Schule der Leidenschaft. Ein erotischer Roman
seinem Platz und schaute der Dame mit den ruinierten Fingernägeln beim Rühren der Soße zu.
Während des Essens musste sie sich auf die Unterhaltung mit den zwei Ehepaaren mittleren Alters konzentrieren und konnte nur aus den Augenwinkeln beobachten, wie Fabrizio sich um die schüchterne Begleiterin bemühte. Pietro und Sandra unterhielten ihre Umgebung mit lebhaften Schilderungen ihrer südamerikanischen Abenteuer.
„Wissen Sie“, flüsterte der schwitzende Glatzkopf mit dem Stiernacken ihr vertraulich zu, „dieses Tanzpaar da war für mich der eigentliche Grund herzukommen. Nichts gegen ihre Küche – ausgezeichnetes Essen, ehrlich. Aber Tanzen ist meine echte Leidenschaft. Auch wenn man es mir nicht zutrauen würde ...“ Er schaute betrübt an sich herunter. „Und meine Frau tanzt nicht so gerne, sagt, es wäre ihr zu anstrengend. Ich hoffte, hier vielleicht eine Partnerin für ein paar Runden zu finden. Müsste klappen, weil sonst die Männer diejenigen sind, die nicht gerne tanzen. Komisch, früher, als es mit der Erotik noch schwierig war, da haben sie alle gerne getanzt. Und jetzt?“
Er sah sie so anklagend an, als erwarte er von Angelina eine Antwort auf diese rhetorische Frage, aber sie lächelte nur und meinte: „Heute Abend werden Sie ganz sicher auf Ihre Kosten kommen.“
Während sie sprach, beobachtete sie, wie Signor Zanini geradezu gierig Sandra anstarrte, und lehnte sich beruhigt zurück. Das war die Erklärung! Auch er war eher am Tango interessiert und konnte es wohl nicht mehr erwarten. Sandra würde heute Abend viel diplomatisches Geschick aufwenden müssen, um die beiden Männer zufrieden zu stellen.
Die Rinderhüfte in Barolo und die berühmten Pesche bianche fanden den erwarteten Zuspruch, und Angelina besprach gerade mit Silvana die letzten Arbeiten, als die Hintertüre klappte und eine fröhliche, gut bekannte Stimme fragte: „Was macht denn Zanini bei euch? Soviel ich weiß, isst der immer bei seiner Mamma – und die kocht ganz bestimmt nicht erotisch!“
„Du kennst ihn?“ Ungläubig fixierte sie Ernesto, der frisch rasiert und in einem weißen Hemd irgendwie fremdartig schien. „Und was machst du hier?“
„Sandra hat gemeint, es würde sicher nicht auffallen, wenn ich später auftauche und mich im Hintergrund halte. Ich wollte sie gerne tanzen sehen.“ Ernesto klang so sehnsüchtig, dass Angelina lächeln musste.
„Woher kennst du Signor Zanini?“
Es war schon ein seltsamer Zufall, aber wenn Ernesto ihn kannte, war ihre Nervosität ihn betreffend vermutlich überflüssig. Der machte eine wegwerfende Handbewegung: „Pah, jeder hier kennt ihn. Er war einmal Reporter beim Corriere, hat seine Finger in irgendeiner unsauberen Sache gehabt und lebt jetzt wieder hier bei seiner Mutter in Bedero. Versucht immer, irgendeine Superstory zu erschnüffeln, um wieder einzusteigen. Was er allerdings bei euch will?“
Das war Angelina auch unklar. Wenn es ihm finanziell nicht so gut ging, wie hatte er dann ihre exorbitanten Preise für zwei Personen zahlen können? Und vor allem: Was war der Grund für diese ungewöhnliche Extravaganz?
„Hat er eine Freundin?“
Ernesto lachte wiehernd auf. „Nie und nimmer! – Er ist wahrscheinlich schwul, aber er ist vorsichtig genug, dass niemand es mit Gewissheit sagen kann.“
„Heute Abend ist er aber hier aufgetaucht mit einer Frau, die er als seine Frau ausgegeben hat.“
„Wie sieht sie aus?“ Ernesto war bereits halb aus der Küche, als Angelina ihn gerade noch am Hemdsärmel erwischte und zurückhielt.
„Halt, hier geblieben!“ Sie überlegte, wie sie es geschickt formulieren sollte, und fragte dann mit so weit gedämpfter Stimme, dass Silvana sie nicht hören konnte: „Würdest du dir zutrauen, sie auszuhorchen? Ich würde zu gerne wissen, was sie hier wollen.“
Ernesto schürzte die Lippen, wiegte den Kopf hin und her und fragte förmlich zurück: „Wie viel wäre es Ihnen wert?“
Schwer einzuschätzen. Sie wusste ja nicht, ob es nur schlichte Neugier war oder was dahinter steckte. „Zweihundert Euro?“, bot sie unsicher.
„Nein!“ Er schüttelte entschieden den Kopf. „Kein Geld. Wenn ich es herausfinde, möchte ich Sie morgen Nachmittag ganz für mich allein.“ Sein Schlafzimmerblick zeigte nur zu genau, was er damit meinte, und das war ganz und gar nicht förmlich! Sie zögerte kurz. Aber hatte sie nicht sowieso vorgehabt, mit Ernesto einige Übungsstunden zu
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