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Schreckensbleich

Schreckensbleich

Titel: Schreckensbleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urban Waite
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Pferdestärken-Gurgeln dort draußen, am Bootsrumpf plätscherndes Wasser, und sein Verfolger, irgendwo in die Finsternis gehüllt.
    Das Scheinwerferlicht glitt über die Wasseroberfläche. Eine halbe Meile entfernt sah Hunt, wie das andere Boot auftauchte und vom Licht erfasst wurde; ein dunkelblaues Fünf-Meter-Rennboot mit Zwillingsmotoren. Der Kutter wendete und hielt jetzt einen stetigen Lichtstrahl auf Hunts Verfolger gerichtet. Als die Küstenwache näher kam, sah Hunt, wie sich das kleine Boot aus dem Wasser hob, angetrieben von zwei kraftvollen Motoren. Das Licht setzte ihm nach, Gischt spritzte auf, und dann kam der mächtige Bug des Kutters in Sicht, als der Scheinwerfer dem Rennboot folgte. Wieder ertönte der Lärm der Maschinenpistole von dem kleineren Boot her, und man sah Funken vom Metallrumpf des Kutters aufstieben.
    Aus dem Fach rechts neben dem Gashebel holte Hunt das Fernglas hervor und fand damit das kleinere Boot. Eine Hand am Ruder, hob der Mann die Waffe und feuerte auf den Kutter; die Maschinenpistole ruckte wild in seiner Hand, und die Kugeln sprühten in alle Richtungen.
    Zweimal umkreiste das kleinere Boot den Kutter, und die Kugeln griffen aufwärts nach dem Scheinwerfer, versuchten, ihn zu treffen, sie alle wieder in Dunkelheit zu tauchen. Bei der zweiten Runde konnte Hunt den Mann deutlich erkennen; die dünne weiße Haut, blassrosa um die Augen, und mit den dunklen, blutgefüllten Tränensäcken darunter. Er kannte ihn, erkannte ihn vom Steg her, von ihrem Gespräch her.
    Grady raste direkt auf den Kutter zu und feuerte eine Salve ab. Das Knattern von Kugeln war zu hören, die vom Metallrumpf des Kutters abprallten. Der Scheinwerfer barst in einem Funkenschauer, und Hunt konnte Gradys kleineres Boot durch die darauf folgende Dunkelheit rasen hören; der Lärm der Motoren wurde leiser, als der Kutter zwischen ihn und Grady geriet und Grady verfolgte. Trotzdem konnte Hunt den Lautsprecher hören, und dann Schüsse, anders als vorher, Pistolenfeuer von dem Kutter her, ohne das unbekümmerte Rattern der Automatik. In der Finsternis war kein eindeutiges Ziel auszumachen, und Hunt wusste, dass Grady davonkommen würde.
    Er wartete und lauschte, während die beiden Boote sich entfernten. Als er sicher war, dass sie weit genug weg waren, ließ Hunt seinen Motor an. Gurgelnd sprang er an, und der Geruch von Abgasen stieg ihm in die Nase und besudelte die Luft. Fürs Erste war Grady die Aufmerksamkeit der Küstenwache gewiss. Von weitem kam der Lärm von Pistolenschüssen übers Wasser, wie ferner Donner vom Wind herbeigetragen. Hunt lauschte auf das antwortende Feuer der Maschinenpistole, hörte jedoch nichts anderes als das Wasser an den Seiten seines Bootes. Es war so ruhig und still, wie es zuvor gewesen war. Er atmete tief ein, der Geschmack von Luft auf seiner Zunge, gehaltvolle Seeluft, salzig und pflanzlich. Kalter Wind strömte von Kanada herunter. Hunt gab abermals Gas und jagte auf die Küste zu.
    ***

Teil III
    Auf dem Landweg
    V on der Couch im Wohnzimmer aus, wo er lag, hörte Eddie das Telefon in der Küche klingeln. Als der Klingelton endete, konnte er das Surren des Apparates im Obergeschoss hören; die beiden Telefone waren eine halbe Sekunde aus dem Gleichtakt. Da wusste er, dass es nicht so gelaufen war, wie er gedacht hatte, und dass Hunt am Leben war.
    Einen Augenblick lang lag er da und lauschte dem gedämpften Geräusch von Noras Stimme. Unter dem Kissen, auf dem sein Kopf ruhte, zog er die 22er hervor und entsicherte sie. Er trug eine Trainingshose und ein altes T-Shirt von Hunt. Die Pistole in der Hand, stieg er die Treppe hinauf, bis er das Licht unter der Tür hervordringen sah. Einen Moment lang verharrte er auf der Treppe und fühlte den weichen Abdruck der Waffe in seiner Hand.
    Gleich darauf ging er zu der Tür und klopfte leise an. Die Pistolenhand hielt er links neben den Türrahmen, und so, die Waffe verborgen, öffnete er die Tür. Nora drehte sich um und blickte vom Bett aus zu ihm auf; ihr Blick huschte nur kurz über ihn hinweg, bevor sie wegschaute. Sie hatte sich das Telefon geholt, und die Schnur zog sich über den ganzen Boden aufs Bett hinauf, dorthin, wo sie saß. Eddie stand in der Tür, sah auf sie hinab und hielt die Waffe neben dem Türrahmen in den Flur. Er wollte sie nicht benutzen, doch er würde es tun. Es kam ihm unwirklich vor, dass es so weit gekommen war. Er wusste nicht, was Hunt ihr bereits erzählt hatte, doch er konnte seine Stimme

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