Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)
Unternehmensentwicklung an der Qualität gearbeitet werden – der des Angebotes ebenso wie der der Bilanzzahlen. Die Kundenwünsche sollen, so Ritter, noch besser erfüllt werden, mit besserer Navigation auf der Seite, besserer Warenpräsentation und noch individuelleren Angeboten für jeden einzelnen Kunden. Und das am besten noch kostengünstiger für das Unternehmen, etwa durch die Senkung von Kostenfaktoren wie der Retourenquote.
Der Verkauf der Produktionsfirma zProductions an einen früheren Mitarbeiter im Juni 2013 – das Unternehmen erstellt die Produktseiten für Onlinehändler – war ein Schritt auf diesem Weg. Zalando wird weiterhin bei zProductions Aufträge platzieren, will aber im Rahmen des Erwachsenwerdens nicht mehr alle Dienstleistungen selber machen, die auch von außen zuzukaufen sind. Die Ex-Tochter soll jetzt stärker auch für andere Firmen arbeiten, was sich möglicherweise günstig auf die Preise auswirkt.
Auch wollen die Chefs an der Marke arbeiten: Nachdem 95 Prozent der Deutschen den Onlineshop Zalando kennen, »soll der Name künftig noch viel stärker für Modekompetenz stehen«, wünscht sich Ritter, und nicht mehr nur für Online-Klamottenhandel. Kollege Schneider drückt es noch deutlicher aus: »Wir wollen die Seite werden, die dem Kunden als erste einfällt, wenn er an Fashion und Lifestyle denkt.« Deshalb auch fährt man die Eigenmarkenstrategie, bei der Zalando nicht nur die Mode anderer verkauft, sondern selber Kollektionen in die Welt setzt. Schon jetzt ist Zalando nach Ritters Worten »die am häufigsten besuchte Fashion-Seite der Welt.« Der im Mai 2013 bezogene Standort an der Neuen Bahnhofstrasse in Berlin-Friedrichshain für die Eigenmarken und das Edellabel Emeza sieht mit seinen coolen schwarzen Wänden, den überdimensionalen schwarzweißen Modefotos, dem vielen Glas und seiner Weitläufigkeit auch schon deutlich mehr nach Fashionstandort aus als die Zentrale in Prenzlauer Berg.
Als Bestandteil der Entwicklung eines Nischen-Start-ups zum erwachsenen Unternehmen kann man auch den Beginn einer systematischen Öffentlichkeitsarbeit zählen. Sie hatte es bis weit ins Jahr 2011 bei Zalando nicht gegeben. Erst 2012 war die »Kein-Kommentar-Phase« wirklich beendet. »Wir merkten irgendwann, dass wir einfach zu groß geworden waren, um weiterhin unter dem Radar der Konkurrenz bleiben zu können.« sagt Ritter, »dabei war uns das bis dahin ganz angenehm gewesen. So wussten unsere Mitbewerber nicht immer genau, was wir gerade machten. Außerdem sind wir drei ohnehin nicht die Typen, die in die Öffentlichkeit drängen.«
Aber sie hatten gespürt, was passiert, wenn ein Unternehmen, das fast jeder kennt, nichts sagt: In einem solche Fall stehen dennoch Geschichten in der Zeitung oder in den Onlinediensten. Allerdings nicht immer nur solche, die komplett der Realität entsprechen. »Wir merkten, dass uns unsere Zurückhaltung und Bescheidenheit plötzlich als Arroganz ausgelegt wurde und Leute glaubten: Wenn die nichts sagen, müssen sie etwas zu verbergen haben.«
Andere hatten das schon erlebt. Lidl zum Beispiel, noch stärker der Textildiscounter KiK. Nicht auszuschließen, dass Karl-Erivan Haub, der an KiK und Zalando beteiligt ist, empfahl, sich zu öffnen, um nicht in dieselbe Imageschublade gesteckt zu werden. Auch Amazon tat sich keinen Gefallen, als die Deutschland-Zentrale Anfang 2013 so defensiv mit der heftigen Kritik an der Behandlung von Aushilfsmitarbeitern in der Logistik im vorangegangenen Weihnachtsgeschäft umgegangen war. Im Netz brach eine Protestwelle los. Langjährige Kunden wollten bei einem Unternehmen, das Mitarbeiter so schlecht behandelt, nicht mehr bestellen. Für Zalando jedoch war das Benchmark-Unternehmen Amazon in diesem Fall mal kein Vorbild. Die Entscheidung fiel stattdessen für mehr Offenheit.
Beim Aufbau der Pressestelle blieb Zalando seinem Selbermacher-Stil treu: Statt auf Nummer sicher zu gehen und einen Kommunikationsexperten zu suchen, der diese Öffnung bei einem anderen Unternehmen schon einmal erfolgreich erledigt hatte, funktionierte man den Logistikexperten Boris Radke zum Öffentlichkeitsmann um. Er war zuvor wesentlich an der Suche nach den geeigneten Lagerstandorten beteiligt und hatte jetzt Lust dazu, das Unternehmen aus der Sprachlosigkeit zu führen. Inzwischen arbeiten im Großraum seiner Abteilung zahlreiche Sprecherinnen und Sprecher mit den unterschiedlichsten Spezialisierungen, von Mode über Corporate bis zur
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