Schokoladenzauber - Roman
Interesse an dir gezeigt, dir Weihnachts- und Geburtstagsgeschenke geschickt, was er für uns beide nie getan hat«, stimmte Poppy zu, »und er hat dich jedes Mal besucht, wenn er in der Gegend war.«
Als ich noch klein war, waren die Besuche kurz und verkrampft gewesen. Ich hatte immer wissen wollen, warum ich ihn, wenn er doch mein Vater war, so nicht nennen und auch sonst nicht fragen durfte, was mich beschäftigte, zum Beispiel, warum er nicht bei mir und meiner Mum lebte. Aber später, als ich alt genug war, um das alles zu verstehen, waren wir uns nähergekommen, und unser Verhältnis hatte sich entspannt. Seit Mums Verschwinden hatte ich ihn selten gesehen, aber wir hielten per Telefon und E-Mail Kontakt.
»Aber all das beweist nicht, dass er mein Vater ist, sondern nur, dass Mum ihn davon überzeugt hat«, warf ich ein und sah verzweifelt auf die Briefe. »Ich wünschte, ich hätte sie nicht gelesen und könnte noch glauben, dass Chas wirklich mein Vater ist. Er war zwar blöd genug, sich von meiner Mutter ausnutzen zu lassen, aber wenigstens ist er lieb und nett.«
»Chloe, er könnte sich immer noch als dein Vater erweisen«, beruhigte mich Poppy.
»Ich weiß, und ich wünsche es mir sehr«, sagte ich und nahm einen der Briefe vom Tisch. »In diesem Brief hier, den er Mum geschickt hat, als ich zehn war und er seiner Frau endlich alles gestanden hatte, macht er sehr deutlich, dass er mich auch weiterhin unterstützen wollte – und dass ihm an mir lag .«
»Er ist ein netter Kerl«, stimmte Poppy zu, »und er hat wahrlich für seinen schwachen Moment bezahlt.«
»Einen Wucherpreis – und dann noch für ein Kind, das möglicherweise gar nicht seins ist. Schaut euch mal die Fotos an, die ich aus dem Netz habe, und sagt mir, ob ich einem von beiden ähnlich sehe. Die von Chas sind schon etwas älter, darum wirkt er so fremd.«
Felix und Poppy beugten die Köpfe über die Fotografien. »Wer ist denn der andere Mann?«, fragte Felix.
»Carr Blackstock, Schauspieler, vor allem Theater, besonders Shakespeare, aber er hat auch ein paar Sachen fürs Fernsehen gemacht. Bei Google war er der Einzige mit dem Namen, also muss er es sein.«
»Er kommt mir irgendwie bekannt vor«, sagte Poppy und ergänzte zögernd: »Das kann natürlich sein, weil ihr euch ähnlich seht. So ein bisschen elfenartig , wenn du weißt, was ich meine – wie Kate Bush.«
»Elfenartig? Ich sehe nicht elfenartig aus!«, protestierte ich angewidert. »Und auch nicht wie Kate Bush. Wieso muss ich mir das dauernd anhören?«
»Na, ich wurde in der Schule nicht ›Spitzohr‹ genannt!«, gab Poppy zurück.
»Aber ›Süßmaul‹, weil du mittwochs immer allen den Strudel mit Vanillesauce weggefuttert hast!«
»Weil ich Energie gebraucht habe. Ich musste schließlich morgens vor der Schule schon die Ponyställe ausmisten, und das verbrennt viele Kalorien«, entgegnete Poppy würdevoll.
»Mädels, bitte«, sagte Felix milde. »Wir kommen weit vom Thema ab – aber ich muss Poppy recht geben, wenn ich der Ähnlichkeit nach einen der beiden Männer auswählen müsste, dann wäre Carr Blackstock mein Kandidat. Natürlich lässt sich das anhand eines solchen Computerausdrucks schwer sagen, aber er hat offenbar die gleichen ungewöhnlich hellgrauen Augen.«
»Wahrscheinlich geht mir nur die schwarze Tinte aus. Aber wie dem auch sei, Brummbart hat ebenfalls graue Augen.«
»Ja, aber gewöhnlich graue«, sagte Felix.
»An Brummbart ist überhaupt nichts gewöhnlich!«
»Das stimmt, sie sind ein wenig durchdringend .«
»Was weißt du über diesen Schauspieler?«, fragte Poppy. Ich zog einen Zettel aus dem Stapel. Er war feucht und wellig. Jemand hatte sein Getränk verschüttet.
»Er ist seit Ewigkeiten mit der gleichen Frau verheiratet und hat vier Kinder. Mum muss ihn in einem schwachen Moment erwischt haben, so wie Chas. Das sagt einiges über die Treue der Männer, oder nicht?«
»Wir sind nicht alle so«, erwiderte Felix, was in seinem Fall sicher zutraf. Er war der Treu-bis-in-den-Tod-Typ und hatte sich von seiner Frau vor einigen Jahren nur deshalb scheiden lassen, weil sie eine sehr unübersehbare Affäre hatte. »Aber deine Mutter muss damals umwerfend ausgesehen haben, falls das die Schuld mildert. Und außerdem machen wir alle Fehler, auf die eine oder andere Weise.«
»Carr Blackstock war über seinen Fehltritt wohl rasend vor Wut, denn abgesehen von der wirklich knappen Antwort auf die Nachricht von der Schwangerschaft,
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