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Schule der Lüfte wolkenreiter1

Schule der Lüfte wolkenreiter1

Titel: Schule der Lüfte wolkenreiter1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: bishop
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wenn ein Mädchen zum Beispiel einen dieser Zaubertränke zu sich nimmt, damit es nicht schwanger wird, oder um eine Schwangerschaft zu unterbrechen. Und vor allem, Lark, wenn eine Frau einmal ein Kind bekommen hat, verändert sich ihr Körper für immer. Das ertragen die geflügelten Pferde nicht.«
    »Oh«, flüsterte Lark. »Prinz …«
    »Ja. Prinz.« Hester gab einen weiteren schweren Seufzer von sich. »Ich weiß, was Mutter sagen würde. Männer können sich fast alles erlauben, ohne dass es irgendwelche Konsequenzen hätte. Nur die Frauen müssen immer für alles zahlen.«
    »Im Hochland … gibt es häufig kurzfristige Hochzeiten, wenn so etwas passiert.«
    »In Oscham werden Mädchen, die schwanger werden, fortgeschickt.«
    »Das finde ich irgendwie ungerecht.«

    »Das sagt Mutter auch. Aber nur, weil es ungerecht ist, ändert es nichts.« Hester schüttelte den Kopf und blickte finster vor sich hin. »Ich weiß nicht, wie sie das tun konnte, wo sie doch genau wusste, was das für Folgen hat.«
    »Was passiert denn jetzt mit Geraldina?«
    Hester zuckte mit den Schultern. »Sie wird der Schmach nicht entkommen können. Sie wird die Familie und die Akademie verlassen müssen … Vermutlich wird man sie verstoßen. Und kein Mann wird sie noch heiraten wollen.«
    »Was wird sie dann tun?«
    Hester zuckte erneut mit den Schultern. »Keine Ahnung. Aber das eine sage ich dir: Ich würde niemals riskieren, Goldie zu verlieren!«
    »Werden sie das wirklich tun? Werden sie Prinz einschläfern?«
    »Das müssen sie.« Hester sah Lark streng an. »Ein geflügeltes Pferd wird verrückt, wenn es seine Reiterin verliert. Bei Prinz hat es schon angefangen. Am Ende vernichtet er sich selbst, und dabei könnte er andere Pferde und sogar Menschen verletzen.«
    »Oh. Wie furchtbar.« Lark strich über das Buch und dachte, wie wertvoll jedes geflügelte Pferd war. Sie versuchte zu verstehen, wie Geraldina ein solches Risiko eingehen konnte.
    »Und wir müssen tatenlos dabei zusehen«, fuhr Hester düster fort.
    Eine eiskalte Welle schien sich aus Larks Bauch durch ihren ganzen Körper auszubreiten. »Wir müssen zusehen?«
    »Ja.«
    »Hast du so etwas schon einmal miterlebt?«
    Hester schüttelte den Kopf. »Nein. Ich habe auch niemals damit gerechnet. Doch es ist Teil der Erziehung –
damit wir alle es begreifen. Und nicht denselben Fehler machen.«
    Lark dachte an Tup, wie er die Ohren aufstellte, wenn sie zu ihm kam und sie voller Vertrauen mit seinen glänzenden Augen ansah. Wie Hester würde auch sie niemals etwas tun, das ihr Pferd gefährden könnte. Der bloße Gedanke ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren.
    Sie schob das Buch über die Boten-Linie von sich. Es war sinnlos, es überhaupt aufzuschlagen. Heute Abend würde sie sowieso nicht mehr lernen können.
     
    Beim Frühstück sprach die Leiterin mit den Schülerinnen. Ihre Stimme klang trocken und ausdruckslos, als wolle sie lediglich eine Änderung des Stundenplans bekanntgeben. Die Mädchen starrten auf ihre Teller, während sie ihrer Erklärung lauschten. Meisterin Morghen endete mit dem Satz: »Bei unserer Arbeit geht es häufig um Leben und Tod. In Ihrem Dienst werden Sie noch vieles erleben, und diese eine furchtbare Sache müssen Sie mit ansehen, damit Sie es wirklich begreifen und niemals vergessen.«
    Niemand gab einen Ton von sich, als sie ihr halb gegessenes Frühstück zurückließen und über den Hof schlichen. Eher unbewusst stellte Lark fest, dass die Hügel im Westen in der Hitze rötlich glommen. In Willakhiep müsste der Höhepunkt der Reifezeit bereits überschritten sein. Am frühen Morgen und späten Abend war es kühl, und die Bauern bereiteten sich auf die Ernte vor.
    Als die Mädchen um die Ställe herumgingen, warfen die Pferde ihre Köpfe hoch. Einige wieherten ihren Herrinnen zu, und Lark hörte zur Antwort unterdrückte Schluchzer. Dankbar, dass Tup einmal nicht nach ihr weinte, stapfte sie hinter den anderen her zur Trockenkoppel. Hester und sie
lehnten sich gegen den Lattenzaun. Hester starrte unbewegt vor sich hin. Lark spürte den Kummer der Schülerinnen um sich herum. Die Tragödie schweißte sie zusammen, und sie litten gemeinsam. Niemand flüsterte, niemand kicherte, niemand sprach überhaupt. Selbst Petra Süß schwieg.
    Rosella führte Prinz aus dem Stall, und Lark ging das Herz über. Der Wallach hatte offenbar bereits ein Medikament erhalten, denn er ließ den Kopf hängen, und seine Flügel schleiften durch den Staub.

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