Schoener Schlaf
hat sich wohl gekratzt.«
Die Biologin versprach einen schriftlichen Bericht und verabschiedete sich.
»Und was jetzt?«, fragte Dirk Weingarten. »Welche Häuser oder Orte kommen infrage?«
»Kranachs Werkstatt, die Kulissen der Freilichtbühne und das Haus des Neffen«, entgegnete Kant.
»Und wie willst du dem Richter das verklickern?«, fragte Akif Neumann. »Der unterschreibt dir im Leben keinen Durchsuchungsbeschluss.«
»Ich weiÃ. Wir müssen mehr Anhaltspunkte finden.«
Den Sonntag verbrachte Kant damit, sich von der Ausschweifung des Samstagabends zu erholen. Der Wodka hatte ihn einmal mehr überwältigt. Er saà in seinem GroÃvatersessel, schaute in die Glotze, ohne den Dingen zu folgen, die dort gezeigt wurden, und wartete darauf, dass sein Herz wieder regelmäÃig schlug.
In der Nacht zum Montag schlief der Kommissar nicht durch, sondern schreckte hoch. Das war ungewöhnlich, denn die drei bis vier Flaschen Bier, mit denen er wie üblich auch den Vorabend abgeschlossen hatte, machten ihn stets müde und verliehen ihm normalerweise tiefe Ruhe bis zum Morgen. Die Uhr zeigte vier und es war noch dunkel.
Das war dieser seltsame Traum, dachte er und versuchte, sich zu erinnern. Er hatte von Sommerbergs Bekannter geträumt, dieser Dunkelhaarigen, die mit ihm zusammen den Wagen entladen hatte. Anna Stern.
Anna und er hatten die Spitze eines Berges erklommen und posierten zwischen den Wolken wie es das junge, ungleiche Liebespaar in dem Film Titanic getan hatte: mit ausgebreiteten Armen und debil-verzücktem Gesichtsausdruck.
Ein solcher Traum war ein sicheres Zeichen dafür, dass ihm eine Frau fehlte mit allem, was dazugehörte.
Er brühte sich einen Kaffee und setzte sich auf den Balkon. Die sanfte Nachtluft beruhigte ihn. Der Wäscheständer lehnte an der Wand â ein vor sich hin rostendes Relikt aus seiner Ehe mit Helga. Auch das vertrocknete Kraut in den Balkonkästen war eine Hinterlassenschaft Helgas. Seine Ex hätte es längst rausgerissen und durch neues Gemüse ersetzt. Ihre ganze Liebe hatte den Blumen gegolten, insbesondere knallroten Geranien, die er weder schön fand noch riechen konnte.
Auch die Heilkräuter, streng nach den Vorschriften der Mystikerin Hildegard von Bingen in einen anderen Blumenkasten gepflanzt, hatte Helga gehegt, gepflegt, geerntet und in das Essen gemischt. Leider hatte sich die hildegardsche Art der Essenszubereitung nicht erotisierend auf Helga selbst ausgewirkt, was jedoch nicht unbedingt gegen die Rezepte sprechen musste. Ein Liebeskraut hatte sie wohl nicht benutzt, denn je mehr sie sich der heiligen Hildegard zuwandte, desto spröder wurde Helga gegenüber Kants erotischen Annäherungen.
Dann war ihm Sabine über den Weg gelaufen. Sie war Kassiererin in einem Supermarkt, verheiratet, hatte ein Kind und knabberte wie er am täglichen Ehefrust. Also trösteten sie sich gegenseitig.
Sabine war blond und bleich wie Helga, hatte eine spitz zulaufende Nase und lispelte ein wenig. Natürlich vereinbarten beide, dass die jeweiligen Ehen nicht zur Debatte standen.
Helga war es, die den Schlussstrich zog und die gemeinsame Wohnung verlieÃ. Dafür machte es sich nun Sabine bei Kant gemütlich. Duschgel und Intimspray, Mundwasser, Schminke und Gleitgel wurden im Bad platziert, neben die Balkonkästen stellte sie Töpfe mit Ablegern von Mutterpflanzen, die sie zu Hause auch stehen hatte, und der Sex wurde durch hirnrissige Fernsehsendungen ersetzt.
Bald wollte sie ihm Versprechungen abtrotzen: ein gemeinsames Wellness-Wochenende in einem supertoll süÃen, kleinen Romantikhotel keine hundert Kilometer entfernt oder eine total angesagte After-Work-Party mit Brunch und Tanz im Tagungsheim der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten.
Spätestens da wusste er, dass er die Beziehung beenden musste.
Kapitel 13
Der Montagmorgen begann mit einer Ãberraschung. Kant wurde ein Bericht ins Büro gereicht: Matt Turner war bei einem Unfall ums Leben gekommen! Er war noch am Ort des Geschehens verstorben â auf der LandstraÃe zwischen Rheinberg und Berghof.
Kant überprüfte den Bericht auf Ungereimtheiten, doch es schien alles sauber zu sein. Der Anwalt hatte Alkohol getrunken und in der Kurve ein gefährliches Ãberholmanöver gestartet.
Der Fahrer des Traktors hatte versucht, Turner zu retten: zu spät.
Turner hatte in sein Navi ein
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