Schottische Ballade
Aufgaben.“
Wie großzügig von ihm, bedachte man, dass Blantyre Glendas Burg war. In Rowena regte sich Zorn. Wie konnte solch eine umsichtige Frau sich von einem Wüstling wie Alexander unterdrücken lassen? Weil sie ihn liebte. Ein weiterer Beweis dafür, wenn Rowena einen brauchte, dass es guten Grund gab, sich von solchen Liebschaften fern zu halten. „Wenn Ihr mir den Schreiber des Earls zeigt, so könnte ich ihn wegen des Gelöbnisses fragen.“ „Alexander hat keinen in seinen Diensten. Er muss sich mit vielen besonderen Angelegenheiten beschäftigen, daher schreibt er seine Briefe und führt seine Bücher selbst“, sagte sie mit offensichtlichem Stolz. „Er bewertet Lernen in höchstem Maße, das ist einer der Gründe, weshalb er die Gesellschaft von Lion so schätzt. Wusstet Ihr, dass er nicht nur Französisch, sondern auch Italienisch und Spanisch spricht?“
„Ich bezweifle, dass er in den Highlands viel damit anfangen kann“, meinte Rowena.
„Vielleicht nicht, doch er singt sehr schön und dichtet die himmlischsten Verse.“
Donald eilte herbei und verbeugte sich vor seiner Herrin. „Alles ist bereit für die Waffengänge, Mylady. Der Kampfplatz wurde mit Seilen umspannt, Bänke wurden aufgestellt, und der Koch hat die Tische gedeckt, um Erfrischungen darzureichen, wie Ihr befohlen habt.“
„Ausgezeichnet.“ Lady Glenda lächelte Rowena an. „Lion hatte vorgeschlagen, Spiele abzuhalten, um die Männer zu beschäftigen, bis die Truppen zum Abmarsch bereit sind. Alexander fand das eine großartige Idee. Die Lairds von einst taten ein Gleiches, wenn sie ihre Lehnsmänner zum Kampfe riefen. Ist der Earl bereit?“ fragte sie Donald.
„Er hat sich vor wenigen Augenblicken zum Übungsplatz begeben.“
„Ohne mich?“ Glenda erblasste und sprang auf. „Teufel. Ich wollte mich umkleiden, doch dafür ist keine Zeit. Lass mein Pferd vorführen.“ Sie hob die Röcke und hastete davon. Nach ihr eilten auch die anderen Damen aus dem Saal und riefen nach ihren Chamarren und Pferden.
Rowena wurde mitgerissen, doch hatte sie keinen Diener, den sie hätte bitten können, ihr Pferd zu holen, und war so gezwungen, mit den Mägden und Damen von niedrigem Rang zu Fuß zu gehen. Der Weg vom Innenhof zu dem grasbewachsenen Außenhof war nicht weit, doch Stiefel und Saum waren schlammbedeckt, als sie die Arena erreichte.
Man hatte ein großes Areal mit Stricken umspannt, worin die Streiter die Wettkämpfe austragen sollten. Die Zuschauer drängten sich außerhalb, stürzten gierig Bier in sich hinein und wetteten auf ihren Meister. Drei Reihen mit Bänken waren da, um die Edelleute unterzubringen. In der Mitte der zweiten Reihe, unter einem Baldachin in den dunkelblauen Farben der Shaws, saßen Glenda und die anderen Damen. Ihre Gewänder strahlten in hellen Farben an diesem trüben Tag.
Lady Glenda erspähte sie, stand auf und bedeutete Rowena, sich zu ihr zu gesellen. Da sie eingepfercht in der Menge stand, überlegte Rowena das Angebot, doch bemerkte sie Lady Selena neben Glenda. Nein, sie hatte heute schon genug Hader.
„Es ist gut so“, rief Rowena ihr zu.
„So, da bist du also“, rief eine mürrische Stimme.
Rowena blickte um sich und sah Eneas. Es schien, als wäre der Zwist für diesen Tag noch nicht vorbei.
„Wie ich sehe, vergnügst du dich an den Annehmlichkeiten, welche die Burg bietet“, sagte er anzüglich und runzelte die Stirn über das saubere Haar und ihr frisches Gewand.
Sie freute sich darüber, als sie sah, dass er, obwohl in seine beste Tunika aus safrangelber Wolle gekleidet, noch immer stank und sein Haar strähnig herabhing. „Wo bist du untergebracht?“
„Ich hatte Glück, ein kleines Zelt kaufen zu können.“
„Was ist mit den Männern?“
Eneas zuckte die Schultern. „Die kommen schon zurecht.“
Sie schliefen also unter freiem Himmel. Ein Schuldgefühl erfasste Rowena. Es war die Pflicht eines Anführers, für seine Männer zu sorgen. Sie war hier, um diese Verantwortung für ihren Sohn zu erlangen, doch hatte sie nicht einen Gedanken an die übrigen Gunns verschwendet. Dass die meisten von ihnen Eneas in treuer Gesinnung zugetan waren und gerne sähen, wie ihr Vor-haben fehlschlug, spielte dabei keine Rolle. „Ich habe die Schlossherrin von Blantyre kennen gelernt“, sagte sie. „Wenn die Spiele vorbei sind, werde ich fragen, ob sie Platz für euch alle innerhalb der Mauern findet.“
„Ich brauche deine Fürsprache nicht“, brummte Eneas.
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