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Schrei der Nachtigall

Schrei der Nachtigall

Titel: Schrei der Nachtigall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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peinlich, in diesem Moment dort reinzuplatzen. Doch wenn Caffarelli ihn schon darum bat …

Samstag, 14.25 Uhr
    Matteo Caffarelli und Thomas Wrotzeck standen zusammen auf dem Flur und unterhielten sich.
    »Hallo, Herr Brandt«, wurde er von Caffarelli begrüßt, »das ist schön, dass Sie gekommen sind. Warten wir einen Augenblick, Frau Wrotzeck hat Allegra noch einiges zu sagen.«
    Thomas lehnte an der Wand. Er wirkte sichtlich aufgewühlt und sah Brandt irritiert an.
    »Herr Wrotzeck«, er reichte ihm die Hand, »ich möchte Ihnen nur sagen, wie sehr ich mich für Sie freue.«
    »Ich kann das noch gar nicht begreifen. Mein größter Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Aber das ist Herrn Caffarellis Verdienst.«
    »Nein, Thomas«, wehrte dieser bescheiden ab, »das ist nicht mein Verdienst. Allegra ist eine starke junge Frau.«
    »Hat sie schon irgendwas gesagt, ich meine, kann sie sprechen?«, fragte Brandt.
    »Es fällt ihr noch schwer, aber es wird sich nur noch um Tage handeln, bis ihre Stimmbänder wieder in Ordnung sind. Jetzt wird alles ganz schnell gehen«, sagte Caffarelli mit dem ihm eigenen Optimismus, der ihm offensichtlich angeboren war. Ein Optimismus, der Berge versetzt oder eine dem Tod geweihte junge Frau wieder ins Leben zurückgeführt hatte. Brandt bewunderte ihn dafür, für diesen unerschütterlichen Glauben an was auch immer. »Dr. Bakakis hat gesagt, sie wird wieder vollkommen genesen. Sie ist über den Berg, Herr Brandt«, berichtete er mit diesem Leuchten in den Augen, das ihn so sympathisch machte. »Allegra wurde vorhin untersucht, sie ist körperlich in sehr guter Verfassung.«
    »Weiß sie schon von dem Tod ihres Freundes?«
    »Sie weiß alles«, antwortete Caffarelli. »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass sie alles mitbekommen hat.«
    »Und, wie hat sie reagiert?«
    »Wie soll sie reagiert haben, wenn sie es doch schon wusste?«, entgegnete Caffarelli, worauf Brandt nichts mehr erwidern konnte. »Wir haben uns vorhin darüber unterhalten. Sie klang zwar traurig, aber sie hat mir … Nein, darüber möchte ich nicht sprechen.«
    Sie warteten fast zwanzig Minuten, bis Liane Wrotzeck herauskam, sichtlich gezeichnet von dem Erlebten und der Freude, ihre Tochter wiederzuhaben.
    »Herr Brandt«, sagte sie mit einem Lächeln, das er so bei ihr noch nicht gesehen hatte, »gehen Sie ruhig hinein, aber behalten Sie bitte noch für sich, dass Sie von der Polizei sind.«
    »Ja, das hatte ich auch vor. Herr Caffarelli, würden Sie mich begleiten?«
    »Gerne, wenn Sie es wünschen.«
    Sie betraten das Zimmer, Allegra hatte ihre großen smaragdgrünen Augen weit geöffnet und wirkte gar nicht so, als hätte sie über vier Monate im Koma verbracht. Und sie war noch viel hübscher als auf dem Foto, das sie mit ihrer Familie zeigte.
    »Setzen Sie sich doch«, sagte Caffarelli und deutete auf den Stuhl vor dem Bett, während er auf dem Stuhl am Bettende Platz nahm. Und an Allegra gewandt: »Das ist Herr Brandt, er hat dich auch schon ein paarmal besucht.«
    »Ich weiß, wer Sie sind«, sagte Allegra mit noch schwacher Stimme.
    Brandt schaute erst Allegra, dann Caffarelli fragend an. Er wusste nicht, was er darauf erwidern sollte.
    »Erinnern Sie sich, was ich Ihnen gesagt habe?« Caffarellis Augen blitzten auf.
    »Sie wissen, wer ich bin? Sie haben mich doch noch nie gesehen«, meinte Brandt verwundert. Doch ja, er erinnerte sich an die Worte von Caffarelli, der gesagt hatte, sie habe alles mitbekommen.
    »Ich habe Sie gesehen und gehört. Sie sind von der Polizei«, sagte sie lächelnd. Brandt schluckte schwer und sah Caffarelli hilflos an, der nur mit den Schultern zuckte.
    »Bleiben Sie noch einen Moment hier?«, fragte sie und legte ihre Hand auf seine.
    »Natürlich, wenn Sie es möchten«, erwiderte er und dachte: Was für eine bescheuerte Antwort, sie hat mich ja gerade darum gebeten.
    Sie fuhr sich mit der Zunge über die spröden Lippen und sah Brandt lange an.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte er, weil ihm nichts Besseres einfiel. Er saß hier am Bett einer ihm vollkommen fremden jungen Frau, die gerade aus einem viermonatigen Schlaf aufgewacht war. Er fühlte sich nicht sonderlich wohl in seiner Haut und er fürchtete, jedes Wort, das er sagte, könnte falsch sein.
    »Es geht mir gut«, antwortete sie. »Was machen Sie bei der Polizei?«
    »Ich bin Kriminalbeamter.«
    »Das ist schön. Sie sind nett, das habe ich schon beim ersten Mal gespürt. Kommen Sie morgen wieder?«
    »Gerne.«
    »Ich bin

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