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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Seidel
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angesiedelt werden.
    Der kleinste Logistikstandort ist auch der älteste: Seit Herbst
2010 lässt Zalando im brandenburgischen Großbeeren vom niederländischen
Dienstleister Docdata auf 10 000 Quadratmeter von ebenfalls 1000 Mitarbeitern
Kartons verpacken und von DHL zustellen. Doch klein ist selbst hier relativ:
Wer vor diesen 50 oder 60 Meter langen, hallenhohen Stahlregalen steht, die mit
Abertausenden Schuhschachteln gefüllt sind, wähnt sich eher im Ankleidezimmer
eines Riesen statt am kleinsten Standort eines Onlinehändlers. Und die
Transportwägelchen, die stetig durch die Halle sausen, wirken dann wie des
Riesen Spielzeugeisenbahn.
    Eigentlich sind das hier zwei Betriebe. In einem Bereich der
Hallen in Großbeeren falten Mitarbeiter die hoch gestapelten, noch platten
Zalando-Kartons auf, füllen sie mit zumeist zwei oder drei Artikeln, legen die
Papiere und vielleicht noch einen Gutschein hinein, kleben sie zu, scannen den
Identifikations-Aufkleber und schieben die Kiste auf das Förderband, das einen
Lastwagen nach dem anderen mit den Kartons befüllt. Und nebenan, sozusagen im
zweiten Betrieb, läuft das Ganze rückwärts ab. Hier bekommt man einen
plastischen Eindruck davon, was die sperrige Kennzahl »Retourenquote« im
richtigen Leben bedeutet – und eine Ahnung dessen, was ein Unternehmen
einsparen kann, wenn es in der Lage ist, diese Quote zu senken.
    Aus den Lkw kommen per Förderband die Pakete, denen man schon
von außen ansieht, dass sie von Leuten verschlossen und verklebt wurden, die
das nicht jeden Tag tun, von den Kunden nämlich. Die Mitarbeiterin am
Retourenarbeitsplatz scannt den Strichcode des Kartons. Während die Frau die
Rücklieferung öffnet, erscheint auf dem Computerbildschirm vor ihrer Nase ein
Bild des Produktes, das drin sein sollte. Die Mitarbeiterin vergleicht und
kontrolliert, ob es sich wirklich um den richtigen Artikel handelt, stellt ihn
zur Seite, scannt wieder und macht sich anschließend über die nächste Retoure
her. Und immer so weiter. Wie viele Artikel eine Mitarbeiterin pro Stunde
bearbeiten muss, weiß DocData-Chef Michiel Alting von Geusau angeblich gerade
nicht.
    An den Einpackstationen sind es rund 50 bis 60, ist später zu
erfahren. Was passiert, wenn jemand die Quote nicht schafft? »Dann sprechen wir
mit den Leuten und setzen sie notfalls an andere Arbeitsplätze um«, sagt von
Geusau. Gehaltsabzüge gebe es nicht, allerdings auch keine Boni, falls sein
Mitarbeiter schneller sein sollte.
    Schließlich wird bei jeder Retoure kontrolliert, in welchem
Zustand der zurückgeschickte Artikel ist: Unversehrt? Dann wird er wieder
verpackt und später an den nächsten Besteller verschickt. Artikel mit Schäden
oder Gebrauchsspuren – Kunden »testen« die Ware schon mal längere Zeit im
Alltag – müssen aufgearbeitet oder mit Preisabschlag verkauft werden. Manche
allerdings sind überhaupt nicht mehr zu verkaufen. So etwas ist für Zalando die
schlimmste aller denkbaren Retouren, nämlich die teuerste. »Es stellt sich die
Frage: Wie viel kann man von den Retouren noch zum vollen Preis verkaufen, wie
viel zum reduzierten und wie viel gar nicht?«, sagt Escada-Chef Bruno Sälzer.
Doch genau das, was andere Händler so sehr interessiert, verrät Zalando nicht.
    In einem der Gänge steht ein zur Hälfte mit lädiert wirkenden Kartons
gefüllter Wagen mit der Aufschrift »Klärfall«. Das sind Retouren, bei denen
etwas nicht stimmt. Vielleicht fehlt der EAN-Code zur Identifizierung. Die muss
dann aufwändig von einem Mitarbeiter geklärt werden. Manchmal schicken Kunden
Produkte als Retoure an Zalando, die sie bei H&M oder anderswo gekauft
hatten. Auch das treibt die Kosten.
    Hier wird 24 Stunden am Tag gearbeitet, in drei Schichten. Die
Hinweisschilder auf dem Gelände sind zumeist zweisprachig, deutsch und
polnisch. Denn viele der Mitarbeiter kommen aus Polen, mit Einheimischen allein
würde der Betrieb nicht laufen. Und Berliner, heißt es, kommen nicht raus nach
Großbeeren, um Pakete zu packen. Polen dagegen schon. Sie pendeln oft in
Fahrgemeinschaften täglich hin und her, 150 Kilometer. So wie die 34-jährige
Magdalena. Sie spricht beide Sprachen, hat sich zur »Kontrolleurin«
hochgearbeitet, jetzt betreut sie zwei bis drei Landsleute an den Bändern und
zwischen den Regalen. »Das ist gutes Geld für uns«, sagt sie über die
Bezahlung. Angeblich ist es trotz des niedrigen Lohnlevels bis zu dreimal so
viel wie zu Hause. Docdata zahlt zumeist kaum mehr als

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