Schrei vor Glück: Zalando oder shoppen gehen war gestern
allerdings schon. Denn das braucht
keine teure Fläche in der Innenstadt.
»Wer diesen Trend verpasst hat, wird schon bald ein großes
Problem haben«, glaubt Deichmann-Manager Hackel. Auch sein Unternehmen kommt,
wie Esprit und C&A, aus der Tradition des Stationären und hat sich Stück
für Stück die Welt des Virtuellen erschlossen. Einfach sei das nicht gewesen.
»Das Onlineshoppen verändert praktisch alles, was wir Händler bisher gemacht
haben, von der Produktpräsentation über Werbung, Marketing und den eigentlichen
Verkaufsvorgang bis hin zur Abrechnung. Wir haben mit der Hinwendung zum
E-Commerce viele Prozesse auf den Prüfstand gestellt.«
Noch deutlicher sagt es Torsten Toeller, Gründer und Chef der
Tierbedarfskette Fressnapf: »Eine solche Neuausrichtung lässt im Unternehmen
keinen Stein auf dem anderen. Die Veränderungen betreffen das Arbeitsfeld jedes
Mitarbeiters. Das ist nicht immer einfach. Aber da muss man durch, wenn man
sein Unternehmen zukunftsfest machen will.« Toeller arbeitet daran, seinen zwei
Jahrzehnte lang nur in Läden aktiven Konzern zum Crosschannel-Unternehmen zu
machen, nachdem der Konkurrent zooplus.de schon seit Jahren das
Onlinefeld beackert. Am Ende wird ihn die Schaffung der entsprechenden
Infrastruktur nach eigenen Angaben mindestens 35 Millionen Euro und eineinhalb
Jahre Arbeit gekostet haben. Dass er just nach dem erfolgreichsten Jahr der
Firmengeschichte begonnen hatte, Fressnapf umzubauen, hat im Haus für manche
Verwunderung gesorgt. Es lief doch alles toll, auch ohne hohe Onlineumsätze.
»Aber um das Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich zu machen, ist es extrem
wichtig, auf die grundlegenden Umwälzungen am Markt konsequent zu reagieren,
selbst wenn man etwas spät dran ist. Wer jetzt immer noch nicht begriffen hat,
wie wichtig der Onlinehandel und eine exzellente Verbindung von Online- und
Offline-Geschäft ist, wird in Zukunft nicht erfolgreich sein.«
Ohne Frage sei es »verdammt schwierig und aufwändig, eine
solche Crossschannel-Strategie zu installieren. Wenn man sie aber hinbekommt
und die Filialen wie den Onlinehandel in all ihren Facetten beherrscht, hat man
für die nächsten Jahre einen enormen Wettbewerbsvorteil, weil man die Kunden an
seine Marke bindet. Denn die denken nicht in Kanälen, sondern suchen und
erwarten Lösungen. Wenn sie diese nicht bekommen, kaufen sie woanders ein«, ist
sich Toeller sicher.
Und nicht nur er: »Ein bisschen Online geht genauso wenig wie
ein bisschen schwanger«, sagt Doktor Hudetz. Das jedoch ist für kleinere
Unternehmen, die knapp bei Kasse sind, genau das Problem, das sie ins Dilemma
stürzt: Die Investitionen in eine Onlinestrategie werden sich nicht innerhalb
der nächsten zwei bis drei Jahre rechnen. Das Geld könnte kurzfristig
effektiver eingesetzt werden. Doch wenn die Eigentümer das Geld nicht in eine
Online-Präsenz investieren, ist der Onlineaffine Konkurrent schon hoffnungslos
enteilt. Und sein Wettbewerbsvorteil an dieser Stelle hat sich abermals
vergrößert.
»Es ist für mich erstaunlich und völlig unverständlich, dass
stationäre Händler angesichts der schon vorhandenen Überkapazitäten an
Ladenfläche von 30 Prozent weiterhin intensiv in immer mehr größere Filialen
investieren«, sagt Kay Hafner, »vor allem mittelständische Hersteller
investieren noch kräftig in die Ausweitung ihrer Handelsflächen, um schnelles
Umsatzwachstum zu schaffen.« Immer noch schnappen sich Händler Standorte, die
nicht wirklich perfekt zu ihnen passen – nur damit der Konkurrent, der
ebenfalls Interesse hat, den Laden nicht bekommt. Und dann binden sie sich mit
Mietverträgen, die fünf oder zehn Jahre laufen und machen sich selber
unflexibel. Denn diese Läden vorzeitig zu schließen wäre viel zu teuer, weil ja
– vom Personal ganz abgesehen – auf jeden Fall die hohen Mietkosten
weiterlaufen würden, auch wenn schon gar keine Umsätze mehr hereinkämen. Das
hat zur Folge, dass Läden in Deutschland – wahrscheinlich sind es Tausende –
betrieben werden, die ihre Kosten nicht einspielen, sondern Monat für Monat am
Kapital ihres Eigentümers knabbern.
Ein besonders gutes Beispiel für ein Unternehmen, das sich
hervorragend vom Stationärhändler zum Multichannel-Anbieter entwickelt hat, ist
der Premium-Anbieter mytheresa.com . Hier fühlen sich viele der teuersten Marken so
gut aufgehoben, dass es sie sonst nirgends im Netz gibt, außer bei der Marke
selber. Die Seite beweist, dass auch extrem
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