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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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Trüffelschalen aus beobachtete, beschloss ich, ein wenig nachzuhaken.
    »Was meinten Sie eigentlich neulich mit Schokolade und meiner Eile?«, fragte ich, während ich den gleichmäßigenBewegungen ihres Löffels in der Cremeschüssel folgte.
    »Hmm. Sie stürzen sich – auf alles. Ich weiß, dass Sie nicht nur meine Schokolade essen.« Bei diesen Worten funkelte sie mich an. Es stimmte, dass mir bei Clara unglücklicherweise schon das eine oder andere Cadbury-Papierchen aus der Tasche gefallen war. Nun, was soll ich sagen? Im Supermarkt gab es ein paar englische Produkte, und manchmal hatte ich einfach Heimweh nach diesem vertrauten, zahnschädlichen Caramac-süßen Cadbury-Geschmack. Sie können sich sicher vorstellen, wie diese Beweise meines Hochverrats aufgenommen wurden. »Na, Sie wollen ja wohl nicht, dass ich verhungere, oder?«, sagte ich fröhlich.
    Clara musterte mich von oben bis unten und verkniff sich einen Kommentar. Ihr Schweigen sagte genug. Dann seufzte sie und fuhr fort: »Darum geht es gar nicht. Vielmehr geht es darum, dass Sie auch da nicht nachdenken. Sie überlegen nicht, ist das gut, ist das schlecht? Sie essen es einfach. Sie müssen sich fragen, ob Sie ein Problem mit Schokolade haben.«
    Nun funkelte ich Clara fast so böse an wie sie mich. Was für eine Frechheit! Eine Schokoladengeschäftsbesitzerin erklärte mir, ich hätte ein Problem mit Schokolade! Das Einzige, womit ich ein Problem hatte, war Clara. Doch bevor ich loslegen konnte, fuhr sie auch schon fort:
    »Was Sie tun müssen, ist Schreiben. Wenn Sie Ihr Leben, Ihre Geschichte, Ihre Wünsche aufschreiben, erkennen Sie die Muster. Ich, ich sehe meine Muster in meiner Schokolade. Das ist meine Art.« Dabei zeigte sie auf ein Regal voller Gussformen für Schokoladenblätter,die nur darauf warteten, mit einem ihrer geheimen Rezepte gefüllt zu werden, einer Haselnussmischung, bei der A-Hörnchen und B-Hörnchen vor Freude einen Breakdance hingelegt hätten.
    »Also, vergessen Sie das Schreiben nicht. Ich habe Sie mit Ihrem Notizbuch gesehen. Sie sind in Eile, immer in Eile. Sie schreiben so schnell, dass niemand es lesen könnte. Lassen Sie sich Zeit. Denken Sie nach. Schauen Sie zurück zum Anfang, zum Augenblick Ihrer ersten Schokoladenerfahrung. Und dann warten Sie ab, wohin Sie das führt und wie klar dadurch alles wird«, verkündete sie mit ihrem bisher bösesten Blick. Das war kein Vorschlag, das war ein Befehl.

17

    Nun wissen Sie es also: Auf diese Weise habe ich dieses Tagebuch angefangen – das Sie in diesem Augenblick gerade lesen. Mir blieb gar nichts anderes übrig, weil Clara mir sonst pausenlos damit in den Ohren gelegen hätte. Und wie Sie ja schon erfahren haben, schreibe ich für mein Leben gerne. Also kritzele ich hier schon eine ganze Weile vor mich hin. Und, wer hätte es gedacht, bisher konnte ich noch keinerlei Muster erkennen. Tolle Therapeutin. Zweifellos haben Sie schon erraten, dass die Therapeutin, die ich ab und zu erwähne, niemand anderes ist als die verrückte Clara. Hoffentlich fühlen Sie sich jetzt nicht hinters Licht geführt. Dachten Sie, es handele sich um einen qualifizierten Profi der Jung'schen Schule, bei dem ich auf der Couch liege und in meinen wohlgepolsterten Innereien nach dem Ursprung meiner Sucht suche? Nein, es ist eine durchgeknallte Belgierin, die meines Erachtens selbst total süchtig nach Schokolade ist. Dass ich überhaupt mitmachte, war vor allem Claras Einschüchterungstaktik zuzuschreiben.
    Zurück zu meiner Geschichte. Zurück zu Pete und Lou. Die kamen mich nämlich endlich besuchen, erinnern Sie sich? Wie schön zu wissen, dass ich bald wieder mitmeinen zwei alten Freunden zusammen sein. würde. Auch wenn ich in Brüssel jede Menge neuer Bekanntschaften geschlossen hatte und mir auch viel mehr Zeit und Muße als in London blieb, meine Freundschaften zu vertiefen, freute ich mich wie einSchneekönig auf die beiden. Ja, wir hatten durchaus netten Besuch gehabt, aber so gern ich Penny und meine Eltern auch mochte, Letztere brauchten inzwischen selbst ziemlich viel Fürsorge, und es war doch nicht dasselbe wie mit meinen Kumpels von früher.
    Ich interpretierte einen von Claras finstersten Blicken als freudige Zustimmung zu meinem Urlaubsansuchen und machte mich mit den Kindern im Taxi auf den Weg zum belebten EU-Distrikt im Zentrum von Brüssel. Das allein war schon ein Abenteuer. Normalerweise verließen wir nämlich unser hübsches Wohnviertel kaum, wo wir uns so

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