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Schottlands Wächter (German Edition)

Schottlands Wächter (German Edition)

Titel: Schottlands Wächter (German Edition)
Autoren: Katharina Gerlach
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es keiner.”
    Bryanna flog schneller. Das Meer schoss unter ihnen dahin und in der Ferne sah sie die Insel Colonsay.
    „Gleich sind wir da.” Sie bog nach Osten ab und wenige Minuten später erreichten sie die Steilküste der Insel Scarba. Stuart dirigierte sie zu einigen Höhlen in der Nähe der Wasserwirbel. Bryanna staunte, wie ruhig das Meer wirkte. Abgesehen von vielen kleinen Wellen, die in unterschiedliche Richtungen liefen und gegeneinander prallten, war von dem gefährlichen Strudel nichts zu sehen. Nur die vielen verschiedenen Blautöne der Wasserströmungen, die sie sehen konnte, machten sie etwas nervös. Um sich zu beruhigen sagte sie: „Es sieht gar nicht so schlimm aus. Ich hatte mir eine Art Wirbel vorgestellt, so wie in der Badewanne, wenn man das Wasser rauslässt.”
    Stuarts Antwort ließ sie schaudern. „Der Corryvreckan sieht nur bei Ebbe ungefährlich aus, aber täusche dich nicht. Viele Seeleute gingen hier schon zugrunde.” Er führte sie in eine der Höhlen zu einem kleinen Ruderboot aus Holz mit hohem Dollbord. Es war gerade groß genug für eine Person. Mit zitternden Knien half Bryanna, das Boot ins Wasser zu schieben. Sie kletterte hinein, zog das Seil aus Haaren aus der Tasche und band es am Boot fest. Stuart knotete das andere Ende um einen massiven Felsbrocken am Ufer und setzte sich auf einen Stein.
    Das Boot hüpfte auf den kleinen, unregelmäßigen Wellen und mit einem Mal wurde Bryanna klar, wie gefährlich diese Bootsfahrt war. Ihr Herz raste. Am liebsten wäre sie geflogen, aber sie war sich sicher, dass sie die Cailleach dann nicht finden würde. Sie blickte über das Wasser zur gegenüberliegenden Insel Jura mit den beiden davor gelegenen Miniinseln. Die Sonne glitzerte auf den Wellen und entfernt stritten sich Möwen. Ohne das unruhige Wasser hätte sich Bryanna wohlfühlen können. Ihre Hände schwitzten und ihre Knie zitterten. Nach einer Weile fragte sie ungeduldig: „Worauf warten wir?”
    „Darauf, dass die Cailleach ihren Plaid wäscht.”
    „Sie trägt einen Plaid?”
    „Was sollte sie sonst tragen? Sie ist unsere Göttin!”
    Bryanna erinnerte sich an das riesige rechteckige Tuch im Tartanmuster ihres Clans, das ihr Vater ihr vor einigen Jahren zur Hochzeit eines entfernten Cousins gekauft hatte. Etwa die Hälfte wurde um ihre Hüfte gewickelt und mit einem Gürtel festgeschnallt. Das lange, freie Ende wurde über ihre Schulter nach vorn gelegt und mit einer Brosche an der anderen Hälfte befestigt. Sicher war ein Plaid in früheren Zeiten praktisch gewesen, schließlich hatte man immer eine Decke dabei, aber Bryanna hasste das traditionelle Kleidungsstück. Jedes Mal, wenn sie es anziehen musste, fühlte sie sich wie eine unförmige, unbewegliche Rolle aus Stoff. Sie schüttelte sich.
    In diesem Moment setzte die Flut ein und das Wasser kehrte zurück. Schon die ersten Wellenschläge des Strudels übertönten alles, was Bryanna hätte sagen wollen. Sie sah zu, wie Stuart vor dem Wasser in die Höhle zurückwich. Er hielt beide Daumen in die Höhe, was für Bryanna soviel bedeutete wie: „Viel Glück und komm heil wieder.”
    Sie nickte und winkte und versuchte ruhig zu wirken. Sie legte die Ruder in die dafür vorgesehenen Aussparungen an der oberen Kante des Bootes und begann zu rudern. Das Boot schob sich ins Freie auf den Strudel zu und tanzte dabei auf den tobenden Wellen wie ein Wassertropfen auf einer heißen Herdplatte. Bryannas Herz drohte ihr aus dem Hals zu springen, so wild schaukelte das Boot. Zum Glück kenterte es nicht. Ich frage mich, warum ich an einer haarfeinen Rettungsleine in einem wild gewordenen Boot in den größten Strudel Schottlands — ich meine Albas fahre, obwohl ich Angst habe . Die Strömung war jetzt stark genug, dass Bryanna nicht mehr rudern musste. Sie drückte auf die Griffe der Ruder, so dass sich die Blätter aus dem Wasser hoben, und sah sich nach der Cailleach um. Das Boot trieb von allein auf den Wasserwirbel zu. Die donnernden Wassermassen ertränkten jedes Geräusch und verursachten Bryanna Kopfschmerzen.
    Das Boot ruckte und wurde in den Strudel gerissen. Den Bruchteil einer Sekunde später stoppte es abrupt, als das Seil aus Haar seine größte Länge erreichte. Die Strömung riss Bryanna die Ruder aus den Händen und ihre Griffe prallten hart in ihren Magen. Sie wurde von der Planke geschleudert, die ihr als Sitz gedient hatte, und landete auf dem Rücken. Die Ruder sprangen aus ihren Halterungen und
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