Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
Vom Netzwerk:
Fabrice angestellt hatte, hätte ich vor Reue zerfließen müssen. Doch das war das Eigenartige an einem Kuss. Mit der richtigen Person konnte es ein absolut entrückendes Erlebnis sein. Und mit der falschen zählte es gar nicht richtig. Letzteres war mit Fabrice der Fall – und das war eine ziemliche Erleichterung. So richtig Lust auf einen anderen Mann zu haben hätte mich umgeworfen, gerade weil meine Ehe mit Tom momentan eine eher schwierige Phase durchlief.
    Ich musste an meinen ersten Kuss mit Tom denken. Das war einer jener Momente, in denen mein ganzer Körper sich anfühlte, als würde er dahinschmelzen. Am liebsten hätte ich mich mit Tom zusammen in köstliche, luftige Buttercremefüllung verwandelt. Ich seufzte. Das schien ziemlich lange her zu sein. Doch allein die Erinnerung daran brachte mich dazu, ihn zum ersten Mal seit langem wieder anzulächeln.
    Tomlächelte zurück. Er schien ein bisschen überrascht über den Blickkontakt nach all den kalten Wochen, doch gleichzeitig wirkte er geschmeichelt und erfreut. Er sammelte sogar noch mehr Bonuspunkte, indem er mir ein Lokal für mein Mittagessen mit Pete und Lou vorschlug. Dann jedoch zerstörte er alles wieder, indem er mir mit unerträglicher Hartnäckigkeit ausmalte, was für Ärger ich für mein Schwän en bei Clara bekommen würde.
    »Geschieht dir recht, du Möchtegernbedienung«, sagte er mit einem harten, kalten Lächeln.
    Ich musste mich darauf konzentrieren, Pete und Lou die Restaurant-Infos per SMS zu schicken, um seine gemeinen Sticheleien auszublenden.
    Als ich mir am Ende der Woche ein Herz fasste und Clara mein Lunch-Date beichtete, hätte sie mich, ihrem Gesichts aus druck zu folge, wohl am liebsten in kleine Stücke gehackt und zu ihrer köstlichen Nussnougatfüllung verarbeitet. Welche Ironie, wo sie doch anfangs überhaupt nicht gewollt hatte, dass ich in ihrem Laden anfing. Doch ich wage zu behaupten, dass ich selbst in so kurzer Zeit meinen gewohnt guten Eindruck hinterlassen hatte. Clara musste sich nicht mehr mit ihren verhassten Kunden herumschlagen, und ihr blieb Zeit, sich neue Schokoladenkreationen auszudenken. In der Zwischenzeit verkaufte ich so viele Pralinen, wie sie nur herstellen konnte. Clara fragte mich täglich händeringend, wie sie bis zum nächsten Tag die Regale wie der füllen sollte, aber ich wusste genau, wie sehr sie sich über die plötzliche Beliebtheit ihrer Waren freute. Immer wieder ertappte ich sie bei einem zufriedenen Lächeln, wennsie dachte, ich sähe gerade nicht hin. Schließlich genießen alle Künstler den Applaus ihres Publikums. Außerdem musste sie sowieso jeden Tag frische Pralinen machen, da sie sich nicht lange hielten – handgemachte Pralinen mit Cremefüllung verderben rasch. Deshalb hier noch ein kleiner Tipp am Rande: Vorsicht bei allem, was sich frische Trüffelpraline nennt und ein Haltbarkeitsdatum von länger als einer Woche bis maximal zehn Tagen hat!
    All das ging mir durch den Kopf, als ich am Tag meiner Verabredung mit Lou und Pete in der Tür zu Claras Heiligtum stand. Ob ich bleiben und helfen durfte, hing ganz von ihren völlig unberechenbaren Launen ab. Offiziell hatte ich keinen Zutritt, doch in Wirklichkeit ließ sie mich immer mehr machen, da ich mich wohl bewährt hatte. In einer Ecke stand die große, blanke Temperiermaschine. Zu ihr schlurfte Clara nun hinüber, ohne mich eines Blickes zu würdigen – mein Signal, mich in den Raum zu schleichen, solange wir keine Kundschaft im Laden hatten. Die Maschine hatte inzwischen einige Zeit vor sich hin gebrummt, da ich sie zuvor vorsichtig mit Schokoladenbrocken befüllt hatte. Bei den Brocken – nicht zu groß, aber auch nicht zu klein -handelte es sich um Milchschokolade, also war die Schmelztemperatur auf vierzig Grad eingestellt. Nun drehte Clara den Schalter für den letzten Schritt auf neunundzwanzig Grad runter. Temperieren, hatte ich inzwischen lernen dürfen, nannte man den Prozess, durch den Clara sicherstellte, dass ihre Schokolade glänzte wie ein Rennpferd und beim Hineinbeißen kurz knackenden Widerstand leistete. Schlecht temperierte Schokolade war grau gesprenkelt,glanzlos und krümelte, statt zu brechen. So etwas kam Clara natürlich nicht unter. Ich fand es schon lustig, dass jemand mit einem solch aufbrausenden Temperament eine solch wunderbare Temperiererin sein konnte
    Das Rad drehte sich hypnotisierend im Kreis und schnitt dabei mit einem leisen schmatzenden Geräusch durch die geschmolzene,

Weitere Kostenlose Bücher