Schuldig
Jetzt ist aber gut, hörst du?« Dann wandte sie sich Trixie zu. »Er ist ein groÃer Fan von diesem Eimännchen.«
Die Frau war noch sehr jung, höchstens ein paar Jahre älter als Trixie. Sie trug einen schäbigen blauen Schal um den Hals und einen Militärmantel. Die zahllosen Taschen zu ihren FüÃen lieÃen vermuten, dass sie eine längere Reise vorhatte â aber andererseits, dachte Trixie, müssen Leute mit Kindern ja immer viel Zeug mitschleppen. »Ich kann da nicht so viel mit anfangen«, sagte die Frau.
»Ja, ich hab mich auch schon mal gefragt, was hat ein Ei auf einer Mauer zu suchen«, bestätigte Trixie.
»Genau. Ich glaube, es war auf Crack.« Sie lächelte Trixie an. »Wohin fährst du?«
»Kanada.«
»Wir nach Boston.« Sie lieà den Jungen auf dem Schoà wippen.
Trixie wollte sie fragen, ob der Kleine ihr Kind war. Ob sie ungewollt schwanger geworden war. Ob man, auch nachdem man, wie alle meinen, den gröÃten Fehler seines Lebens begangen hat, irgendwann aufhört, ihn als Fehler zu betrachten, und ihn vielleicht als das Beste sieht, das einem je passieren konnte.
»Puuh, Trevor, bist du das?« Die junge Frau fasste den Kleinen um den Bauch und hob ihn sich Popo voran an die Nase. Sie verzog das Gesicht und blickte dann auf ihre Taschensammlung. »Passt du mal kurz auf meine Sachen auf, während ich mich um die Giftmüllentsorgung kümmere?«
Als sie aufstand, stieà sie mit ihrer Umhängetasche gegen den offenen Rucksack, und der Inhalt ergoss sich über den Boden. »Oh, verdammt â¦Â«
»Ich mach das schon«, sagte Trixie, und die junge Frau verschwand mit Trevor Richtung Toiletten. Trixie begann, die Sachen wieder in den Rucksack zu stopfen: Plastikspielzeug, eine Orange, eine Viererpackung Malstifte. Ein Tampon mit eingerissener Plastikfolie, eine Haarspange. Etwas, das vor langer Zeit mal ein Keks gewesen sein musste. Ein Portemonnaie.
Trixie zögerte. Sie redete sich ein, sie wollte nur mal sehen, wie die junge Frau hieÃ.
Ein in Vermont ausgestellter Führerschein sah ganz anders aus als einer aus Maine. Vor allen Dingen hatte er kein Foto. Zephyr hatte Trixie einmal mit einem Führerschein aus Vermont in eine Bar geschmuggelt. »Ein Meter fünfundsechzig kommt ungefähr hin«, hatte Zephyr gesagt, obwohl Trixie zehn Zentimeter kleiner war. Braune Augen, stand da, dabei waren ihre blau.
Fawn Abernathy wohnte auf der First Street in Shelburne, Vermont. Sie war neunzehn Jahre alt. Sie war genauso groà wie Trixie, und Trixie fasste das als Omen auf.
Sie lieà Fawn ihre Bankkarte und die Hälfte von dem Bargeld. Aber sie schob die Karte von American Express und den Führerschein in ihre Tasche. Dann lief Trixie aus dem Busbahnhof und warf sich in das erste wartende Taxi. »Wohin sollâs gehen?«, fragte der Fahrer.
Trixie sah aus dem Fenster. »Zum Flughafen«, sagte sie.
»Ich würd dich nicht darum bitten, wenn es kein Notfall wäre«, flehte Bartholemew. Er blickte sich in Venice Prudhommes Büro um, wo sich überall Akten und Computerausdrucke und Mitschriften von Zeugenaussagen stapelten.
Sie seufzte und machte sich nicht mal die Mühe, vom Mikroskop aufzublicken. »Mike, bei dir ist immer alles ein Notfall.«
»Bitte. Ich hab ein Haar mit Wurzel, das an der Uhr des toten Jungen steckte, und ich habe eine Blutprobe von Trixie; die wurde ihr bei der Untersuchung nach der Vergewaltigung entnommen. Falls die DNA übereinstimmt, reicht das für einen Haftbefehl.«
»Nein«, sagte Venice.
»Ich weià ja, du hast jede Menge zu tun, und â¦Â«
»Das ist nicht der Grund«, fiel sie ihm ins Wort. »Kommt überhaupt nicht infrage, dass ich eine Blutprobe verwende, die für einen ganz anderen Fall entnommen wurde.«
»Wieso nicht? Trixie Stone war mit der Blutentnahme einverstanden!«
»Als Opfer«, stellte Venice klar. »Nicht, um zu beweisen, dass sie eine Straftat begangen hat.«
»Du guckst zu viel Law & Order .«
»Und du vielleicht zu wenig.«
Bartholemew starrte sie an. »Bitte, Venice, tuâs mir zuliebe.«
»Genau dir zuliebe tu ichâs eben nicht«, sagte Venice und beugte sich wieder über ihr Mikroskop. »Zumindest so lange nicht, bis mir ein Richter was anderes sagt.«
Der Sommer auf der Tundra war wie ein Traum. Da die Sonne
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