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Schuldlos ohne Schuld

Schuldlos ohne Schuld

Titel: Schuldlos ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell-Olof Bornemark
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stößt er auf eine Frau, die sich erschrocken an die Hauswand drückt. Er bleibt einen Augenblick stehen und lächelt ihr zu, etwas kindisch und entschuldigend und überhaupt nicht aufdringlich. Als Antwort erhält er ein verlegenes Lächeln.
    Während Martin kurz darauf einige Häuser weiter an der Bushaltestelle wartet, fahren mehrere Polizeiautos und ein Krankenwagen vorbei. Das Schaufenster des Reisebüros hinter ihm ist beleuchtet, und er liest, dass eine Reise nach Florida 4260 Kronen kostet.
    Noch eine Weile später verlässt er den Bus an einer U-Bahnstation. Er erinnert sich an den Schneeregen, der ihn überrascht, als er in dem Vorort am Ziel ist. Aus irgendeinem Grund nimmt er den falschen Ausgang des U-Bahnhofs und kommt völlig durchnässt nach Hause. Er trifft auf kein einziges bekanntes Gesicht. Er hat auch mit keinem einzigen Menschen gesprochen, seit der Iraner im Café auf ihn gespuckt hat. Zuerst legt er den Revolver in den Schuhkarton zurück, den er mit Lumpen umwickelt und ganz hinten in den Putzschrank stopft. Dann zieht er die Schuhe und die Hose aus und legt sich ins Bett. In dieser Nacht nach dem Mord schläft er traumlose vierzehn Stunden.

15
    »Den haben sie bald.«
    »Da bin ich mir nicht sicher.«
    »Die Bullen sind geschickter, als du glaubst. Außerdem gibt es Interpol, die in der ganzen Welt arbeiten. Erinnerst du dich an diesen Bankräuber, den man weit weg in Venezuela schnappte? Nach mehr als einem Jahr Fahndung.«
    »Das hier ist nicht dasselbe.«
    »Nein, das nicht. Das kann man nicht leugnen.«
    Der Mord an einer der führenden Persönlichkeiten des Landes mitten in der Hauptstadt vor fünf Tagen ist immer noch das große Gesprächsthema im ganzen Land und auch hier in der Kneipe. Die Massenmedien haben entrüstet in dem geschwelgt, was sie ein heimtückisches Attentat nennen, und man hat Tränenfluten im Fernsehen vergossen. Kein Wunder, wenn das Thema langsam abgedroschen wirkt. Die Gäste in der Kneipe haben es hin und her gewendet, alle vorstellbaren und unvorstellbaren Ideen geäußert. Eishockey ist vorübergehend in den Hintergrund getreten. Manchmal droht der Wortwechsel in eine Prügelei auszuarten, wenn sich jemand zu einer abwegigen Bemerkung verstieg, etwa dass das Ganze ihn doch nichts angehe. Heute würde keiner mehr reagieren. Sie haben genug davon.
    »Können wir nicht über etwas anderes reden?«
    Da öffnet sich die Tür, und ein Mann in einem Trainingsanzug, der sich über einen gewaltigen Bierbauch spannt, kommt mit breitem Grinsen herein.
    »So sieht er aus«, ruft er schadenfroh. »Was hab ich gesagt? Ein verdammter Ausländer!«
    Er wirft eine Abendzeitung auf den langen Tisch mitten im Lokal, und alle stürzen hin, um die Zeichnung zu studieren, die angeblich ein Portrait des Attentäters ist. Auch Martin, der allein am Ecktisch Platz genommen hat, erhebt sich und geht zu den anderen, um zu schauen. Mit finster prüfender Miene beugt er sich über die Schulter des Mannes, der am nächsten sitzt. Dann lächelt er breit, nachdem er einen Blick auf die Zeichnung geworfen hat.
    »Ich erkenne den Mann wieder«, sagt Martin, und es liegt eine mächtige Selbstzufriedenheit in seiner Stimme.
    Er richtet sich auf, bleibt aber stehen und beginnt sorgfältig das Kinn mit der rechten Hand zu massieren, während er die Reaktion der anderen abwartet. Es ist ein spöttischer Glanz in seine Augen getreten, und der sieht fast ein wenig überlegen aus. Es gibt nicht die geringste Unsicherheit in seinem Auftreten.
    Für einige Augenblicke gelingt es Martin, die widerwillige Aufmerksamkeit der anderen auf sich zu ziehen. Zweifel liegt in vielen Augenpaaren. Es gibt auch welche, die sich etwas belästigt winden, um danach ihrem Gegenüber verstohlen zuzulächeln. Einige brummen irritiert und abweisend, halten sich aber mit Schimpfworten zurück. Alle wissen, wie eigensinnig Martin sein kann. Deshalb wollen sie ihn nicht in ein Gespräch verwickeln, da sie die Erfahrung gemacht haben, dass solche Debatten nur in lautstarkem Durcheinander enden. Natürlich geben sie jedes Mal Martin die Schuld daran. Deshalb fragt niemand, wie es kommt, dass er den Mann auf der Zeichnung wiedererkennt. Sie würden seinen Worten ohnehin keinen Glauben schenken.
    »Das ist klar, das muss ein Profi gewesen sein«, sagt deshalb einer der Männer bestimmt.
    Er will die Aufmerksamkeit auf sich selbst lenken, und er weiß, dass die anderen Respekt vor seinen Ansichten zeigen, da sie wissen, dass er

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