Schottische Ballade

derjenige zurückgelassen hatte, der versucht hatte, durch das Kammerfenster einzusteigen. „Ich habe dem Mann einen Schnitt zugefügt. Am nächsten Tag behauptete Dunmore, er wäre in einem  Kampf auf dem Übungsplatz verwundet worden. “
    „Zufall.“
    „Soll ich es auf einen Versuch ankommen lassen?“
    Finlay schnaufte wütend. „Ja, fragt nur immer zu. Wir haben nichts zu verbergen. Schaut Euch Eneas an, wenn Ihr nach einem mörderischen Gunn sucht.“
    „Ich nehme an, du hast nichts zu befürchten“, fügte Lion verbittert hinzu. „Sie wird nach Hillbrae zurückkehren, sobald es sicher ist.“
    „Des Schwures wegen, den sie Padruig gab.“
    „Ja, wegen des verdammten Eides.“ Lion erhob sich und begann, auf und ab zu gehen. „Ich liebe sie, verdammt, und sie liebt mich, doch da sie deinem Vetter ihr Wort gab, will sie auf all das verzichten.“
    „Wir hätten sie nicht so gerne gemocht, wenn sie nicht ein Mensch dieser Art wäre“, sagte Finlay ruhig.
    „Das tröstet mich wenig“, fuhr Lion ihn an.
    „Vielleicht, wenn Paddy erwachsen ist... “
    „Ja, wenn ich bis dahin nicht an gebrochenem Herzen gestorben bin.“
    Finlay erhob sich und trat auf ihn zu. „Ihr sagtet, dass Ihr sie nicht ziehen lassen würdet.“
    Lion legte die Hände an die Seiten der Pfeilschlitze, die als Fenster dienten. Durch die enge Öffnung konnte er die sanften grünen Hügel und den Himmel darüber sehen - das Land, welches eines Tages seinem Sohn gehören sollte. „Ich könnte sie nicht mehr gegen ihren Willen auf dieser Burg halten als ... als sie gegen ihre Ehre bleiben würde.“
    „Das tut mir Leid“, sagte Finlay besänftigend. „Padruig wusste, er würde sterben, ehe der Junge alt genug wäre, und wollte sichergehen, dass sein Clan in guten Händen ist.“ Er klopfte Lion auf die Schulter. „Er wollte nie jemandem von euch Schmerz bereiten, er wollte nur die Gunns retten.“
    Lion nickte verdrießlich. „Ich habe Eneas kennen gelernt. Wenn er der Nächste wäre, meinen Titel zu erben, ich hätte wahrscheinlich wie Padruig gehandelt.“
    „Hättet Ihr das?“ Finlay sah rasch weg. „Ich bezweifle dies, doch es ist zu spät, um etwas zu ändern.“ Er hinkte zur Tür. „Wir haben eine Sippe in Chilton, drei Tagesritte von hier. Unter den Umständen denke ich, ist es das Beste, wenn wir dahingehen, bis die Gefahr vorüber ist und wir nach Hillbrae zurückkehren können.“
    „Nein.“
    „Ich weiß, es ist schmerzlich, doch wenn Ihr sie noch ein paar  Tage länger hier behaltet, macht es den Abschied nur noch schwerer.“
    Lion schüttelte den Kopf. Diese paar Tage wären vielleicht die einzige Zeit, die er mit ihnen haben würde. „Es ist nicht sicher, zu reisen.“
    Als ob jemand seine Behauptung unterstreichen wollte, erklang ein Hornsignal vom Burgtor hinauf in den Turm. Wenig später stürmte Bryce in das Gemach.
    „Man hat ein Heer gesichtet.“
    „Eneas?“ wollte Lion wissen.
    „Und Alexander, wenn wir die Banner richtig erkannten.“
    Lion sandte ein stilles Gebet zum Himmel, dann gab er Befehle zur Verteidigung von Glenshee.

17. KAPITEL
    „Ihr meint, Lord Lion wurde überfallen und kam deshalb damals nicht zu Euch?“ fragte Jennie mit leiser Stimme.
    Rowena nickte und blickte zum Bett, in dem Paddy schlief. „Wie anders hätte sich unser Leben gestaltet, wenn dieser feige Handstreich nicht gewesen wäre.“
    „Denkt Ihr, er hätte sich mit Euch vermählt?“
    „Ja“, sagte Rowena ohne Zögern. „Er bat mich heute, ihn zu ehelichen. Nein, er bat nicht, er verlangte es.“ Sie lächelte schwach. „So ist er - ungestüm und ehrenhaft. Ja, gleichgültig, welche großen Pläne sein Vater für ihn hegte, Lion hätte sich sofort mit mir vermählt.“
    „Doch wie könnt Ihr ihn ehelichen und Euer Versprechen halten, das Ihr Padruig gabt?“
    „Das kann ich nicht“, sagte Rowena. Doch sie wollte es. „Padruig hielt seinen Teil der Abmachung ein, als er sich mit mir vermählte, indem er Paddy zu seinem Erben ernannte. Ich könnte ihn nicht im Stich lassen oder gar Paddys Seele gefährden.“ Jennie seufzte und griff nach Rowenas Hand, um sie zu tätscheln. „Ich wünschte, es gäbe einen Weg, die Dinge zu ändern.“ „Nun, den gibt es nicht.“ Rowena drängte erneut ihre Tränen zurück.
    „Ich bewundere Eure Stärke, Mylady.“
    „Stärke, ha! Es ist alles nur Schein, Jennie. In meinem Innersten bin ich schwach, wenn es Lion betrifft. Darum müssen wir Glenshee so bald wie