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Schottlands Wächter (German Edition)

Schottlands Wächter (German Edition)

Titel: Schottlands Wächter (German Edition)
Autoren: Katharina Gerlach
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verschwanden im Meer.
    Hätte Bryanna genug Luft zum Atmen gehabt, hätte sie geschrieen. Eine riesige, weibliche Gestalt beugte sich über das Boot und sah sie fragend an. Ihr Gesicht war von unglaublich vielen Runzeln durchzogen und langes, weißes Haar umwallte den Kopf.
    „Was machst du in meinem Waschkessel?”
    Es dauerte einen Moment, bis Bryanna genug Luft zum Antworten fand, aber die Cailleach wartete geduldig.
    „Ich habe Fragen an Euch, Cailleach.” Bryanna bezweifelte, dass ihre Stimme laut genug war, um das Donnern des Strudels zu übertönen, doch die Cailleach schien sie gehört zu haben. Sie beugte sich tiefer und ihre grauen Augen musterten Bryanna.
    „So, so. Du willst also Wächter werden. Hmmm … keine schlechte Wahl.” Sie nickte bedächtig. „Ich werde dir antworten, Kind, aber zunächst muss ich meinen Plaid waschen. Niemand darf den Lauf der Dinge durcheinander bringen.”
    Ein unendlich großes, graues Kleidungsstück senkte sich neben dem Boot ins Wasser. Bryanna setzte sich aufrecht hin, um besser sehen zu können. Das Tuch wurde von der Cailleach gerieben, gerubbelt, durchgeknetet, wieder gerieben und gespült. Die Göttin wiederholte den Vorgang wieder und wieder, bis das Grau strahlendem weiß gewichen war. Mit dem Schwung jahrelanger Übung schleuderte die Cailleach das Tuch in die Luft. Es flatterte ein wenig und breitete sich über die umliegenden Hügel. Bryanna staunte, wie winterlich alles mit einem Mal aussah.
    „Nun, Kind, stell deine Fragen, denn ich kann nicht mehr lange verweilen”, sagte die Cailleach.
    Bryanna sah sie an. Seltsamerweise wirkte die Göttin jetzt mehr wie eine liebevolle Großmutter und weniger wie die strenge Herrin des Winters. Bryanna holte tief Luft und stellte ihre Frage.
    „Wo sind meine Eltern?”
    „Bist du sicher, dass du diese Frage stellen willst, auch wenn dir ein anderer genauso gut Bescheid geben kann? Bedenke, ich werde dir nur eine einzige Frage beantworten.” Die grauen Augen der Cailleach durchbohrten Bryanna, als können sie in ihr Innerstes sehen. „Frage nach dem, was dir auf dem Herzen brennt und dich zu zerstören droht.”
    Bryanna schluckte. Würde die Göttin die Antwort auf die einzige Frage kennen, auf die sie trotz der langen Reise keine Antwort gefunden hatte? Wusste die Cailleach vielleicht eine Lösung? Hoffnung keimte in ihr auf. „Wie kann ich verhindern, dass meine Eltern von ihren Nachfolgern oder von Callum von Pityoulish getötet werden?”
    „Vor Callum von Pityoulish schützt sie der neue Wächter und vor dem neuen Wächter wirst du sie schützen müssen, Kind.”
    „Aber wie? Wie kann ich sie schützen. Der neue Wächter wird viel mächtiger sein, als ich.”
    „Die Antwort darauf findest du in deinem Herzen, Kind. Folge ihm und du kannst nicht fehl gehen.” Die Cailleach verblasste. Ein letzter Rat klang noch in Bryannas Ohr, bevor die Göttin verschwand. „Eile zu deinen Eltern. Sie sind schwach und ohne deine Hilfe werden sie die nächste Woche nicht überleben.”
    „Geh nicht, bitte!” Bryanna streckte die Arme nach ihr aus, aber die Cailleach kehrte nicht zurück. Wie betäubt lag Bryanna in ihrem Boot. Tränen rannen ihr über die Wangen. Sie hatte ihre Antwort bekommen, aber hilfreich war sie nicht.
    Ich kann nur hoffen, dass die Cailleach Recht behält und mir wirklich etwas einfällt, meine Eltern zu retten. Bryanna wischte sich die Tränen ab. Der Strudel hatte aufgehört zu toben und das Wasser wirbelte nur noch ein wenig, wie zur Erinnerung, dass die Gefahr niemals ein Ende haben würde. Ein Ruck ging durch das Boot und noch einer und noch einer. Überrascht sah Bryanna zum Ufer, wo mehrere Männer an dem Seil aus Haaren zogen. Langsam näherte sich das Boot dem Ufer. Schließlich packte es Stuart und zog es auf den Kies des Strandes. Er wartete nicht, bis Bryanna ausgestiegen war. Er hob sie aus dem Boot und wirbelte sie um sich herum, wie ein kleines Kind.
    „Stuart. Lass das!”
    „Entschuldige.” Er setzte Bryanna ab und gab ihr Zeit, sich bei den Männern zu bedanken, die das Boot an Land gezogen hatten.
    „Keine Ursache”, murmelte ihr Anführer. „Es war eine Ehre für uns, jemandem zu helfen, der der Cailleach ins Auge gesehen hat.” Er nickte ihnen noch einmal zu, nahm seine Kumpane und ging. Bryanna wartete, bis sie außer Sichtweite waren und drehte sich zu Stuart um. Sie stemmte die Hände in die Hüften.
    „Mir schient du weißt, wo meine Eltern sind. Warum hast du
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