Schritte im Schatten (German Edition)
Frankreich, in Deutschland spielten. Einige von ihnen halte ich für gut. Andere taugen nicht viel. Wenn man die Art von Schriftstellerin ist, die ich bin – das heißt, eine, die den Prozess des Schreibens dazu benutzt, um herauszufinden, was sie denkt und sogar was sie ist –, dann ist es eindeutig unehrlich, die Trittleiter umzustürzen, auf der man hinaufgestiegen ist, aber ich wäre trotzdem glücklich, wenn einige der Erzählungen, die ich geschrieben habe, verschwinden würden. Dennoch gibt es Leute, die diejenigen mögen, von denen ich selbst nichts halte. Ist es nicht eine Form von Verachtung, wenn man sich das fortwünscht, was andere Leute bewundern? Ich wäre glücklich, wenn ich so wäre wie jene Dichter, die am Ende ihres Lebens ein paar Überlebende ihrer Schreiberei anerkennen und alles außer dem Besten verwerfen.
Ich schrieb
Sturmzeichen
, das dazu beitrug, diese toll gewordene Zeit, in der »jedermann« Kommunist war, in die richtige Perspektive zu rücken. Als es herauskam, wurde es von vielen der Genossen als aufrührerisch, als »Nestbeschmutzung« und so weiter beschrieben, aber seine Geschichte steckt voller Widersprüche. Ich bekomme noch heute Briefe von Leuten, die sagen, als sie es damals gelesen hätten, sei es ihnen wie Verrat an der Sache vorgekommen, aber heute gefalle es ihnen. Dieses Buch, in dem es um die Dynamik und die Unberechenbarkeiten von Gruppenverhalten geht – nicht nur in politischer Hinsicht –, veranlasste noch Anfang der neunziger Jahre einige junge Amerikaner, loszuziehen und sich einer linksextremen Gruppe anzuschließen. Ich konnte es nicht glauben, als ich davon erfuhr, aber offensichtlich waren es das Ränkespiel und die Aufregungen, die sie anzogen. Ich bin sicher, das dies der Grund dafür ist, weshalb viele Leute sich politischen oder religiösen Gruppen anschließen. Sie brauchen die Aufregung. Im Lauf der Jahrzehnte haben Leute mir immer wieder erzählt, dass sie dieser oder jener Bewegung oder Gruppe angehörten und
Sturmzeichen
ihre Erfahrungen beschrieb – die der Grund dafür waren, weshalb sie die Gruppe desillusioniert verließen. Später wurde über
Die Terroristin
Folgendes geschrieben: »Es war genau dasselbe wie das Leben in …« einer feministischen Gruppe, einer Gruppe von schwarzen Aktivisten, Greenpeace, Tierschützern. Eine Gruppe ist eine Gruppe ist eine Gruppe – genau so, wie ein Mob ein Mob ist. Die Maschinerien, die sie in Bewegung setzen, sind die gleichen, was auch immer ihr Anliegen sein mag. Wenn man einer angehört hat, hat man allen angehört. Was mich am meisten wundert, ist, dass heute, wo so vieles über die Mechanismen und die Dynamik von Gruppenverhalten bekannt ist, kein Versuch unternommen wird, von der Information über das, was passieren muss, Gebrauch zu machen. Wenn es je eine gedankliche Blockade – eine Barriere, eine Trennlinie – gegeben hat, was unser Verhalten angeht, dann ist es dieses »Wir wollen es nicht wissen«. Aber Moment, es gibt ein Beispiel dafür, dass Leute, die etwas beginnen wollten, auf ihre Vorgänger zurückblickten und beschlossen, es besser zu machen. Die Bolschewiken kamen überein, dass sie nicht so sein wollten wie die Revolutionäre der Französischen Revolution; dass ihre Revolution ihre Kinder nicht fressen würde, sie würden sich nicht gegenseitig umbringen. Dieses edle Bestreben hat, wie wir wissen, zu nichts geführt, und sie haben sich alle mit phrasengetränkter Begeisterung gegenseitig umgebracht. Also ist vielleicht mehr erforderlich als das simple Bestreben, etwas besser zu machen.
Was ich bei der Rezeption von
Sturmzeichen
fühlte, steht in einem Brief, den ich an Edward Thompson schrieb. Hier ist ein Auszug daraus.
Mein lieber Edward!
Aber, Edward, ich habe kein einziges Wort über Taktik gesagt, meine Einstellung war ausschließlich pragmatischer Natur, mit anderen Worten: Was ist mit mir?
Ernsthaft – ich habe ein Buch über die Art von Politik geschrieben, über die sich der
New Reasoner
die ganzen letzten beiden Jahre theoretisch ausgelassen hat.
Als die Rezensionen erschienen, bin ich immer wütender geworden, wenn auch nicht überrascht, weil niemand begriff, um was es in diesem Buch wirklich ging – entweder abermals um diese rätselhafte Frau Martha Quest und ihre Possen oder um einen neuen Hieb gegen die Rassenschranken. Aber niemand hätte den Rezensionen entnehmen können, dass es in diesem Buch um stalinistische Einstellungen und
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