Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
klassischen Claim-Absteckens verbrannte
Zalando Geld. In Deutschland, Österreich und der Schweiz – mit den Abkürzungen
vom Auto-Schildchen DACH abgekürzt – dagegen schrieb das Unternehmen nach
eigenen Angaben bereits erstmals eine schwarze Null und verbrannte demnach
keinen einzigen Euro mehr. Hier, in den »älteren« Zalando-Märkten, wenn man die
Schweiz mal mit dazurechnet, ging es schon nicht mehr nur um das Besetzen des
Marktes, hier wurden die Systeme bereits stärker auf Dauerhaftigkeit und
Effizienz getrimmt.
»Jetzt geht es darum, unsere Systeme zu optimieren und den
Service in den Ländern sinnvoll zu verbessern. Es geht nicht mehr in erster
Linie darum, in noch mehr Ländern mit einem Shop vertreten zu sein«, beschreibt
Ritter das Erwachsenwerden seines Unternehmens. Statt der Brutal-Expansion in
die Breite soll in der nächsten Phase der Unternehmensentwicklung an der
Qualität gearbeitet werden – der des Angebotes ebenso wie der der Bilanzzahlen.
Die Kundenwünsche sollen, so Ritter, noch besser erfüllt werden, mit besserer
Navigation auf der Seite, besserer Warenpräsentation und noch individuelleren
Angeboten für jeden einzelnen Kunden. Und das am besten noch kostengünstiger
für das Unternehmen, etwa durch die Senkung von Kostenfaktoren wie der Retourenquote.
Der Verkauf der Produktionsfirma zProductions an einen früheren
Mitarbeiter im Juni 2013 – das Unternehmen erstellt die Produktseiten für
Onlinehändler – war ein Schritt auf diesem Weg. Zalando wird weiterhin bei
zProductions Aufträge platzieren, will aber im Rahmen des Erwachsenwerdens
nicht mehr alle Dienstleistungen selber machen, die auch von außen zuzukaufen
sind. Die Ex-Tochter soll jetzt stärker auch für andere Firmen arbeiten, was
sich möglicherweise günstig auf die Preise auswirkt.
Auch wollen die Chefs an der Marke arbeiten: Nachdem 95 Prozent
der Deutschen den Onlineshop Zalando kennen, »soll der Name künftig noch viel
stärker für Modekompetenz stehen«, wünscht sich Ritter, und nicht mehr nur für
Online-Klamottenhandel. Kollege Schneider drückt es noch deutlicher aus: »Wir
wollen die Seite werden, die dem Kunden als erste einfällt, wenn er an Fashion
und Lifestyle denkt.« Deshalb auch fährt man die Eigenmarkenstrategie, bei der
Zalando nicht nur die Mode anderer verkauft, sondern selber Kollektionen in die
Welt setzt. Schon jetzt ist Zalando nach Ritters Worten »die am häufigsten
besuchte Fashion-Seite der Welt.« Der im Mai 2013 bezogene Standort an der
Neuen Bahnhofstrasse in Berlin-Friedrichshain für die Eigenmarken und das
Edellabel Emeza sieht mit seinen coolen schwarzen Wänden, den überdimensionalen
schwarzweißen Modefotos, dem vielen Glas und seiner Weitläufigkeit auch schon
deutlich mehr nach Fashionstandort aus als die Zentrale in Prenzlauer Berg.
Als Bestandteil der Entwicklung eines Nischen-Start-ups zum
erwachsenen Unternehmen kann man auch den Beginn einer systematischen
Öffentlichkeitsarbeit zählen. Sie hatte es bis weit ins Jahr 2011 bei Zalando
nicht gegeben. Erst 2012 war die »Kein-Kommentar-Phase« wirklich beendet. »Wir
merkten irgendwann, dass wir einfach zu groß geworden waren, um weiterhin unter
dem Radar der Konkurrenz bleiben zu können.« sagt Ritter, »dabei war uns das
bis dahin ganz angenehm gewesen. So wussten unsere Mitbewerber nicht immer
genau, was wir gerade machten. Außerdem sind wir drei ohnehin nicht die Typen,
die in die Öffentlichkeit drängen.«
Aber sie hatten gespürt, was passiert, wenn ein Unternehmen,
das fast jeder kennt, nichts sagt: In einem solche Fall stehen dennoch
Geschichten in der Zeitung oder in den Onlinediensten. Allerdings nicht immer
nur solche, die komplett der Realität entsprechen. »Wir merkten, dass uns
unsere Zurückhaltung und Bescheidenheit plötzlich als Arroganz ausgelegt wurde
und Leute glaubten: Wenn die nichts sagen, müssen sie etwas zu verbergen
haben.«
Andere hatten das schon erlebt. Lidl zum Beispiel, noch stärker
der Textildiscounter KiK. Nicht auszuschließen, dass Karl-Erivan Haub, der an
KiK und Zalando beteiligt ist, empfahl, sich zu öffnen, um nicht in dieselbe
Imageschublade gesteckt zu werden. Auch Amazon tat sich keinen Gefallen, als
die Deutschland-Zentrale Anfang 2013 so defensiv mit der heftigen Kritik an der
Behandlung von Aushilfsmitarbeitern in der Logistik im vorangegangenen
Weihnachtsgeschäft umgegangen war. Im Netz brach eine Protestwelle los.
Langjährige Kunden wollten bei einem
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