Schreckensbleich
CIA-Agenten. Klein und leicht genug, um sie unauffällig am Körper zu tragen, die einzige serienmäßig hergestellte Handfeuerwaffe, die wirksam schallgedämpft werden konnte. In den Siebzigern war das die beliebteste Waffe für Mafia-Attentate. Ganze Mordserien haben in Kellern überall in Amerika stattgefunden, und die Nachbarn haben nichts gehört.«
Sowohl die Außentür von Zimmer 11 als auch die Verbindungstür zu Zimmer 12 waren aufgebrochen worden. Zwei Einschusslöcher befanden sich unmittelbar neben dem Schloss der Außentür. Die Innentür hatte sehr viel leichter nachgegeben; innen hohl und aus Holz gefertigt, das so leicht war wie Balsa, war sie glatt aus den Angeln gebrochen. Soweit Drake sich das Ganze erklären konnte, war die Frau in Zimmer 11 gewesen.
»Glauben Sie, sie hat’s geschafft?«, fragte er.
»Sie denken, sie hätte durch das Fenster da hinten gepasst?«
»Ich wüsste nicht mal, wo sie hätte draufsteigen können.«
»Ich sehe nirgends einen Pferdeanhänger.«
»Haben Sie einen Lincoln gefunden?«, erkundigte sich Drake bei dem Sheriff.
»Das Einzige, was wir gefunden haben, ist so’n kleiner Kombi da oben beim Büro.« Der Sheriff hielt eine kleine Tasche in der Hand und reichte sie Drake. »Das hier hat unterm Sitz gesteckt. Da sind ’n paar Bilder drin. Ist das die Lady, die Sie suchen?«
Drake durchsuchte die Tasche; ein Bild von zwei asiatischen Kindern, die neben einer jungen Vietnamesin standen. Er sah Driscoll an. »Das ist nicht die Frau, der ich vorgestern begegnet bin.«
»Auf wen ist der Kombi noch mal zugelassen?«, wollte Driscoll wissen.
»Auf einen Roy Clemson, draußen in Lummi.«
»Roy Clemson hört sich nicht nach unserer Lady an, und auch nicht nach Asiatin«, bemerkte Driscoll.
»Glauben Sie, das ist unser Auftragskiller?«, fragte Drake.
»Keine Ahnung«, erwiderte Driscoll. »Aber ich glaube, wir sollten lieber da rauffahren und uns mal mit ihm unterhalten.«
»Wenn ich mir diese beiden Leichen hier so ansehe, dann mache ich mir ja ein bisschen Sorgen, was wir wohl finden werden, wenn wir da oben ankommen.«
Drake ging zur Rückseite des Motels. Auf dem Kies waren breite Reifenspuren zu sehen, dieselben, die er auch im Schlamm am Silver Lake entdeckt hatte. Auf dem Boden fand er einen Kaffeebecher aus Pappe. Sie spielten hier Fangen, und er wusste es.
In der Kaffeebude bestellte Drake einen Kaffee. Die Frau dort drin sah aus, als wäre sie ungefähr in seinem Alter, vielleicht ein paar Jahre älter. »Gehört der Laden Ihnen?«, fragte Drake.
»Hab ihn vor knapp drei Jahren aufgemacht.«
»Und was für Geschäfte machen Sie so damit?«
Die Frau reichte ihm den Kaffee. »Meistens kommen Leute, die in die Berge raufwollen; im Winter sind’s mehr, wenn die Lifte aufmachen. Aber morgens kommen immer ’ne ganze Menge.«
»Hier kommen bestimmt nicht viele Leute anmarschiert und bestellen sich einen Kaffee.«
»Nein. Die meisten holen sich was vom Auto aus.«
»Waren Sie gestern Abend hier?«
»Nein«, sagte die Frau. Sie nahm ein Küchenhandtuch, um etwas verschütteten Kaffee neben der Kasse wegzuwischen. »Ich habe zwei Mädchen, die abends für mich übernehmen.«
»Glauben Sie, die wissen irgendwas darüber, was da drüben im Motel passiert ist?«
»Ich glaube, die wissen überhaupt noch nicht viel. Sind manchmal beide ein bisschen verträumt.«
»Wer hat gestern Dienst gehabt?«
Die Frau hielt inne und musterte ihn. »Gehören Sie zum Sheriff?«
»In gewisser Weise schon.«
»Und was für ’ne Weise ist das?«
»Falls Sie’s glauben können, man hat mir gesagt, das hier wäre Urlaub.«
»Schöner Urlaub.«
»Ja, so ungefähr hat meine Frau es auch ausgedrückt.«
»Soll ich dem Mädchen sagen, dass sie anrufen soll, wenn sie aus der Schule kommt?«
»Ja, ich will bloß mit ihr reden. Wir haben Aussagen von allen, die im Motel übernachtet haben, aber ich wüsste gern, ob sie irgendetwas gesehen hat.«
»Wir machen so um Sonnenuntergang rum zu. Ich weiß nicht, ob sie irgendwas von dieser Schweinerei da mitgekriegt hätte.«
Drake schrieb seine Handynummer auf und reichte sie der Frau. »Sagen Sie ihr, dass ich gern mit ihr sprechen würde.« Er bezahlte seinen Kaffee und bedankte sich bei der Frau.
***
In der Stadt kam der Regen jetzt in Wellen herunter, windgepeitschte Wasservorhänge, die wie Ozeanwogen die Straße heraufzogen. Die beiden Vietnamesen saßen in dem Lexus, einen halben Block von Gradys Haus entfernt. Der
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