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Schönes Chaos: Mein wundersames Leben (German Edition)

Schönes Chaos: Mein wundersames Leben (German Edition)

Titel: Schönes Chaos: Mein wundersames Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benoît B. Mandelbrot
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wurde auf den neuesten Stand gebracht, ich bekam eine neue Uniform, eine riesige zurückdatierte Gehaltsaufbesserung und eine Fahrkarte vom Camp de la Folie zum Camp de Château Bougon bei Nantes, wo ich mich beim Hauptmann im Hauptquartier der Basis melden sollte.
    Ich stellte mich vor, und der zuständige Capitaine fragte mich nach meinen Papieren. Der Hauptmann war nur etwas über 1,50 m groß und hasste alle Leute über 1,80 m, vor allem wenn sie im Rang unter ihm standen. »Dieser Brief kündigt lediglich an, dass Sie ernannt werden sollen . Aber diese Papiere kann allein der französische Präsident unterzeichnen.«
    »Es tut mir leid, aber beim Büro in Nanterre war man der Meinung, der Brief des Präsidenten sei nicht erforderlich. Wie Sie sehen, hat man meine Militärakte bereits auf diesen Stand gebracht.«
    »Das läuft aus dem Ruder, kommen Sie morgen wieder.«
    »Zu Befehl, Capitaine.«
    Am nächsten Tag schlug der Hauptmann einen Kompromiss vor. Meine Akte durch eine Degradierung auf den neuesten Stand zu bringen, nur um mich ein paar Tage oder Wochen später erneut zu befördern, wäre nur schwer zu erklären. Also erhielt ich den Befehl, mich nirgends blicken zu lassen und auf den Brief des Präsidenten zu warten. Daran hielt ich mich und schloss mich Léon an. Schnell wurde ich zum Fachmann in Sachen Muscadet, eines rund um das Château Bougon angebauten Weins – trocken und aus dem Fass gefährlich billig.
    Bald traf der Erlass des Präsidenten ein, und man schickte mich ins Ausbildungslager. Diese Ausbildung bestätigte mein gutes Auge und meine sichere Hand, was mir 1943 bei meiner Lehre als Werkzeugmacher geholfen hatte. Ich wurde ein hervorragender Scharfschütze, eine Fertigkeit, die ich im weiteren Verlauf erfreulicherweise nicht mehr unter Beweis stellen musste.

Camp de Cazaux und ein Nachhilfe-Arrangement
    Am Tag nach meiner Ankunft in Cazaux erhielt ich den Befehl, mich in einem Raum des Lagerhauptquartiers zu melden. Der Offizier dort fragte mich: »Wissen Sie, wer ich bin?« – »Ja. Während des Kriegs waren Sie ein berühmter Kampfpilot.« – »Das ist richtig. Haben Sie auch die beiden Piloten gesehen, die jeden Mittag Kunstflugmanöver fliegen?« – »Ja, die sind mir aufgefallen.« – »Was halten Sie von solchen Piloten?« – »Am Caltech hat man mir beigebracht, dass langsame Rollen instabil sind; diese Piloten spinnen.«
    Der Offizier informierte mich, dass er einer der Piloten sei. »Aber Sie können unbesorgt sein – wir wissen, was wir tun. Übrigens, das sind Weltkrieg-I-Flugzeuge, die man 1924 – sechs Jahre zu spät – gebaut hat, als man endlich wusste, wie man sie konstruiert. Die sind aus Holz, Segeltuch und Leim, aber stabil wie Felsen.«
    »Ich bin erfreut, das zu hören, Colonel.«
    »Sie haben in Amerika Flugzeugbau studiert, Sie können mir helfen. Diese Sesselfurzer oben haben mir all diese Orden angehängt, weigern sich aber, mich zum General zu machen, weil ich nicht an der Luftfahrtakademie war und keinen ausreichend hohen Rang habe. Ich muss zum Experten für Überschallflug werden, weiß aber nichts darüber. Wären Sie bereit, meine Aufsätze gegenzulesen und mir absolut ehrlich zu sagen, wenn Sie zweifelhafte oder fehlerhafte Aussagen finden?«
    »Es wäre mir eine Ehre, Colonel.«
    Er übergab mir seine Arbeiten, und kurz darauf meldete ich mich wieder bei ihm. »Wie sind sie? Sagen Sie mir die ganze Wahrheit.«
    »Colonel, es ist ein guter Anfang, aber da ist noch mehr Arbeit erforderlich.«
    Nachdem ich die überarbeiteten Aufsätze gelesen hatte, suchte ich ihn wieder auf. »Wie steht es jetzt?«
    »Um das Ziel zu erreichen, könnten Sie dies und jenes mit einbeziehen.«
    »Wunderbar, Sie sind eine große Hilfe, und ich werde Sie angemessen belohnen. Die Maschinen, die wir fliegen, sind Zweisitzer. Sie werden vorn sitzen. Erst wird Ihnen speiübel werden, dann werden Sie ein Hochgefühl erleben, wie sie es bisher noch nicht empfunden haben. Sie werden sehen.«
    »Zu Befehl, Colonel.«
    Wieder gab es eine Änderung. »Wieso das?«
    »Nun ja, im Moment fallen Sie ein wenig zurück.« Ich blieb weiterhin pingelig, bis man höheren Ortes beschloss, dass meine Grundausbildung abgeschlossen sei und ich ins Luftwaffenhauptquartier in Paris abkommandiert würde. Eine Stunde vor der Abfahrt des Zugs lieferte ich meinem hochrangigen Studenten meinen letzten Auftrag ab. »Colonel, Ihre Arbeit ist jetzt große Klasse. Sobald Sie zum General befördert

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