Schuld währt ewig
alte Bett lustvoll zu verabschieden. Doch dann knurrte sein Magen, und Gina löste sich lachend von ihm. »Kaninchenbraten aus dem Hut? Oder was wolltest du zaubern?«
»Eher schnelle Spaghetti. Mal gucken, was da ist.«
» Schnell klingt schon mal gut.« Sie folgte ihm in die Küche. Im Kühlschrank waren noch Anchovis, Pesto und Kapern. Ob die Cocktailtomaten allerdings reichten, da war Dühnfort sich nicht sicher.
Während die Nudeln kochten und die Tomaten mit der Schnittfläche in der Pfanne brutzelten, pürierte Dühnfort Kapern, Pesto und Anchovis mit etwas Balsamico-Essig und reichlich frischem Basilikum im Mixer, richtete diese Paste dann auf zwei Tellern mit den Nudeln an und gab die gebratenen Tomaten mit frisch geriebenem Parmesan darüber.
Nach dem Essen machten sie sich an die Arbeit. Während sie das alte Bett auseinandernahmen, sprachen sie über den tragischen Tod von Steffi Schünemann, Tinas Freundin. Die Parallelen der Todesfälle waren auffallend. »Rache ist eigentlich naheliegend. Doch wer rächt sich nach drei Jahren? Ist das Rachebedürfnis da nicht längst verflogen?«
Gina ließ den Inbusschlüssel sinken. »Rache ist ein Gericht, das man am besten kalt serviert. So heißt doch der Spruch, oder so ähnlich. Jedenfalls haben solche Redewendungen einen Grund.«
Im Moment konnten sie nichts ausschließen. »Hat die Rekonstruktion von Tinas letztem Tag etwas ergeben? Wie weit seid ihr damit?«
»Alles ganz normal.« Gina strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. »Sie ist vormittags in die Uni gegangen, war mittags mit einem Kommilitonen beim koreanischen Schnellimbiss in der Amalienstraße, ist dann gemeinsam mit ihrer Freundin Resa in die Nachmittagsvorlesung und hat sich von ihr gegen 16.30 Uhr vor der Uni verabschiedet. Wir haben ihr Foto in den Schuhläden der Gegend herumgezeigt. Eine Verkäuferin bei Bartu in der Hohenzollernstraße kann sich an sie erinnern. Sie hat Stiefel probiert, konnte sich nicht entscheiden und ist wieder gegangen. Das war gegen fünf, meint die Verkäuferin.«
»Der Todeszeitpunkt liegt zwischen 18.00 und 18.30 Uhr. Von Schwabing zum Unterföhringer See braucht man im Berufsverkehr sicher zwanzig Minuten, eher eine halbe Stunde. Spätestens zwischen 17.30 Uhr und 18.00 Uhr muss Martina also ihren Mörder getroffen haben.« Dühnfort zog ein Seitenteil des Bettes aus der Halterung am Kopfende.
Gina löste eine Schraube am Fußteil, während er das Gegenstück losschraubte. »Auf den Überwachungsbändern der U-Bahn ist sie im fraglichen Zeitraum nirgends zu sehen. Das hat Nicolas überprüft. Also war sie zu Fuß in Schwabing unterwegs. Um diese Zeit sind massenhaft Leute auf Achse. Wenn sie gegen ihren Willen in ein Auto gezerrt worden wäre, hätte das jemand mitgekriegt. Sie muss ihren Mörder also gekannt haben und ist mit ihm gegangen oder in sein Auto gestiegen. Wie hat er sie geködert, an den See zu fahren? Mit einem romantischen Spaziergang? Ich meine, es war lausig kalt und regnerisch.«
»Vielleicht hat er ihr nicht gesagt, wohin er wollte, und hat ihr angeboten, sie bei dem Dreckswetter nach Hause zu fahren.«
»Und dann überredet er sie unter einem Vorwand zu einem Ausflug an den See. Dort startet er einen Annäherungsversuch, sie wehrt ihn ab, er wird rabiat, sie versucht davonzulaufen, er holt sie ein. Ein Kampf findet statt. Er drückt ihr den Kopf unter Wasser und haut ab, als er sieht, was er angerichtet hat. So oder so ähnlich hat sich das wohl abgespielt.«
Das Bett war auseinandergenommen. Sie trugen die Teile in den Keller. Bevor sie das neue aufbauten, wollte Dühnfort erst die Staubflusen wegsaugen. Gina holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank. Eine der Fußleisten löste sich, als er mit dem Staubsauger dagegenstieß. Aus dem Werkzeugkasten nahm er den Schraubenzieher und kniete sich hin, um die Leiste festzuschrauben. Dabei entdeckte er, dass in dem Spalt zwischen Wand und Teppichboden Holz hervorblitzte. Er hob den Belag an, so weit es ging. »Sieh dir das an«, sagte er zu Gina, die aus der Küche zurückkehrte. »Darunter schlummern Dielen. Den Teppichboden wollte ich sowieso mal rausreißen. Statt einen neuen zu verlegen, könnte ich die Dielen abschleifen und versiegeln.«
»Hm?« Gina lehnte sich ans Fensterbrett und beobachtete, wie er die Leiste anschraubte. Als er fertig war und zu ihr aufblickte, sah er sofort, dass sie verstimmt war. Sie hatte dann immer so einen schmallippigen Ausdruck im Gesicht, obwohl ihre
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