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Schönheit und Schrecken: Eine Geschichte des Ersten Weltkriegs, erzählt in neunzehn Schicksalen (German Edition)

Schönheit und Schrecken: Eine Geschichte des Ersten Weltkriegs, erzählt in neunzehn Schicksalen (German Edition)

Titel: Schönheit und Schrecken: Eine Geschichte des Ersten Weltkriegs, erzählt in neunzehn Schicksalen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Englund
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Bombardement der österreichischen Artillerie, ja, sogar noch mehr als das heftige Gewitter vom Samstag. Dies ist Artillerie als Wissenschaft, kalkuliert nach Sekunden und Kilos, um maximalen Effekt zu erzielen. Etwas ganz Neues.
    Zuerst hören sie, ungläubig, das Wort «Rückzug».
    Dann ziehen lange Reihen lehmverschmierter Soldaten mit müden Gesichtern vorbei. Schließlich kommt der Befehl: Sofort aufbrechen, Ausrüstung und Verwundete zurücklassen. Die Verwundeten zurücklassen? Ja, die Verwundeten zurücklassen! «Schnell! Schnell! Die Deutschen stehen vor der Stadt!»
    Florence nimmt Kittel und Rucksack und rennt aus dem Gebäude. Die Verwundeten schreien, bitten, beten und fluchen. «Verlasst uns nicht, um Gottes willen!» Jemand hält Florence am Kleidersaum fest. Sie reißt sich los und verschwindet mit den anderen auf der unebenen Straße. Es ist ein warmer und sonniger Frühlingstag, aber das Licht ist seltsam gedämpft. Die Öltanks vor der Stadt haben Feuer gefangen, und in der Luft schwebt ein fetter, schwarzer Rauch.  36

41.
    Mittwoch, 12. Mai 1915
    William Henry Dawkins fällt bei Gallipoli
     
    Man kann sich fragen, was ihn mehr beschäftigte, die Plackerei am Strand oder die Zahnschmerzen. Vermutlich Ersteres. Dawkins war sehr pflichtbewusst und zielstrebig. Seine Zahnarztbesuche zeugen jedoch davon, dass der Zahnschmerz ständig präsent gewesen sein muss, als Ablenkung und als Filter,  37 und er dürfte diese Tage als eine merkwürdige Mischung aus Heldentum im großen Maßstab und kleinen privaten Kümmernissen erlebt haben, in ihrem Zentrum eine Art Vakuum: Wahrscheinlich verlor er ziemlich schnell den Überblick über simple Dinge, etwa, welcher Wochentag es war.
    Seit der Landung vor gut zwei Wochen ist das Wetter angenehm gewesen, wenn auch die Nächte kalt waren. Vor zwei Tagen hat jedoch Nieselregen eingesetzt, der noch immer anhält. Wegen der vielen Menschen und Tiere, die sich zwischen dem Strand und den Schützengräben oben auf den steilen Höhen hin und her bewegen, sind die Pfade ausgetreten und schlammig, und es ist schwierig, im klebrigen und rutschigen Lehm der Schluchten voranzukommen. William Henry Dawkins schläft zusammen mit seinem Unteroffizier in einer abgedeckten Felsspalte an der Steilküste. Der einzige Einrichtungsgegenstand dort ist ein alter Sessel, der vor einigen Tagen an Land trieb und in dem Dawkins manchmal sitzt, wenn er seine Befehle erteilt. Als er an diesem Morgen aufwacht, regnet es kräftig.
    Jeder kann sehen, dass die großartige Operation sich festgefahren hat. Es ist den Alliierten eigentlich nur an zwei Stellen gelungen, richtige Brückenköpfe zu errichten. Der eine befindet sich ganz unten an der südlichen Spitze der Halbinsel – der andere liegt hier, westlich von Gallipoli, bei Gaba Tepe.  38 Dennoch sind Dawkins und die anderen an der falschen Stelle an Land gegangen, gut einen Kilometer nördlich der geplanten Stelle. Was andererseits ein Glück war, denn die osmanische Verteidigung dort war ungewöhnlich schwach. Vermutlich, weil die Verteidiger es aufgrund der Unzugänglichkeit des Terrains für höchst unwahrscheinlich gehalten hatten, dass die Alliierten versuchen würden, dort zu landen.  39 Die Folge war, dass die Angreifer zwar ohne größere Verluste an Land waten, sich aber anschließend nur mit Mühe durch das Labyrinth von tiefen, mit Gebüsch bewachsenen Schluchten und steil zum Ufer abfallenden Höhenzügen bewegen konnten. Als eilig dorthin beorderte türkische Infanterie diesen Abschnitt erreichte und den ersten einer Serie von erbitterten Gegenangriffen einleitete, waren die australischen und neuseeländischen Kompanien bestenfalls zwei Kilometer ins Landesinnere vorgedrungen. Und irgendwo dort war der Angriff ins Stocken geraten, ein ironisches Spiegelbild der unbeweglichen Westfront. Und genau wie in Frankreich und Belgien hatten Angriffe und Gegenangriffe sich abgelöst, bis beide Seiten, erschöpft und verbissen, einsahen, dass der Gegner sich im Moment nicht ins Wanken bringen ließ, worauf man im Trott des Stellungskriegs versank.
    Zu diesem Trott gehört der tägliche Unterhalt, die Versorgung mit Proviant und Wasser. Die Verantwortlichen waren tatsächlich vorbereitet. Dass die Wasserversorgung zu einem Problem werden könnte, zumal es jetzt auf die heißeste Jahreszeit zuging, ja, das hatte man gewusst. Als sie landeten, hatten sie also mit Wasser beladene Schuten von Lemnos mitgeführt, Wasser, das den

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