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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Seidel
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Einzelhandel der neuesten Generation kommt in der Schweiz
ausgerechnet eine jahrhundertealte Besonderheit entgegen: der Milchkasten. Er
befindet sich unterhalb des normalen Briefkastens und bot einst, oftmals abschließbar,
Platz für die Milchflaschen. Jetzt kann ihn der Postbote prima zum Hinterlassen
des Schuhkartons nutzen, wenn der Adressat nicht zu Hause ist. Bei Retouren
geht es umgekehrt: Der Kunde hinterlässt das Paket im Milchkasten, der Postmann
nimmt es wieder mit. »Das ist die zur Zeit bestmögliche Lösung für uns«, freut
sich Rief. Dummerweise hat längst nicht jeder Schweizer einen Milchkasten.
    Die Schweizerische Post arbeitet sogar an neuen Angeboten: Der
Kunde kann eine SMS bekommen, in der ihm das Zeitfenster genannt wird, in dem
sein Paket eintreffen wird. Sogar die Paketzustellung am Samstag wird erwogen,
was es bisher in der Schweiz nicht gab.
    Der Lohn der Arbeit jenseits der schnellen Standard-Lösung war
– neben den zusätzlichen Umsätzen – gerade eineinhalb Jahre nach dem Start im
Mai 2013 der Sieg beim »Swiss E-Commerce Award«, wo zalando.ch gegen 124
Konkurrenten die Kategorie »Fashion & Accessoires« gewann: »Zalando
überzeugt in der gesamten Breite des E-Commerce und eben nicht nur im Marketing,
wie oft neidvoll ausgeführt wird. Auch die Nutzerführung, die beeindruckenden
Filter- und Suchmöglichkeiten, die rechtlichen Bestimmungen, die
allgegenwärtigen und sehr geschickt eingesetzten Vertrauenselemente wie auch
der Best-Practice Checkout dürfen gerne als Referenzwerte im Schweizer
E-Commerce angesehen werden,«, heißt es in der Laudatio der Jury.
    ( http://www.computerworld.ch/news/it-branche/artikel/swiss-e-commerce-award-zalando-gewinnt-63350/25052013 ).
    Allerdings gab es auch Kritik von Medien und
Verbraucherschützern: Der Versender würde für seine Schweizer Kunden mehr als
nötig auf die deutschen Endverbraucherpreise aufschlagen, hieß es. Zalando
entgegnete, der Aufschlag läge im unteren Korridor dessen, was in der Branche
üblich sei.
    Expansionsprojekte wie das in der Schweiz sind am Anfang
besonders aufwändig. Dass das frühe Abstecken der Claims im
Online-Fashionhandel viel Geld verschlingt, konnte man überdeutlich am Ergebnis
erkennen. 2011 lag die von Zalando angegebene Rendite auf Basis des
Vorsteuerergebnisses Ebit bei minus zwölf Prozent. Das war zwar schon deutlich
besser als das Vorjahres-Minus von 15 Prozent, aber immer noch sehr weit weg
von der Gewinnzone. Betrachtet man die Entwicklung in Euro, ist die Tendenz
umgekehrt: der Jahresverlust stieg von gut 20 Millionen auf 61 Millionen Euro –
allerdings auch bei überproportional gestiegenem Umsatz. Aber, so sagt
Geschäftsführer Ritter, die Politik der schnellen Expansion mit hohen
Investitionen sei ohne Alternative gewesen: »Uns war klar: Wenn wir das
Wachstum in diesem Tempo fortsetzen wollten, mussten wir stark in unsere
Struktur investieren. Vor allem auch in eigene Logistik. Denn die wollten wir
weitgehend anpassen und selbst stemmen. Wir verstehen sie als ein Kernelement
des Onlinehandels«, sagt Rubin Ritter. Und so begann ein sehr kleines Kernteam
von Zalando-Leuten, sich mit dem für sie neuen Thema Logistik zu beschäftigen,
sich Standorte anzuschauen und schließlich Konzepte für Logistikzentren zu
entwickeln, wie es sie in Europa zuvor kaum gegeben hatte. Die Investoren, die
Zalando bisher als ein sogenanntes asset light-Unternehmen – also eines, das in
erster Linie aus seinem operativen Geschäft besteht, sich aber nur wenige
Kapital bindende Infrastrukturstandorte oder Immobilien ans Bein bindet –
betrachtet hatten, hätten sich sehr leicht überzeugen lassen, dass selber
betriebene Logistik-Standorte sinnvoll sind – auch wenn sie Geld kosteten, sagt
der Geschäftsführer. »Unsere Investoren wussten sehr genau, dass sich diese
Investitionen erst in ein paar Jahren auszahlen werden«, so Ritter.
    Unter anderem das riesige ehemalige Lager des untergegangenen
Versenders Quelle in Leipzig, einst mit viel Pomp als eines der
wirtschaftlichen Symbole der deutschen Einheit von Kanzler Helmut Kohl
eingeweiht, hatten die Zalando-Leute daraufhin begutachtet und für unbrauchbar
befunden: zu unflexibel für die moderne Art des Versandhandels, meinten sie.
Genau zu diesem Entschluss waren zuvor auch schon andere Onlinehändler
gekommen.
    In Brieselang bei Berlin indes fand sich ein Lager, das besser
geeignet schien: Nicht einmal ein halbes Jahr nach dem Beschluss, selber in

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