Schottische Ballade
möglich verlassen.“
„Finlay wird nichts dagegen haben. Er war außer sich, als Eneas’ Nachricht eintraf, dass Lion mit Euch auf Blantyre sei. Er schickte Kier und Dunmore eilends zu Euch, mit dem Auftrag, Euch besser zu bewachen als des Königs jungfräuliche Tochter.“
Rowena lächelte. „Sie haben ihrem Befehl mit solch großem Eifer gehorcht, dass ich gar ihre Köpfe zusammenschlagen wollte.“ Doch ihre Anwesenheit hatte wahre Liebe nicht unterbinden können. Ihr Lächeln schwand, und der Schmerz in ihrer Brust wuchs. Wenn nur ...
„Und als die Sutherlands kamen, um uns von den Plänen Eneas’ zu berichten, wollte Finlay den Rat, sich hierher in Sicherheit zu begeben, ausschlagen. Bloß die Angst um Paddys Leben und das der Menschen, die Euch treu ergeben sind, konnte ihn umstimmen.“
„Armer Finlay. Ich ..."
Lautes Geschrei erhob sich und schwoll an. Es kam vom Burghof herauf.
Rowena lief zu den engen Pfeilschlitzen, die als Fenster dienten, um hinauszusehen. Jennie folgte ihr auf den Fersen. Zahllose Menschen drängten sich im Burghof. Die Tore des Außenhofes standen offen, und auf der Barbakane dahinter grasten Schafe dicht an dicht.
„Es ist etwas geschehen“, sagte Rowena bestürzt. „Ich werde hinuntergehen, um zu erfahren, was vor sich geht. Bleib hier, und pass auf Paddy auf.“
Dunmore stand vor ihrer Tür, den linken Arm immer noch mit einem dicken Verband umwickelt. Natürlich bestand er darauf, sie zu begleiten. Sie liefen die Treppe hinab und durchquerten die Halle, wo ein Teil des Gesindes eiligst Schragentische aufstellte, während andere Brot und Käse bereitlegten.
Unerwartete Gesellschaft, dachte Rowena, als sie durch die düstere Eingangshalle hinaus in das fahle Nachmittagslicht trat. Sie blieb am obersten Treppenabsatz stehen und warf einen raschen Blick über den Burghof. Er erinnerte an einen gewaltigen Bienenstock. Bewaffnete Männer liefen hin und her, Pferde scharrten aufgeregt mit den Hufen und Hunde bellten. Das wilde Durcheinander wurde durch das Pfeifen der Dudelsäcke noch verstärkt.
Sofort sah sie sich nach Lion um. Sie entdeckte ihn auf seinem Streitross, von wo er mit ruhiger, klarer Stimme Befehle erteilte. Selbst auf die Entfernung konnte sie seine Stärke, seine Beharrlichkeit spüren. Welches Unheil auch geschah, er wurde damit fertig. Er tat, was zu tun war, um die Lage zu beruhigen.
Ein Mann wollte auf der Treppe an ihr vorbeieilen. Sie hielt ihn am Ärmel fest, um zu hören, was vor sich gehe.
„Die Truppen des Earls wurden gesichtet. Sie kommen die Schlucht herab. Wir bringen alle herein“, sagte er, ehe er davoneilte.
„Der Earl.“ Rowena richtete betroffen den Blick zu den schützenden Bergen, die hinter den Mauern emporragten. Uneinnehmbar hatte Lion Glenshee genannt, doch zweifellos würde Alexander nicht ruhen, bis er Rache an dem Mann geübt hatte, dem er einst vertraute.
Wie viele Vorräte an Speis und Trank hatten sie? Wie viele Pächter und Schäfer würden Schutz in den Mauern Gienshees suchen? Rowena wollte Antworten. Sie schürzte die Röcke und lief eilends die Treppe hinab.
„Seht doch“, sagte Dun. „Dies ist kein Ort für Euch.“ „Irgendetwas müssen wir tun, um zu helfen.“ Sie stürzte sich in die Menge und drängte sich zu Lion durch. Ihre Besorgnis wuchs, als sie sah, dass Lion seine Rüstung und sein Pferd den Kampfschild trug. „Lion, ist es so schlimm?“
Die Strenge wich aus seinem Gesicht, als er sie sah. „Du solltest nicht hier sein“, sagte er zärtlich.
Sie nahm jede Einzelheit seiner Gestalt in sich auf - die Müdigkeit und die Sorge in seinen Augen und den Schmerz in deren Tiefen. Den Schmerz, den sie hineinlegte. „Ich vernahm, der Earl sei im Anmarsch, und dachte, ich könnte etwas tun.“
„Da gibt es nur eines“, sagte er mit rauer Stimme.
„Ich wollte, wenn ich könnte“, erwiderte sie wispernd.
Er wandte den Blick ab, sein Ausdruck verschlossen. „Es ist nicht recht von mir, dich zu bestürmen, wenn ...“ Er seufzte. „Ah, es macht keinen Sinn, sich damit herumzuschlagen. Ja, es gibt eine Menge zu tun - Vorräte müssen gezählt werden, an die fünfzig Leute müssen an diesem Ort untergebracht werden.“ „Ich werde mich darum kümmern.“ Sie legte eine Hand auf seinen Schenkel und spürte, wie sich seine Muskeln unter dem warmen Plaid spannten. „Wirst du ihn bekämpfen?“
„Nicht, wenn ich es verhindern kann. Wir reiten in die Hügel, um jeden Sutherland in
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