bezeichnete. Zum Henker, das ging zu weit. Diese Deutsche war ja ein nettes kleines Ding, und es war angenehm, sie im Haus zu haben, aber falls sie sich einbildete, daß sie hier in seinem Haus seine und seiner Väter Eßgewohnheiten revolutionieren konnte, dann nahm sie besser das nächste Schiff nach Deutschland. »May!« rief er laut. »Wo ist mein Porridge?«
»Bloß keine Panik, Schwiegervater«, erwiderte May kühl. »Miß Haldt macht ihn dir gerade.«
»Oh. Guten Morgen, Miß Haldt.«
Christine strahlte ihn an und machte einen Knicks.
Ein guterzogenes Mädchen! dachte John Pentecost. Außerdem hatte sie sich umgezogen. Sie trug jetzt ein bayerisches Dirndlkleid mit weitem Rock und einer bunten Schürze. Reizend! Wirklich angenehm, sie im Haus zu haben. Er lächelte freundlich, was nicht sehr häufig vorkam, und sagte: »Ich dachte schon, Sie wollten mir heute morgen nur Toast zum Frühstück vorsetzen, kleines Fräulein .«
»Das wollte ich auch«, gestand Christine, während sie im Topf rührte. »Aber Mrs. Pentecost hat mir gesagt, daß Sie zuerst dieses Haferzeug essen.« Sie spähte angewidert in den Topf. »Hat es jetzt lange genug gekocht, Mrs. Pentecost?«
»Ja, das genügt, Kind. - Nimm nur schon Platz, Schwiegervater, Christine bringt dir gleich dein Porridge.«
Er ging ins Eßzimmer und setzte sich an seinen
Stammplatz am Kopfende des Tisches. Da erschien auch schon Christine mit einem Tablett, auf dem die Schüssel mit seinem Porridge stand. Sie stellte sie vor ihn hin, nahm den Löffel, polierte ihn flink mit ihrer Schürze und legte ihn neben die Schüssel; dann nahm sie seine Serviette, breitete sie aus und legte sie ihm über die Knie. »Guten Appetit, Opa!»sagte sie freundlich und machte wieder einen Knicks.
John Pentecost war entzückt. Charme, Höflichkeit, Rücksicht auf ältere Menschen - wie selten fand man so etwas bei der heutigen Jugend! Und obendrein sah sie ordentlich und appetitlich aus! Reizend! Obwohl sie keine Engländerin war. Wirklich erstaunlich! Hoffentlich machte May nun keine Schwierigkeiten mehr und ließ sie eine Weile bleiben.
7
Christine sah wirklich reizend aus in ihrem Dirndlkleid! Nach dem Frühstück hatte Gaylord das Gefühl, es sei seine Pflicht, sich ein wenig um sie zu kümmern. Dabei stieß er auf zwei schwerwiegende Hindernisse - ein deutsches Gewissen und seine Mutter.
»Soll ich dir mal den Hof zeigen, Christine?« fragte er das Mädchen, während er seine
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