Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
ernst. Ein Mordfall im Kulturmilieu, der Schriftsteller Guido Bär ist tot. – Echt? Persönlich? – Dann bis gleich.“ Der gute alte Cuno von Ottenfels, ehemaliger Präsident des Aargauer Kuratoriums, war ein Informant, wie ihn sich jeder Zeitungsmensch wünschte: exzellent vernetzt, überall anerkannt und respektiert, und mit einem formidablen Gedächtnis. Aber auch bei von Ottenfels gab es nichts gratis; Steff wusste, dass er den Bordeaux gelegentlich in anderer Währung zurückzahlen musste. Aber so funktionierte das Tauschgeschäft in seinem Business: Informationen gegen Gerüchte, Vermutungen gegen Fakten, ein offenes Ohr gegen einen kostbaren Rotwein.
Marina sass in einem der bequemen Ohrensessel in Nicks Wohnung, die vor Maggie Truningers kritischem Blick keine Gnade mehr fanden. Die Innenarchitektin hatte gequält gelächelt, als Nick darauf bestand, diesen Begleitern seines bisherigen Lebens auch weiterhin einen Platz im Haus einzuräumen; zumindest neu polstern und überziehen müsste man sie, auch wenn die Form alles andere als zeitgemäss sei. Man müsse vorsichtig sein bei der Kombination von alten und neuen Möbeln, es passe nicht alles zusammen.
Das letzte Wort war noch nicht gesprochen, aber Marina hatte sich geschworen, nicht über diese Dinge zu streiten. Sie konnte gut mit den alten Sesseln leben, und zu einem neuen, etwas helleren Stoff hatte ihr Liebster bereits halbwegs ja gesagt.
Plötzlich hörte sie im Radio den 'September Blues' von Chris Rea, ein Lied, das sie ohne Vorwarnung in die Vergangenheit versetzte. Ein Abschied mit Tränen, bei dem Herz und Verstand in Einklang waren darüber, dass er sein musste; der bittersüsse Verzicht, die damit verbundene Nostalgie – und die Gewissheit, dass Nick Baumgarten der richtige Mann für sie war, nicht Andrew Ehrlicher. 'I'll be alright, though I may cry' drückte die ganze Mischung von Emotionen aus, denen Marina sich ausgeliefert hatte, als sie Hals über Kopf nach St. Martin gereist war, um auszubrechen aus ihrem Leben. Vorbei, dachte sie, und ich weiss, dass ich nicht mehr auf diese Weise Veränderung suchen muss. Vielmehr lag ihre Herausforderung darin, andere Aspekte ihres Lebens neu zu gestalten, jetzt da sie und Nick zusammen wohnen wollten. Weniger arbeiten, aber wie? Das Geschäft verkaufen, aber an wen? Etwas ganz Neues anfangen, aber was? Jedenfalls war Reflexion angesagt, und Gedankenaustausch mit Nick. Er liebte es, sich mit ihrer gemeinsamen Zukunft auseinander zu setzen; er nannte die Gespräche darüber 'Seminare'. Auf einem Spaziergang, beim Kochen, bei einem Glas Wein liessen sich die wichtigen Dinge des Lebens besprechen, diskutieren, analysieren. Er vertraute darauf, dass ihre Gespräche früher oder später zu einer Lösung führen würden, und Marina begann langsam auch daran zu glauben. Allein drehte sie sich oft im Kreis, zu zweit konnte man die gedanklichen Endlosschlaufen unterbrechen. Und dazu eigneten sich Nick Baumgartens Waldspaziergänge in der Umgebung viel besser als Andrew Ehrlichers ruheloses Luxusleben.
„Hallo, mein Herz“, rief es aus dem Korridor, ein Schlüsselbund wurde in die Schale auf der Kommode geworfen, der Mann ihrer zweiten Lebenshälfte stand unter der Tür. „Du passt wunderbar zu meinem Haus“, scherzte er und beugte sich über sie. Ein inniger Kuss, dann streckte er sich genüsslich. „Hast du keinen Hunger?“ Ohne ihre Antwort abzuwarten ging er mit grossen Schritten durch den offenen Raum Richtung Küche.
„Ich habe einen Fenchelsalat vorbereitet, und wir haben ein ganz frisches Brot und verschiedene Sorten Käse. Ich hatte keine Lust, etwas Anspruchsvolleres zu kochen.“ Marina erhob sich aus dem Sessel und folgte Nick. „Und abgesehen davon wusste ich nicht, wann du nach Hause kommen würdest. Seid ihr schon weiter?“
„Wir stehen immer noch am Anfang, und irgendwie bin ich nicht zufrieden mit den Spuren, die wir haben.“ Er schüttelte den Kopf. „Pfister hat sich auf Beniak eingeschossen weil er schwul ist, Angela ist mit Steff Schwager in ein gefährliches Fahrwasser geraten, und Gody Kyburz fürchtet sich vor den Journalisten. Nur Urs Meierhans bleibt neutral und hält sich an die Fakten.“ Er atmete tief durch. „Aber jetzt ist Feierabend, Liebes, und die wichtigste Frage im Moment lautet, welcher Wein denn am besten zum Käse passen könnte. Darf es ein Nebbiolo sein?“
Er ging hinunter in den Keller, während Marina Brot aufschnitt, eine Schale mit
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