Schottische Ballade
weiter, doch beschloss sie, vor dem Schlafengehen nach ihm zu sehen. „Kier, warum bleibst du nicht hier bei Dun? Es sind genügend Pagen da, die um die Hohe Tafel herumlaufen, so dass du nur im Wege stehst.“
Seine Betroffenheit kränkte sie, doch sie wollte nicht noch einen Abend unter seinen unheilvollen Blicken ertragen.
Rowena nahm ihren Platz neben Lion ein, aber Alexander führte die Unterhaltung an. Er bestand darauf, alles über die Eberjagd zu erfahren. Lion erzählte nicht ganz die Wahrheit. Als das Mahl vorüber war, hatte Rowena entsetzliche Kopfschmerzen. Sie entschuldigte sich und verließ die Halle. Kier und Dun folgten ihr. Sie war sehr froh über die Begleitung, als sie sah, wer auf dem Flur wartete.
„Einen Augenblick, Rowena“, forderte Eneas.
Ihre Männer standen neben ihr, unbeweglich wie Felsen.
Eneas blickte sie grollend an. „Ich habe Nachricht von zu Hause für Lady Rowena. Eine persönliche Nachricht.“
Rowena sagte beunruhigt: „Es ist in Ordnung.“ Sie wartete, bis sie sich einige Schritt weit zurückgezogen hatten, dann fragte sie: „Was ist geschehen?“
„Nichts ... bis jetzt.“ Eneas lächelte hämisch. „Doch wenn du nicht tust, was ich dir sage, wird dein Sohn nicht auf Hillbrae sein, wenn du zurückkehrst.“
„Du würdest es nicht wagen, dem Sohn deines Bruders etwas anzutun.“
„Ich sagte nichts davon, dass ich ihm etwas antun würde. Ich sagte lediglich, dass er nicht in Hillbrae sein würde. Ich werde ihn wegschicken und dafür sorgen, dass du ihn nie wieder siehst.“ Rowenas Knie wurden weich. „Was ... was willst du?“
„Ich möchte wissen, was Lion Sutherland vorhat.“
Eine eisige Kälte erfasste ihr Herz. „Vorhat?“ fragte sie schreckensbleich. Sie versuchte, Zeit zu gewinnen. Suchte nach einem Einfall.
„Wir glauben, er hat etwas mit dem Verschwinden von Colin Ross zu tun. Du wirst herausfinden, wo diese Brut ist, und wirst es mir sagen.“
Rowena kamen die Schreckensbilder von Colins gequältem Gesicht in den Sinn. „Doch ... doch selbst wenn es so ist, wie soll ich ihn jemals dazu bringen, es mir zu sagen?“ jammerte sie und wich zitternd zurück.
„Wie es alle Huren machen. Du wirst ihn dazu verführen, es dir zu sagen“, zischte Eneas. „Und wenn ich den Verdacht hege, dass du Lion von meinem Ansinnen etwas sagtest, könnte Paddy ein schreckliches Unglück zustoßen.“
„Du würdest doch nicht..."
„Für die Belohnung, die mich erwartet, werde ich alles wagen. Erinnere dich daran, falls du versuchen solltest, mich zu übertölpeln.“
„Ich...“
„Rowena!“ rief Lady Glenda und tauchte aus der Dunkelheit auf. „Oh, gut. Das erspart mir einen Gang zu Eurem Gemach. Alexander hat eine Unterredung mit seinen Anführern, und ich würde Eure Gesellschaft in meinem Söller begrüßen.“
Rowena stöhnte. Wonach sie sich sehnte, war Ruhe, um einen Weg aus der entsetzlichen Lage zu finden.
„Oh.“ Das Gesicht der Lady verzog sich in Besorgnis. „Lion sagte, Ihr habt Kopfschmerzen. Meine Zofe hat eine Arznei, die Wunder wirkt. Kommt mit mir.“
Rowena folgte ihr, da sie ihre einzige Freundin hier auf Blantyre nicht vor den Kopf stoßen wollte und es ihr Gelegenheit gab, Eneas’ durchbohrendem Blick zu entfliehen. Sie harrte aus, während man ihre Stirn mit einer Tinktur einrieb, die noch schlimmer roch als der Atem des Ebers. Ein Mädchen spielte auf der Harfe, und Lady Glenda redete über eine neue Salbe, welche die Haut glatt machte. Nach einer Stunde schmerzte Rowenas Kopf noch schlimmer als je zuvor. Letztendlich entfloh sie unter dem Vorwand, nach dem verletzten Dun sehen zu müssen.
Als sie die Gemächer verließ, vernahm sie die Stimme Alexanders, die im Gang widerhallte.
Nein, sie konnte ihm in diesem Augenblick nicht entgegentreten. Sie verbarg sich hinter der nächsten Tür, um zu warten, bis der Earl vorübergegangen war.
„Es ist ein ausgezeichneter Plan, Mylord“, hörte sie Georas sagen. „Wenn wir um Mitternacht losreiten, werden wir Creagan so erreichen, dass die Männer ausruhen können, bevor wir die Rosses beim Morgengrauen angreifen.“
Die Rosses? Rowena presste ihr Ohr fester an die Tür.
„Gut. Ihr werdet die Burg stürmen, alle darin töten und alles bis auf die Grundmauern niederbrennen.“
„Ich werde den Männern sofort sagen, sie sollen sich bereitmachen“, sagte Georas.
„Nein. Sagt nichts zu niemandem.“
„Nicht einmal Eurem Lion?“ fragte Georas.
„Nein, ich dachte
Weitere Kostenlose Bücher