Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)
dem Erfolg der Discounter Aldi und Lidl zu tun. Um mehrere Ecken jedenfalls. Denn den Haubs gehörte die ewige Nummer drei am Markt der Billiganbieter, die Kette Plus. Irgendwann im Jahr 2008 war der Familie klar, dass sie mit dem Expansionstempo und der Finanzkraft von Aldi und Lidl nicht würden mithalten können. Also beschlossen sie, Plus zu verkaufen. Auf ähnliche Weise hatten sie sich zuvor schon von kd getrennt: Die Drogeriemarktkette spielte in Deutschland nur eine untergeordnete Rolle gegenüber den damaligen Platzhirschen Schlecker, dm und Rossmann. Haub verkaufte kd an den Branchendritten Rossmann. Für den Plus-Deal nun gab es zwei natürliche Interessenten: die Kölner Rewe, deren Discounter Penny als Nummer vier im Markt ebenfalls zu klein für eine erfolgreiche Zukunft war, und die Edeka aus Hamburg. Deutschlands größter Lebensmittelhändler besaß mit Netto Markendiscount einen der Zwerge der Branche, der noch hinter Penny rangierte. Welcher der beiden Handelskonzerne allerdings Plus dazubekäme, würde plötzlich bundesweit eine bedeutende Rolle im Discountmarkt spielen. Diese Situation wusste Haub zu nutzen: Geschickt trieb er die beiden Kontrahenten gegen einander, die sich nun ein spektakuläres Bietergefecht um Plus lieferten. Legendär ist die Szene, in der ein wegen des stetig steigenden Preises ärgerlicher Rewe-Chef Alain Caparros Plus-Verkäufer Haub sein Sakko vor die Nase hielt und bitter sagte: »Hier, nehmen Sie das auch noch!« Tat er aber nicht. Stattdessen verkaufte Haub Plus an Edeka, für den Traumpreis von weit mehr als einer Milliarde Euro.
Bis hierher hat die Geschichte noch wenig mit dem Onlinehandel oder gar Zalando zu tun. Abgesehen davon, dass Haub » plus.de « bei seinem höchst lukrativen Edeka-Deal nicht mit verkaufte, sondern behielt und selber betreiben wollte. »Ich wollte verstehen, wie dieser Onlinemarkt funktioniert«, sagte er. Denn er hatte bei seinen Kindern und deren Freunden gesehen, dass sie immer öfter im Internet Waren bestellten, statt in Läden zu gehen. Das schien mehr als eine kurzlebige Mode zu sein. Das roch nach einem Zukunftsmarkt. Und für so etwas hatten die Haubs schon immer eine Nase.
Unabhängig davon hatte Haub an der Otto-Beisheim-Hochschule WHU in Vallendar, dieser Elite-Uni für künftige Wirtschafts-Überflieger, einen Vortrag gehalten. Viele Jung-Manager, die später rund um den Berliner Firmenentwickler Rocket Internet und Zalando Furore machen sollten, haben hier studiert. Auch die Samwer-Brüder. Zalandos Ur-Geldgeber Oliver Samwer saß nach eigenen Worten im Publikum und hörte dem Gastdozenten Haub zu, der 140 Jahre Handelserfahrung seiner Familie verkörperte. Und, was auf keinen Fall weniger wichtig war, ein riesiges Vermögen.
Diese Kombination war für einen Firmenentwickler und Geldeintreiber wie Oliver Samwer gar zu verlockend. Er handelte: »Im Oktober 2009 habe ich beschlossen: Den Herrn Haub rufe ich an und frage ihn mal, ob er nicht ein Unternehmen für seine Kinder aufbauen möchte. Ich habe ihm gesagt: Ich denke, dass E-Commerce auf jeden Fall passieren wird. Und ich glaube nicht, dass Sie es mit ihrem Unternehmen alleine schaffen werden. Wollen Sie nicht auf ein zweites Pferd setzen?« (Oliver Samwer, Tengelmann e-day, 8. März 2013, Mülheim/Ruhr)
Samwer wollte Haub als Investor für Zalando, neben seinem eigenen Unternehmen Rocket Internet und Holtzbrinck Ventures. Und tatsächlich: Oliver und Marc Samwer überzeugten Haub, einen kleinen Teil seiner Plus-Milliarde in dieses Jungunternehmen zu stecken, deren Gründer tatsächlich glaubten, den Markt aufmischen zu können. Mit der seltsamen Idee, Schuhe über das Internet zu verkaufen.
Was trieb Haub dazu? »Da passiert etwas, da sollten wir dabei sein«, sagt er. »Und das, was die Samwers präsentierten, war vielversprechend, das konnte ich nachvollziehen.« (Haub, 27.05.13 Gespräch). Ob er bei seinen Überlegungen auch die früheren Fehler im Hause Tengelmann im Hinterkopf hatte, als man zu träge auf neue Trends in der Branche reagiert hatte? »Ich will mir nicht von der nächsten Generation irgendwann die Frage stellen lassen: Habt ihr nicht gemerkt, was da passiert?«, sagte er später.
Dass die jungen Herren den erfahrenen Familienunternehmer als bisher einzigen echten Einzelhandelsmann auf ihre Seite bekommen haben, dürfte nicht zuletzt an der starken USA-Orientierung der Familie gelegen haben. Die Haubs haben in Amerika lange die – zuletzt
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