Schütze meine Seele: Soul Screamers 4 (German Edition)
denen er mich betatscht hatte.
Es klingelte und klingelte, und als Nash endlich abnahm, ließich mich erleichtert zu Boden sinken. „Hallo?“ Er war noch im Halbschlaf, und ich wünschte, ich könnte mich einfach dazulegen. Mich an ihn kuscheln und all das Grauen vergessen, das neuerdings meine eigenen Nächte bestimmte.
„Du musst mir helfen.“ Ich war stolz darauf, wie ruhig meine Stimme klang, aber Nash konnte ich trotzdem nichts vormachen.
„Was ist passiert?“ Ich hörte, wie er seine Nachttischlampe anknipste. „Geht es dir gut?“
„Ja. Ich bin nur ein bisschen fertig mit den Nerven, und ich möchte nicht wirklich allein sein im Augenblick. Kannst du … würdest du vielleicht rüberkommen?“
„Gib mir fünf Minuten.“ Es klickte in der Leitung, dann kam das Freizeichen. Er wusste nicht einmal, was überhaupt genau vorgefallen war, und das spielte auch keine Rolle für ihn. Wenn ich ihn brauchte, war er da. Ohne Wenn und Aber.
Ich blieb noch für einen Moment so sitzen, die Knie angezogen und den Kopf daraufgelegt, und versuchte, mich zu beruhigen. Dann stand ich auf und tat das Einzige, womit ich weitere mögliche Angriffe verhindern konnte, während ich auf Nash wartete: Ich nahm die Rolle Paketband, die neben meinem Vater lag, und ging zurück in mein Zimmer. Dort drehte ich Alec auf die Seite und klebte ihm die Handgelenke hinter seinem Rücken zusammen, dann die Beine so eng wie möglich aneinander, ohne ihm die Durchblutung abzuschneiden. Es war nicht die eleganteste Lösung, aber etwas anderes hatte ich auf die Schnelle nicht. Nur Paketband und die verzweifelte Hoffnung, dass Avari momentan zu geschwächt wäre, um heute Nacht ein zweites Mal einen fremden Körper in seine Gewalt zu bringen, egal welchen.
Nachdem ich fertig war, schloss ich die Haustür auf und setzte mich neben meinen Dad auf den Teppich. Und wartete.
Nicht mal zwei Minuten später flog die Tür auf, und Nashstand keuchend auf der Türschwelle, nur in Jeans, einem kurzärmeligen T-Shirt und Turnschuhen. Ohne Socken. Er kam herein, warf die Tür hinter sich zu, und ich stand auf. „Bist du den ganzen Weg gelaufen?“
„Mom hat das Auto.“ Er schloss mich in seine Arme, und ich ließ es einfach geschehen. Die Kälte, die sein durchgefrorener Körper abstrahlte, war mir dabei egal. Ich spürte nur die wohlige Wärme, die sich in meinem Inneren ausbreitete.
Irgendwann ließ er mich los, kniete sich neben meinem Dad auf den Boden und legte ihm zwei Finger an die Halsbeuge, um seinen Puls zu fühlen. „Was zum Teufel ist hier passiert?“
„Avari. Dad hat Alec die letzten Nächte zur Sicherheit an den Sessel gebunden und bei ihm im Wohnzimmer geschlafen. Und heute hatte Avari die geniale Idee, zuerst in meinen Vater zu springen, mit ihm Alec zu befreien, dann in ihn zu wechseln und …“
„Und was?“ Nash stand auf, nachdem er erleichtert festgestellt hatte, dass mein Dad noch lebte. In seinen Augen flirrten grüne Spiralen der Angst, die sich um bernsteinfarbene Schlieren aus Wut und gewecktem Beschützerinstinkt wanden.
„Nichts.“ Ich zuckte niedergeschlagen mit den Schultern. „Weiter ist er nicht gekommen. Ich hab ihm mit meinem Wecker eins übergezogen. Aber ich glaube, Alec ist nicht ernsthaft verletzt.“
„Alec, Alec, der interessiert mich gerade null.“ Mehr wütende Farbsprenkel blitzten in seinen Augen auf. „Was ist mit dir? Bist du verletzt?“
„Nicht schlimm, nur ein paar blaue Flecke.“ Ich hielt meine Arme hoch, sodass er die blauroten Abdrücke an meinen Handgelenken sehen konnte, wo Avari mich gepackt hatte. Und Nash knirschte so grimmig mit den Zähnen, dass ich fürchtete, es könnte einer dabei abbrechen. „Er ist mit Klebeband zusammengeschnürt, das sollte erst mal halten. Ich wolltebloß nicht … ich wollte nicht allein sein.“
Nash legte einen Arm um mich, und seine Hände fühlten sich jetzt angenehm warm an. „Wo ist er?“
Ich deutete in Richtung meines Zimmers, und Nash stapfte den Flur hinunter. Eine Sekunde später kam er wieder, einen noch immer gefesselten und ohnmächtigen Alec hinter sich herschleifend. In der Mitte des Wohnzimmers blieb er stehen und ließ achtlos Alecs Arme fallen, an denen er ihn gezogen hatte, sodass er ziemlich unsanft auf den Boden schlug. Ich konnte sehen, wie er mit einem Impuls kämpfte, dessen Ursprung ich nur andeutungsweise verstand. Er wollte Alec einen Tritt versetzen, während der wehrlos dalag – das war für mich deutlich
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