Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
Vom Netzwerk:
erwiderte er, und seine tiefe Stimme ließ mir einen Schauer den Rücken hinunter laufen. Bis die Kinder schließlich auf ihren Schaukeln untergebracht waren, zwitscherte ich bloß noch. Es schien mir, als seien Monate vergangen, seit Tom mir auch nur nahe gekommen war, und in der Zwischenzeit hatte ich meine Zeit hier in Brüssel zwar sehr nett,aber eben doch ausschließlich in der Gesellschaft von Frauen verbracht, die sich zum Großteil gerade scheiden ließen. Die Geschlechtertrennung schien hier so radikal wie in Saudi-Arabien, obwohl wir uns in einer der zivilisiertesten Städte Europas befanden. Schon viel zu lange hungerte ich nach männlicher Zuwendung und wie allgemein bekannt ist, kommt Hungern für mich einfach nicht in Frage.
    Allerdings gibt es Zuwendung – und zu viel Zuwendung. Zunächst aber fing alles ganz wunderbar an. Fabrice und ich lächelten uns weiterhin schelmisch an und ließen zweideutige Bemerkungen über die anschwellenden Knospen fallen, soweit uns das mit unserer Sprachbarriere eben möglich war. Ich genoss all das ungemein, während mehr als die Hälfte meiner Aufmerksamkeit auf die Kinder gerichtet blieb, die ich auf ihren Schaukeln im Auge behielt. Ab und zu sprang ich auf, um Olli einen kräftigen Schubs zu geben oder Maddies kleine Stupsnase zu putzen, die mit ihr davonlief. Der kleine Flirt mit Fabrice machte mir Spaß. Ja, er verdiente olympisches Gold in dieser Disziplin, doch ich war auch keine Niete – der einzige Sport, den auch ich gerne praktizierte. Harmloser, munterer Spaß mit einem attraktiven Mann im Frühlingssonnenschein. Ich lächelte vergnügt.
    Aber dann ging er zum Angriff über.
    Sie sitzen vermutlich da und denken sich, mein Gott, was hat sie denn erwartet? Und Sie haben vollkommen recht. Ja, ich war dumm. Ja, ich war naiv. Ja, ich hatte mehr Signale ausgesendet als ein Fluglotse. Aber ich kann Ihnen nur ganz ehrlich versichern, dass ich nichtdamit gerechnet hatte, von Fabrice gepackt zu werden, und zwar ziemlich fest. Dann drückte er mir einen unmissverständlichen Kuss auf meine höchst überraschten Lippen. Und all das fand vor meinen Kindern statt. Was zum Teufel dachte sich dieser Kerl eigentlich?
    Nun, natürlich wusste ich ganz genau, woran er dachte. Wie die Supremes, Lulu und Cher schon sangen: »If you wanz to know if he loves you so, it's in his kiss.« Und das tat er eindeutig nicht. Mich lieben, meine ich. Allerdings war er ziemlich scharf auf mich. Das wiederum genügte mir selbstverständlich nicht. Und es war definitiv nicht genug, um dafür alles aufs Spiel zu setzen. Dieser Kuss, köstlich, fest, mit zartem Kaffeearoma und einem Hauch Zuckerguss von seinem Croissant, war so süß und verführerisch wie ein Champagnertrüffel.
    Trotzdem war es mir zu viel – genau wie bei echten Champagnertrüffeln, wo der leckere Geschmack schnell unangenehmer Übersättigung weicht. Ich wollte nicht mehr als einen. Und vor allem wollte ich auf gar, gar keinen Fall, dass meine Kinder dieser Entdeckung beiwohnten.
    Zum Glück gibt es kaum etwas, das ein Kind so sehr vom Anblick seiner Mutter ablenkt, die auf einer Parkbank mit einem Geschäftsmann herumturtelt, wie mit hundert Sachen durch die Luft zu fliegen. Bis Olli das nächste Mal »Mummy, schau mal!« brüllte, hatte ich mich aus Fabrices Umarmung befreit und saß mit glühenden Wangen demonstrativ am anderen Ende der Bank. Ich warf Fabrice einen ärgerlichen Blick zu und machte ihm damit deutlich, dass diese Art von Benehmen einfach nicht akzeptabel war. Wenigstens sah er ziemlich verlegen aus – doch dann grinste er mich wieder aufdiese Weise an, dieser Schlingel. Wenn ich ein Nudelholz zur Hand gehabt hätte, dann hätte ich ihm kräftig eins übergebraten. Doch mir kam der Verdacht, dass er sich vermutlich wie ein Stehaufmännchen jedes Mal wieder aufrappeln würde, egal was ich nach ihm warf. Glücklicherweise suchte sich Oliver genau diesen Moment aus, um von der Schaukel zu fallen, und stieß ein ohrenbetäubendes Geheul aus.
    Ich kam mir ganz furchtbar vor. Das war ja wohl erstklassiges Rabenmutterverhalten: Ich ließ zu, dass sich mein Kind verletzte, während ich mich mit einem attraktiven Fremden auf einer Parkbank balgte. Gleichzeitig war ich meinem kleinen Jungen enorm dankbar, weil er mich aus Schwierigkeiten befreite, die mit seiner Schürfwunde nicht vergleichbar waren. Ich sprang auf und kümmerte mich um Oliver, als bedürfe sein minimal verschrammtes Knie sofortiger

Weitere Kostenlose Bücher