Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern (German Edition)
das Arbeitsfeld jedes Mitarbeiters. Das ist nicht immer einfach. Aber da muss man durch, wenn man sein Unternehmen zukunftsfest machen will.« Toeller arbeitet daran, seinen zwei Jahrzehnte lang nur in Läden aktiven Konzern zum Crosschannel-Unternehmen zu machen, nachdem der Konkurrent zooplus.de schon seit Jahren das Onlinefeld beackert. Am Ende wird ihn die Schaffung der entsprechenden Infrastruktur nach eigenen Angaben mindestens 35 Millionen Euro und eineinhalb Jahre Arbeit gekostet haben. Dass er just nach dem erfolgreichsten Jahr der Firmengeschichte begonnen hatte, Fressnapf umzubauen, hat im Haus für manche Verwunderung gesorgt. Es lief doch alles toll, auch ohne hohe Onlineumsätze. »Aber um das Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich zu machen, ist es extrem wichtig, auf die grundlegenden Umwälzungen am Markt konsequent zu reagieren, selbst wenn man etwas spät dran ist. Wer jetzt immer noch nicht begriffen hat, wie wichtig der Onlinehandel und eine exzellente Verbindung von Online- und Offline-Geschäft ist, wird in Zukunft nicht erfolgreich sein.«
Ohne Frage sei es »verdammt schwierig und aufwändig, eine solche Crossschannel-Strategie zu installieren. Wenn man sie aber hinbekommt und die Filialen wie den Onlinehandel in all ihren Facetten beherrscht, hat man für die nächsten Jahre einen enormen Wettbewerbsvorteil, weil man die Kunden an seine Marke bindet. Denn die denken nicht in Kanälen, sondern suchen und erwarten Lösungen. Wenn sie diese nicht bekommen, kaufen sie woanders ein«, ist sich Toeller sicher.
Und nicht nur er: »Ein bisschen Online geht genauso wenig wie ein bisschen schwanger«, sagt Doktor Hudetz. Das jedoch ist für kleinere Unternehmen, die knapp bei Kasse sind, genau das Problem, das sie ins Dilemma stürzt: Die Investitionen in eine Onlinestrategie werden sich nicht innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre rechnen. Das Geld könnte kurzfristig effektiver eingesetzt werden. Doch wenn die Eigentümer das Geld nicht in eine Online-Präsenz investieren, ist der Onlineaffine Konkurrent schon hoffnungslos enteilt. Und sein Wettbewerbsvorteil an dieser Stelle hat sich abermals vergrößert.
»Es ist für mich erstaunlich und völlig unverständlich, dass stationäre Händler angesichts der schon vorhandenen Überkapazitäten an Ladenfläche von 30 Prozent weiterhin intensiv in immer mehr größere Filialen investieren«, sagt Kay Hafner, »vor allem mittelständische Hersteller investieren noch kräftig in die Ausweitung ihrer Handelsflächen, um schnelles Umsatzwachstum zu schaffen.« Immer noch schnappen sich Händler Standorte, die nicht wirklich perfekt zu ihnen passen – nur damit der Konkurrent, der ebenfalls Interesse hat, den Laden nicht bekommt. Und dann binden sie sich mit Mietverträgen, die fünf oder zehn Jahre laufen und machen sich selber unflexibel. Denn diese Läden vorzeitig zu schließen wäre viel zu teuer, weil ja – vom Personal ganz abgesehen – auf jeden Fall die hohen Mietkosten weiterlaufen würden, auch wenn schon gar keine Umsätze mehr hereinkämen. Das hat zur Folge, dass Läden in Deutschland – wahrscheinlich sind es Tausende – betrieben werden, die ihre Kosten nicht einspielen, sondern Monat für Monat am Kapital ihres Eigentümers knabbern.
Ein besonders gutes Beispiel für ein Unternehmen, das sich hervorragend vom Stationärhändler zum Multichannel-Anbieter entwickelt hat, ist der Premium-Anbieter mytheresa.com . Hier fühlen sich viele der teuersten Marken so gut aufgehoben, dass es sie sonst nirgends im Netz gibt, außer bei der Marke selber. Die Seite beweist, dass auch extrem teure Designer-Mode erfolgreich im Internet abzusetzen ist. mytheresa hat seinen Ursprung in einem Geschäft in der Münchener Innenstadt.
Ansonsten sind die Beispiele von stationären Händlern, die sich zu gut funktionierenden Hybriden entwickelt haben, eher rar gesät. Es ist wohl tatsächlich ziemlich schwierig, in zwei Vertriebsformaten gleichzeitig sehr gut zu sein. Vorne mit dabei ist seit Jahren schon die Outdoor-Kette Globetrotter. Die Hamburger Marke legt sich in ihren Filialen vorbildlich ins Zeug: Wo kann man schon Wildnesskleidung in der Kältekammer oder einen Regenschutz unter der Dusche ausprobieren, in welchem Laden lässt sich sonst ein Kanu zu Wasser lassen und testen? Bei Globetrotter geht das, viel mehr Event kann ein Laden kaum bieten. Und doch haben sie auch hier das Problem des »Beratungs-Diebstahls«. In der Globetrotter-Filiale
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