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Schuldig

Schuldig

Titel: Schuldig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Internet. Sie rief die Homepage des Portland Press Herald auf und fing an, einen Gegenbrief zu schreiben.
    An die Redaktion , schrieb Trixie.
    Wie ich weiß, hat sich Ihre Zeitung bislang an die Regel gehalten, die Namen minderjähriger Verbrechensopfer nicht zu veröffentlichen. Aber ich bin eines dieser minderjährigen Opfer, und ich möchte, dass die Leute nicht spekulieren müssen, sondern meinen Namen erfahren.
    Sie dachte an die vielen Mädchen, die das vielleicht lesen würden, Mädchen, die zu große Angst gehabt hatten, um irgendwem zu erzählen, was ihnen zugestoßen war. Oder die vielen Mädchen, die es tatsächlich jemandem erzählt hatten und die vielleicht den Mut finden würden, einen weiteren Tag in der Hölle der Highschool zu überstehen, wenn sie das lasen. Sie dachte an die Jungen, die sich nicht mehr ohne Weiteres etwas nehmen würden, das ihnen nicht gehörte.
    Ich heiße Trixie Stone, tippte sie.
    Sie sah die Buchstaben auf dem Monitor flimmern; sie sah die Leerstellen zwischen den Worten – die sie allesamt daran erinnerten, dass sie ein Feigling war. Dann drückte sie die Löschtaste.

    Das Telefon klingelte, als Laura gerade in die Küche kam. Sie hob ab. »Spreche ich mit Laura Stone?«, fragte der Anrufer, und sie ließ das Glas in ihrer Hand in die Spüle fallen.
    Â»Ich bin dran«, sagte sie.
    Â»Du fehlst mir«, sagte Seth.
    Sie antwortete nicht sofort, sie konnte nicht. Was, wenn nicht sie ans Telefon gegangen wäre? Hätte Seth dann mit Daniel geredet? Hätte er sich vorgestellt?
    Â»Ruf nie wieder hier an«, flüsterte Laura.
    Â»Ich muss dich sprechen.«
    Ihr Herz klopfte so laut, dass sie kaum ihre eigene Stimme hören konnte. »Das geht nicht.«
    Â»Bitte. Laura. Es ist wichtig.«
    Daniel kam in die Küche und goss sich ein Glas Wasser ein. »Bitte streichen Sie mich von Ihrer Telefonliste«, sagte Laura und legte auf.

    Im Nachhinein wurde Laura klar, dass ihre Beziehung zu Daniel eine Art Osmose gewesen war, in der sie sich etwas von seiner Leichtsinnigkeit nahm und zu eigen machte. Sie trennte sich von Walter und begann, in den Seminaren einzuschlafen. Sie gewöhnte sich das Rauchen an. Sie bombardierte Daniel mit Fragen nach seiner Vergangenheit, die er nicht beantworten wollte. Sie fand heraus, dass ihr Körper ein Instrument war und dass Daniel auf ihrer Haut ganze Sinfonien spielen konnte.
    Dann stellte sie fest, dass sie schwanger war.
    Zunächst glaubte sie, dass sie es Daniel nicht erzählte, weil sie Angst hatte, er könnte Reißaus nehmen. Allmählich jedoch wurde ihr klar, dass sie es Daniel verschwiegen hatte, weil sie es war, die an Flucht dachte. Jetzt, wo Laura eine neue Verantwortung spürte, hatte die Wirklichkeit sie wieder fest im Griff. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, mit ihren vierundzwanzig Jahren die ganze Nacht über in irgendeinem schäbigen Keller bei Hahnenkämpfen zu wetten? Was würde es auf lange Sicht bringen, dass sie zwar den besten Tequila jenseits der Grenze aufgetrieben hatte, aber mit ihrer Doktorarbeit kein Stück vorankam? Mit der dunklen Seite zu flirten war eine Sache, aber dort Wurzeln zu schlagen war etwas völlig anderes.
    Eltern waren nicht nach Mitternacht noch mit ihren Babys auf Tour. Sie lebten nicht aus dem Kofferraum eines Autos. Von den paar Dollar, die Daniel hin und wieder mit seinen Zeichnungen verdiente, würden sie keine Säuglingsnahrung kaufen können. Und obwohl Laura im Augenblick von Daniel angezogen wurde wie die Gezeiten vom Mond, konnte sie sich nicht vorstellen, auch in zehn Jahren noch mit ihm zusammen zu sein. Sie musste sich der erschreckenden Erkenntnis stellen, dass die Liebe ihres Lebens nicht der Mensch war, mit dem sie tatsächlich ein Leben führen konnte.
    Als Laura sich von Daniel trennte, redete sie sich ein, ihnen beiden damit einen Gefallen zu tun. Sie sagte ihm nichts von dem Baby, obwohl sie von Anfang an gewusst hatte, dass sie es behalten würde. Manchmal grübelte sie, ohne es richtig zu merken, stundenlang darüber nach, ob ihr Kind die gleichen blassen Wolfsaugen wie sein Vater haben würde. Sie warf ihre Zigaretten weg, trug wieder Twinsets und schnallte sich im Auto an. Sie legte sich die Trennung von Daniel schön ordentlich zurecht und tat so, als müsste sie nicht mehr an ihn denken.
    Einige Monate später kam Laura nach Hause und sah

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