Schottische Ballade
Mylady, doch es gibt keinen Mann, mit dem ich lieber reiten würde, und die anderen Burschen fühlen genauso. Ihr werdet in den ganzen Highlands keinen tapfereren oder ehrenhafteren Mann finden als ihn“, fügte er mit jugendlichem Ungestüm hinzu.
Rowena schnaufte verächtlich. „Es ist mir gleichgültig. Ich möchte nicht, dass Lion Sutherland sich in meiner Nähe zeigt und mir Befehle erteilt.“
„Blantyre ist ein gefährlicher Ort für eine Dame. Er will Euch nur vor Schaden bewahren.“
Er will bloß in mein Bett gelangen, dachte Rowena. Das aufflammende Verlangen in seinen Augen war ihr an diesem Morgen nicht entgangen. „Es verbittert mich, dass ich mich auf seine Hilfe zu verlassen habe.“
„Wir sind froh, Euch zu Diensten zu sein.“
Rowena seufzte, als sie von der Treppe in den Flur mit der Gewölbedecke trat. Der Lärm hallte aus der Großen Halle wider und erinnerte sie daran, in welch schlechte Gesellschaft sie sich begeben musste. Plötzlich schien ihr Sims Anwesenheit gar nicht so unangenehm. Zusammen suchten sie das Krankenzimmer auf.
„Euer Harry schläft und zeigt kein Anzeichen von Fieber“, versicherte Felis.
„Ich werde mich eine Weile zu ihm setzen.“
„Das ist nicht nötig. Ich habe genug Mädchen, die glücklich sind, einem so gut aussehenden Burschen die Stirn zu trocknen. “
„Ich werde dich für die Arzneien bezahlen.“ Rowena nestelte an dem schmalen Beutel herum, der an ihrem Gürtel hing.
Felis schüttelte den Kopf. „Lion hat dies schon besorgt und auch meinen Mädchen ein Silberstück gegeben. “
Lion. Wiederum er. Rowena war insgeheim wütend, als sie mit Sim den Flur zurückging.
„Ihr könntet in Euer Gemach zurückkehren“, sagte er hoffnungsvoll.
Rowena schüttelte den Kopf. Sie musste wissen, was vor sich ging. Lion behauptete, der Earl wäre verärgert über die Gunns, doch sie wollte nicht Gefahr laufen, dass Eneas den Earl für sich gewinnen und sie als Vormund ausstechen würde. An der Türöffnung zur Großen Halle blieb sie stehen und überblickte das Schlachtfeld.
Obwohl es zu spät für das Morgenmahl und zu früh für die Hauptmahlzeit war, waren die dichten Reihen der Schragentische mit Menschen voll gepfercht. Warum waren die Männer nicht auf dem Fechtplatz? Sie war erleichtert, Lion nicht in der Menge zu sehen. Einige Männer nahe der Tür blickten sie an, kehrten aber bald wieder zu ihrer Unterhaltung zurück. Das war ihr auch recht; sie wollte keine unnötige Aufmerksamkeit auf sich lenken.
„Hier entlang, Mylady. Ich glaube, ich habe einen leeren Platz entdeckt.“
Rowena folgte Sim. Als sie der Weg nahe an der Haupttafel vorbeiführte, packte eine Hand ihren Ärmel und zog daran.
„Bring uns noch Bier“, befahl ein anmaßendes Frauenzimmer.
Ungläubig blickte Rowena von der ausgestreckten Hand zu dem schönen, hochmütigen Gesicht der Frau. „Ich?“
„Wen sonst soll ich meinen, Dirne?“ Sie wandte sich an Lady Glenda, die neben ihr saß. „Eure Dienstmägde wissen nicht, was sich geziemt!“
„Lady Selena“, rief Glenda, ihr Gesicht hochrot vor Betroffenheit. „Das ist nicht eine von meinen Mägden, dies ist Lady Rowena Gunn.“
Lady Selena ließ den Ärmel los. „Wie soll ich das wissen, wenn sie gekleidet wie eine Küchenmagd herumläuft?“
„Ich dachte, Ihr hättet sie letzte Nacht gesehen. Sie hat mit Lord Lion gespeist“, fügte Lady Glenda angelegentlich hinzu.
Lady Selenas Blick glitt langsam und anzüglich über Rowenas Gestalt. „Warum bist du so armselig gekleidet? Sind die Gunns wahrhaftig so ungeschlacht?“
„Wir mögen vielleicht keinen Samt tragen“, erwiderte Rowena mit gekränktem Stolz, „doch sind unsere Sitten besser als die eines manchen, der ihn trägt. “
Ein empörtes Raunen ging durch die Schar von Lady Selenas Tischnachbarinnen.
Lady Glenda lachte stillvergnügt vor sich hin. „Gut gesagt.“ Sie stieß den Stuhl zurück. „Das Gepäck von Lady Rowena wurde gestohlen, und ich vergaß, dass ich ihr versprach, Gewänder zu leihen. Lady Rowena, wenn Ihr so freundlich wäret, Euch mit mir zu jenem Fenstersitz zurückzuziehen, wir wollen diese Damen nicht mit Einzelheiten langweilen.“ Sie neigte den Kopf zu der wütenden Lady Selena, dann wandte sie sich vom Tisch ab und zog Rowena mit sich.
„Ich danke Euch“, flüsterte Rowena, als sie den von Vorhängen umgebenen Alkoven erreichten.
„Es war mir ein Vergnügen. Es gibt Zeiten, da es schwer fällt, die huldvolle
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