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Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern

Titel: Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hagen Seidel
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Unternehmen, das Mitarbeiter so schlecht
behandelt, nicht mehr bestellen. Für Zalando jedoch war das
Benchmark-Unternehmen Amazon in diesem Fall mal kein Vorbild. Die Entscheidung
fiel stattdessen für mehr Offenheit.
    Beim Aufbau der Pressestelle blieb Zalando seinem
Selbermacher-Stil treu: Statt auf Nummer sicher zu gehen und einen
Kommunikationsexperten zu suchen, der diese Öffnung bei einem anderen
Unternehmen schon einmal erfolgreich erledigt hatte, funktionierte man den
Logistikexperten Boris Radke zum Öffentlichkeitsmann um. Er war zuvor
wesentlich an der Suche nach den geeigneten Lagerstandorten beteiligt und hatte
jetzt Lust dazu, das Unternehmen aus der Sprachlosigkeit zu führen. Inzwischen arbeiten
im Großraum seiner Abteilung zahlreiche Sprecherinnen und Sprecher mit den
unterschiedlichsten Spezialisierungen, von Mode über Corporate bis zur
politischen Kommunikation.
    Die Präsentation der Geschäftszahlen im Februar 2013 war bisher
die wohl aufmerksamkeitsträchtigste Aktion der Kommunikatoren: Erstmals
stellten sich die Geschäftsführer Zalandos den Fragen von – wenigen
ausgewählten – Journalisten. Um die Zahlen zu erklären und »einzuordnen«, wie
das so schon in der Sprache der Kommunikatoren heißt. Wie beispielsweise
Tengelmann verrieten sie nicht alle Zahlen, vor allem schwiegen die sich über
Details des Ergebnisses und den Zeitpunkt aus, an dem das Unternehmen Geld verdienen
will. Dass die Medien trotz des starken Wachstums, der schwarzen Null in der
DACH-Region und der hohen Eigenkapitalquote vor allem auf die Verluste und die
hohe Retourenquote abhoben, ärgerte viele Führungskräfte, auch wenn sie das
nicht laut sagen. Anfang 2014 wollen Radke und seine Geschäftsführer-Kollegen
in ähnlicher Form die Zahlen des Jahres 2013 vorstellen.
    Der deutsche Online-Schuhhändler aus der Startphase im Oktober
2008 jedenfalls ist Zalando fünf Jahre später nicht mehr. »Heute verstehen wir
uns als europäisches E-Commerce-Unternehmen für Fashion und Lifestyle«, sagt
David Schneider. Und die ursprüngliche Zielgruppe hat sich von der Frau
zwischen 25 und 45 Jahren ebenfalls erweitert, vom Teenie bis zur Rentnerin.
Jeder vierte Besteller ist inzwischen ein Mann.
    2
 
Fremde Welten
Oder:
Zalando trifft Tengelmann
     
    Dass sich diese beiden so unterschiedlichen Charaktere und
Historien jemals treffen und gemeinsam Geschäfte machen würden, konnte nun
wirklich kein Mensch ahnen: Auf der seinen Seite die jugendlich wirkenden
Welteneroberer Marc, Oliver und Alexander Samwer, die aus Ideen anderer mit
sehr viel Entschlossenheit, fast schon Brutalität, mit Wachstumswillen und
schier grenzenloser Selbstüberzeugung und Akribie, aber mit wenig Respekt vor
Traditionen und sogenannten »no gos« als Neulinge in der Branche den Einzelhandel
aufrollen wollen. Lieber heute als morgen. Und nicht nur in Deutschland und
nicht nur in Europa, sondern gleich in der ganzen Welt – oder jedenfalls in den
Teilen, in denen es bereits starke Kaufkraft gibt oder doch mutmaßlich in den
kommenden Jahren geben wird. Und auf der anderen Seite Karl-Erivan W. Haub,
Spross einer der reichsten Familien Deutschlands, Chef des 1867 gegründeten
Handels-Imperiums in fünfter Generation, zu dem neben der Supermarktkette
Kaiser’s/Tengelmann Beteiligungen an der Baumarktkette Obi und den Discountern
KiK sowie TeDi gehören, lange Zeit auch noch die Drogeriemarktkette kd und der
Discounter Plus. Klassischer Einzelhandel also und deshalb nicht so wahnsinnig
aufregend. Haub ist konservativ und vorsichtig, schließlich hatte er das
Unternehmen im Jahr 2000 in einer Situation von seinem Vater übernommen, als es
kurz vor dem Ende stand. So etwas prägt. Zu wenig hatten die
Verantwortungsträger des Familienkonzerns bis dahin auf Veränderungen im Markt
reagiert, zu sehr auf die Ewigkeitswerte bisheriger Erfolgsfaktoren und die
eigenen Fähigkeiten vertraut. So ähnlich wie die Manager vieler anderer
langjähriger Erfolgsunternehmen damals, etwa die von KarstadtQuelle oder
C&A. Dabei waren es einst die Tengelmänner, die in den Fünfzigerjahre –
durchaus innovativ – als erste das amerikanische Prinzip des
Selbstbedienungsladens in Deutschland etablierten, in München. Doch das war
lange her.
    Haub Junior hatte um die Jahrtausendwende große Teile seines
Unternehmens verkaufen müssen, um den Rest überlebensfähig zu halten. Deshalb
auch investierten die Haubs in der Dotcom-Blase rund um das Jahr 2000 kein Geld
in

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