Schreckensbleich
und stieß mit dem Fuß die Beine des Toten aus dem Weg, ehe er die Tür schloss. Dann schob er die Pistole in die Tasche und eilte fast im Laufschritt an Nora vorbei. Er hielt nicht inne, als er die Treppe erreichte, rannte einfach weiter. Mit dem Geräusch seines Atems auf der dunklen Kellertreppe über ihrem Kopf, kroch Nora auf den Winkel hinter den hölzernen Stufen zu. Sie schob sich in den Schatten und blieb in ihrem Versteck. Der tote Vietnamese lag zwischen ihr und der Tür. Sie hatte Angst, Furcht drängte sich so dicht in ihre Adern, dass sie sich nicht rühren konnte. Ihr Blick hatte den Toten auf dem Fußboden nicht losgelassen, das sickernde Blut und die Gehirnmasse auf dem Zement.
Oben an der Treppe öffnete Grady die Tür einen Spalt weit und spähte in die Küche hinaus. Er hörte Geflüster, konnte jedoch nicht sagen, aus welcher Richtung es kam. Vorsichtig richtete er sich auf und öffnete die Tür weit genug, um hindurchzuschlüpfen. Jenes Verlangen arbeitete bereits in ihm, die Schleusen weit offen, der Teufel ritt auf einem Wasserfall aus Blut und Feuer in die Tiefe hinab.
Den ersten Mann fand er gleich neben der Küchentür an die Wand gedrückt. Ohne ein Wort zog Grady ihm die dreißig Zentimeter lange Messerklinge über die Kehle und durchtrennte den Hals des Mannes fast bis zur Wirbelsäule. Blut, in glänzenden Strängen von der Wand zum Türrahmen, wie rotes Wachs, das von einer Kerze tropft. Grady fing den Leichnam auf und ließ ihn zu Boden gleiten. Die Schwere des Blutes auf Gradys Hemd, Lust, nass und warm, auf Gradys Haut.
Im vorderen Zimmer sah er die Haustür offen in den Angeln hängen und einen Schatten, der auf der Veranda wartete. Die billige Fliegentür lehnte lose am hölzernen Türrahmen. Grady stürmte darauf los, und die Tür schwang unter seinem Gewicht auf und klemmte den Mann auf der Veranda gegen die Hauswand. Grady stach so heftig auf ihn ein, dass sich das Messer mühelos durch das Maschengewebe der Fliegentür bohrte, durch Haut und Schädelknochen, auf der anderen Seite hervordrang und den Kopf des Mannes an die Holzverkleidung der Hauswand nagelte. Blut strömte unter Druck aus dem Kopf des Mannes und rann durch die Fliegentür.
Grady mühte sich gerade, den Messergriff wieder richtig zu fassen zu bekommen, als die ersten Kugeln die Veranda trafen. Er ließ sich zu Boden fallen. Holzsplitter und Blumenerde regneten auf ihn herab. Die Fenster hinter ihm zerbarsten und fielen ins Innere des Hauses. Nach dem, was er hören konnte, waren von der Straße her zwei Schusswaffen auf ihn gerichtet. Durch den stetig fallenden Regen war nichts deutlich zu hören; in dem trüben, dunstigen Licht konnte er lediglich dunkelgraue Umrisse ausmachen, die sich im Regen bewegten, und das Mündungsfeuer automatischer Waffen. Er hechtete durch die Tür zurück ins Haus.
Einen Schritt bevor er die Kellertür erreichte, traf ihn ein Schuss, glatt hindurch, an der Seite; Blut, weich und warm auf seiner Haut. Er öffnete die Kellertür und fiel nach unten.
***
Hunt machte einmal halt, um zu tanken; er zahlte bar und achtete darauf, dass sein zerschossenes Bein nicht zu sehen war. Er kaufte sich eine Tüte Erdnüsse, einen großen, über einem Elektrogrill am Spieß gebratenen Hotdog und eine Zweiliterflasche Cherry Coke. Im Fahren trank er mit einer Hand, klemmte sich die Flasche zwischen die Oberschenkel, wenn er den Deckel abdrehen wollte, und dann noch einmal, wenn er ihn wieder zuschrauben musste.
Er fuhr vorsichtig, hielt den Truck unter der Geschwindigkeitsgrenze. Er wusste, dass er sich dem Ende näherte; so oder so, bald würde alles vorbei sein. Dort draußen suchten Leute nach ihm. Er hatte von diesem Deputy Drake gelesen, der versuchte, ihn aufzuspüren. Hunt hatte seinen Vater gekannt, so alt wie er selbst. Einmal hatten sie zusammen ein Bier getrunken, bloß ein freundschaftliches Treffen, beide im selben Geschäft, im selben Gebiet tätig. Es war leicht zu erkennen, dass der Mann vorhatte, ihn zu vertreiben, und Hunt hatte ihm gesagt, dass es für ihn genauso leicht wäre, dasselbe zu tun.
Trotzdem, der Mann hatte ihm leidgetan, der Sohn im College, die Frau gestorben, Arztrechnungen und einen Jungen dreitausend Kilometer weit weg, um den er sich Sorgen machen musste. So etwas konnte Hunt verstehen. Er wusste, dass diese Leute es schwer hatten. Selbst nachdem er gehört hatte, dass der Sheriff wegen Schmuggels eingebuchtet worden war, war ihm klar, dass der Sohn nie
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