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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Castle
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Haus, zog den Kindern rasch Jacke und Schuhe an und steckte sie in unseren Doppelbuggy. Erst als ich die Haustür hinter uns zuschloss und zum ersten Mal seit achtundvierzig Stunden frische Luft schnappte, hörte ich plötzlich ein klickendes Geräusch. Auf einmal wusste ich wieder, warum ich am Vortag im Haus geblieben war – verdammte Presse! Mist! Warum waren sie immer noch da? Und wie dumm von mir zu vergessen, dass sie meine Türschwelle belagerten! Ihr gelangweiltes Gemurmel schwoll plötzlich zu fiebriger Erregung an. Innerhalb von Sekunden telefonierten sie alle mit ihren Redakteuren, und die Kameras klickten wie hohe Absätze im Regen. Jetzt, wo ich definitiv nicht mehr zu ihnen gehörte, fühlte ich michihnen in keiner Weise verbunden, als sie sich um meinen Kinderwagen drängten. Wie war Tom bloß an ihnen vorbeigekommen? Ganz einfach, er war schrecklich höflich gewesen und außerdem nicht halb so interessant. Ich hingegen war interessant, und nachdem ich mich bislang niemandem gegenüber geäußert hatte, standen mir noch alle Möglichkeiten offen.
    »Bella, was halten Sie davon, dass Jane Champion alle Journalisten als ›gottlose Parasiten‹ beschimpft hat?«, fragte ein Mädchen und streckte mir erwartungsvoll ihr Diktaphon entgegen. Ich zuckte vor dem Gerät zurück, weil es mich natürlich sofort an das Schlimmste erinnerte, und kämpfte mit meinem Kinderwagen gegen den Druck der Presseleute an.
    »Möchten Sie die Forderung des Innenministeriums kommentieren, dass Journalisten strengen Tests unterworfen werden sollen, um unfähige Mitglieder der Presse auszusieben?«, rief jemand von hinten.
    »Bella, ist es richtig, dass Sie selbst eine ledige Mutter sind und diese Story deshalb erfunden haben, um Jane Champion in Verruf zu bringen?«
    Ich schnalzte missbilligend mit der Zunge und drängte weiter. Also wirklich, derselbe Käse wie gestern. Und sie hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, mich zu googeln. Sonst hätten sie nämlich massenhaft Artikel gefunden, in denen ich über Toms altmodisch distanzierte Haltung zur Kindererziehung schrieb. »Alleinerziehende Mutter, also wirklich!«, dachte ich verärgert und benutzte den breiten Buggy als Rammbock.
    »Bella, irgendein Kommentar zu der Behauptung, dass Ihr Ehemann eine Affäre mit Jane Champion hatte undIhr Artikel die Rache dafür war?«, wollte eine Frau direkt vor mir wissen. Ihre großen blauen Augen signalisierten tiefes Mitgefühl. Ich blieb stehen und muss bedauerlicherweise gestehen, dass mir die Kinnlade herunter fiel.
    Rache? Tom? Und Jane Champion? Diese Zeitungstante machte wohl Witze. Immerhin hatte sie herausgefunden, dass ich einen Ehemann besaß. Aber der Rest? Jetzt wurde es mir wirklich zu bunt. Das war einfach lächerlich! Ich ließ den Kinderwagen los, und die Reporter umringten mich hastig. Natürlich würde ich mich nicht dazu herablassen, diese sogenannten Storys zu dementieren, aber ich wollte ihnen etwas zum Nachdenken mitgeben.
    »Jetzt passen Sie mal auf, finden Sie wirklich, dass das fair ist? Ich werde keine dieser absurden Storys kommentieren. Ich weiß, dass Sie Ihren Job machen müssen, aber sehen Sie sich nur meine Kleinen an. Die sind ja völlig überfordert«, sagte ich und deutete auf die Kinder. Schwerer Fehler. Olli und Madeleine saßen mit einem glücklichen Lächeln auf ihren süßen Gesichtern nebeneinander im Kinderwagen. Da sie genauso kontaktfreudig waren wie ich, schienen sie entzückt über so viele neue Freunde.
    Ich versuchte es noch einmal. »Also gut. Gestern war ich eine Journalistin wie Sie. Heute bin ich einfach eine Mutter, die einkaufen muss. Können Sie mich bitte durchlassen?«
    Die Journalisten witterten meine Schwäche. Ich hatte mein Schweigen gebrochen. Jetzt war es entscheidend, mich zum Weiterreden zu bewegen.
    »Waswerden Sie einkaufen?«
    »Einen Blumenstrauß für Jane Champion?«, rief ein frecher Kerl von hinten. Ich schnaubte und versuchte, den Kindervagen weiterzuschieben.
    »Kassetten?«, kicherte ein anderer Witzbold. Das war zu viel. Eisig blickte ich in die Menge. »Ich gehe zum Buchladen, wenn es Sie so interessiert. Keine Kassetten. Ich brauche nur ein paar Reiseführer für Brüssel.«
    »Reiseführer? Brüssel? Wieso? Fahren Sie in den Urlaub? Haben Sie es satt, alleinerziehend zu sein? Verlassen Sie Ihren Ehemann? Fliehen Sie aus dem Land? Wann fahren Sie? Warum reisen Sie ab?«
    Die Fragen kamen jetzt Schlag auf Schlag, und ich erkannte zu spät, dass ich

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