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Schreckensbleich

Schreckensbleich

Titel: Schreckensbleich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Urban Waite
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Haustür auf. Nancy streckte jetzt die Hand aus und befahl: »Rein mit euch.«
    Sobald Hunt das Bein hob, wusste er, das etwas nicht stimmte. Er fühlte das Saugen in seinem Schuh, der voller Blut war, das ihm die Zehen zusammenklebte. Der Küchenboden war cremefarben, mit kleinen Weizenähren als Zierstreifen am Rand. Es war eine vorgefertigte Küche vom Fließband, und Hunt hätte gewettet, dass er noch zwei oder drei weitere mit demselben Design finden würde, wenn er den Block abklapperte.
    Bei jedem Schritt hinterließ Hunt eine kleine Blutspur; es schwappte über den Rand seines Schuhs und erschien in einem Streifen am Knöchel und um die Schnürsenkel herum, wo es durch die Schnürlöcher quoll. Nancy zog einen Stuhl unter dem Küchentisch hervor. Roy legte den Schläger auf die Arbeitsplatte und winkte Thu in die Küche. »Hat ganz schön gekracht, wie?«
    Hunt hatte die Pistole ganz vergessen, und als er sich setzte, fiel sie aus seiner Gesäßtasche auf den Boden. Alle starrten die Waffe an. Hunt fühlte, wie sein Kopf ins Schwimmen geriet. Mühsam bückte er sich und hob die Pistole auf. Er zielte nicht damit, sondern saß einfach nur mit gesenktem Kopf da, den Lauf der Waffe auf den Boden gerichtet. Fast sah es so aus, als benutze er sie als Krücke, die Hand am Griff und die Mündung auf dem Boden.
    »Was hast du noch mal gesagt, was für ein Unfall das war?«, fragte Roy.
    »Komm her, Roy, und setz dich mal kurz hin.« Hunts Worte verschwammen allmählich, »setz dich« kam heraus wie »sezich«. Er sah zu Thu hinüber, die zu ihm kam und auf dem Stuhl neben ihm Platz nahm. Noch immer hatte er die Waffe nicht auf die anderen gerichtet. Er machte eine Bewegung mit dem Lauf, drehte ihn, als sei eine Angelschnur daran befestigt und er wickele sie auf. Nancy sah verängstigt aus und versuchte, der Waffe auszuweichen, als Hunt sie drehte. Roy sah nur wütend aus. »Komm schon«, drängte Hunt.
    Alle vier saßen am Küchentisch; die Pistole lag flach vor Hunt auf der Tischplatte. Er blutete aus der Wunde in seinem Bein auf den Boden; sein Schuh war vollgelaufen, und ein dünner Blutfaden lief neben seinem Knöchel heraus. Auf dem Boden bildete sich eine dickflüssige, klebrige Pfütze. »Wir sollten etwas wegen Ihrem Bein unternehmen«, meinte Nancy.
    »Habt ihr Abführmittel im Haus?«, fragte Hunt, dessen Kopf allmählich schwer wurde.
    »Du brauchst ein bisschen mehr als das«, erwiderte Roy. Der Baseballschläger lag auf der Arbeitsplatte auf der anderen Seite der Küche, und jedes Mal, wenn Hunt der Kopf auf die Brust sackte, schaute Roy kurz dorthin.
    »Geh das Abführmittel suchen«, sagte Hunt, an Thu gewandt, und fasste halb nach der Pistole auf dem Tisch. Er sprach nur halb verständlich, aber »Abführmittel« hatte er seiner Meinung nach einigermaßen deutlich herausbekommen.
    Thu sah Nancy an, und Nancy deutete mit einem Kopfnicken auf eine Tür, hinter der sich das Badezimmer befinden musste. »Die zweite links.« Sie sah zu, wie Thu aufstand. Wieder spürte Hunt, wie die Woge aus Übelkeit ihn traf. »Schauen wir uns das mal an«, entschied Nancy. »Ich bin Krankenschwester. Sie können mich doch wenigstens mal einen Blick darauf werfen lassen.«
    »Du solltest auf sie hören«, meinte Roy. Hunts Augen starrten sie mit trübem, glasigem Blick an. »Ist er tot?«, fragte Roy.
    »Nein«, antwortete Nancy. »Er atmet noch.«
    In der Ferne hörten sie eine Explosion, weit weg, und in der Stille, die in der Küche herrschte, hörte es sich an wie ein kurzes Platzen, wie das erste Maiskorn in der Mikrowelle. Roy und Nancy horchten, ob noch mehr kam, hörten jedoch nichts. Es konnte der Regen gewesen sein. Doch dann sahen sie zu Hunt hinüber und wussten, dass es nicht so war. Sie sahen sich an und lauschten. Nur die Nacht war zu hören, das gedämpfte Geräusch rauschender Meereswellen. Roy beugte sich über den Tisch und zog die Pistole unter Hunts Hand hervor. Hunt starrte ihn und Nancy weiter mit jenem leeren, glasigen Blick an. Er schien nicht mitbekommen zu haben, dass es eine Explosion gegeben hatte oder dass er nicht mehr Herr der Lage war.
    Im Kopf war Hunt bereits weg – ein Wochenende, das er und Nora vor zehn Jahren zusammen verbracht hatten, das Geräusch eines Kanus, das in einen Präriefluss geschoben wurde. Überall um sie herum hohes Gras, Ufer aus Felsen und Kieselsteinen, ein weiter Himmel über ihnen, so blau wie ein Rotkehlchenei. Diese Kleinigkeiten, halb Erinnerung, halb

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